Bald Schweizer Soldaten in Bagdad?
Das Verteidigungsministerium plant den möglichen Einsatz von Profi-Soldaten in Irak. Sie sollen die Schweizer Vertretung in Bagdad bewachen.
Die private südafrikanische Firma, die bisher mit dieser Aufgabe betraut war, ist umstritten. Der Vertrag mit ihr ist in Frage gestellt.
Die Schweizer Vertretung in Bagdad arbeitet trotz der Kämpfe und Entführungen im Zweistromland weiter. Für die Sicherheit der insgesamt sechs Schweizer sorgen Angestellte der südafrikanischen Privat-Firma «Meteoric Tactical Solutions».
Das durchschnittliche Monatseinkommen eines solchen Sicherheitsmannes beträgt rund 14’000 Franken. Entsprechend hat der Bundesrat einen Sonderkredit von 1,6 Mio. Franken für die Sicherheit der Schweizer Vertretung in Bagdad genehmigt. Der Vertrag kann laut EDA jeden Monat gekündigt werden.
Söldner für die Schweiz…
Unzählige private Sicherheits-Firmen arbeiten gegenwärtig im Irak. Der Tod von vier Angestellten der amerikanischen «Blackwater Security» in Faludscha Ende März warf ein Schlaglicht auf die Männer mit den Sonnenbrillen, Schutzwesten und automatischen Waffen. Private Sicherheitsleute schützen auch den US-Verwalter Paul Bremer und Vertreter von Nichtregierungs-Organisationen.
Ihr Einsatz ist umstritten. Die Sicherheits-Dienstleister – auf Englisch «Private Military Body» (PMB) genannt – rekrutieren meist ehemalige Elitekämpfer verschiedener Armeen. In den Reihen der PMBs finden sich südafrikanische Apartheid-Offiziere, welche für Putschversuche und Umstürze in Afrika verantwortlich sein sollen.
Die Männer arbeiten in einem rechtlichen Graubereich. Soldaten beispielsweise müssen sich an die Genfer Konventionen halten und unterstehen der militärischen Gerichtsbarkeit.
… durch Schweizer Soldaten ersetzen?
Darum sähe es Barbara Haering, Vizepräsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates, lieber, wenn Schweizer Soldaten diese Aufgabe übernähmen.
«Dann können wir sicher sein, dass sie einer demokratischen Kontrolle unterstehen und im Völkerrecht ausgebildet sind.»
Offenbar werden solche Überlegungen auch beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) angestellt. Laut der Genfer Zeitung «Le Temps» überlegen die Bundesräte Micheline Calmy-Rey und Samuel Schmid, die Schweizer Armee mit der Aufgabe zu betrauen.
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Militärs beginnen mit der Planung
«Das EDA hat informell bei uns angefragt. Wir arbeiten jetzt an einer vorausschauenden Planung», sagt Martin Bühler, Sprecher des Verteidigungsministerium (VBS) gegenüber swissinfo.
Gegenwärtig werde abgeklärt, wie viele Leute notwendig wären, wie lange ihr Einsatz dauern und wie hoch die Kosten wären. Und: «Auf jeden Fall müsste ein solcher Einsatz vom Parlament abgesegnet werden.»
Keinesfalls Milizsoldaten
Ebenfalls klar ist, dass nur Profi-Soldaten zum Einsatz kämen und keine Miliz-Soldaten. Angehörige der Militärischen Sicherheit, des ehemaligen Festungswachtkorps, kämen hier zum Zuge.
Sie haben schon die Schweizer Botschaften in Algerien und in Russland bewacht. Auch im Kosovo sorgten sie für die Sicherheit der Schweizer KFOR-Soldaten, bevor diese nach einer Volksabstimmung selber bewaffnet wurden.
Bühler betont, dass auch die Angehörigen der Militärischen Sicherheit in einen Einsatz in Bagdad einwilligen müssen. Niemand könne zu einem solchen Einsatz gezwungen werden.
Die Mittel, die es braucht
Die Schweizer Einheit im Kosovo ist neben Sturmgewehr und Pistole auch mit fünf Radschützenpanzern mit Maschinengewehr ausgerüstet. Sieht man die Patrouillen der US-Armee, stellt sich die Frage, welche militärische Ausrüstung die Schweizer mitnehmen würden. Beim Militär will man sich gegenüber swissinfo nicht festlegen.
Felix Endrich, Sprecher des Heeres, verweist darauf, dass die Armee über eine Vielzahl von Mitteln verfügt. Aber: «Wir befinden uns in Vorabklärungen und kommunizieren gegenwärtig weder die mögliche Mannschafts-Stärke noch die Ausrüstung.»
Kosten noch ungewiss
Auch wie hoch die Kosten für einen Militär-Einsatz wären, ist noch unklar. Bühler zieht vorerst den Vergleich mit dem Einsatz der Soldaten in der Schweizer Botschaft in Algier: «Die fünfeinhalb Jahre kosteten 40 Mio. Franken.»
swissinfo
Die Schweizer Vertretung in Bagdad wird zur Zeit von einer privaten Sicherheitsfirma aus Südafrika geschützt. Der Bundesrat hat für ein Jahr 1,6 Mio. Franken bewilligt.
Fast alle ausländischen Organisationen im Irak setzen auf private Sicherheitsbeamte. Diese sind jedoch umstritten, da sie in einem rechtlichen Graubereich arbeiten.
Die Schweiz prüft darum, ob Schweizer Soldaten deren Aufgabe übernehmen könnten.
Das Verteidigungsministerium plant «vorausschauend» den Einsatz von Angehörigen der Militärischen Sicherheit, des ehemaligen Festungswachtkorps.
Diese Berufssoldaten haben schon die Schweizer Botschaft in Algerien und Russland bewacht.
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