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Bewährungsprobe für UNO-Menschenrechtsrat

Der UNO-Menschenrechtsrat muss seine Effizienz noch beweisen. Keystone

Auch sechs Monate nach seiner Bildung bleibt das Gremium den Beweis schuldig, effizienter zu sein als die aufgelöste UNO-Menschenrechtskommission.

Der von der Schweiz initiierte UNO-Menschrechtsrat führt ab Montag seine abgebrochene zweite ordentliche Sitzung in Genf weiter.

Trotz zahlreicher Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen, der seit 19. Juni 2006 bestehende Rat sei etwa gleich parteiisch wie die Kommission, bleibt ihr Präsident, der mexikanische Botschafter Luis Alfonso de Alba, zuversichtlich.

«Kritisiert wurde vor allem die Tatsache, dass der Rat sich in drei Sondersitzungen mit der Lage im Nahen Osten befasst hat. Ich denke, dass diese berechtigt waren», sagte der Diplomat. Sitzungen über die anderen Krisenherde würden sicherlich bald stattfinden, versprach er vor den Medien in Genf.

Verschiedene Organisationen der Zivilgesellschaft hatten es bedauert, dass der Menschenrechtsrat nicht fähig war, bei den Menschenrechtsverletzungen in der sudanesischen Provinz Darfur und im Nachbarland Tschad die Initiative zu ergreifen. Ein genügend klar formulierter Text erhielt nicht die nötige Mehrheit.

Am Montag und Dienstag werde sich der Rat unter anderem mit zwei Entwürfen zu Darfur befassen, der eine vom EU-Vorsitzenden Finnland, der andere von Algerien. Die Verhandlungen über einen Konsens seien im Gange.

Islamische und blockfreie Staaten

Nach Ansicht des Präsidenten der Organisation «United Nations Watch», Hillel Neuer, haben die muslimischen und blockfreien Staaten im Rat das Heft in die Hand genommen.

Gemäss einem in dieser Woche veröffentlichten NGO-Bericht engagieren sich von den 47 Ratsländern nur gerade 12 intensiv für die Menschenrechte, unter ihnen die europäischen Länder mit der Schweiz sowie Japan und Kanada.

Präsident Alfonso de Alba weist den Vorwurf der Einseitigkeit trotzdem zurück. Für ihn ist vor allem der Dialog zwischen den regionalen Gruppierungen wichtig. Die Diplomaten rief er auf, nicht in der Blocklogik gefangen zu bleiben.

Der Diplomat gibt zu, dass es in den Arbeitsgruppen «Divergenzen» gibt. In der kommenden Woche müssten sie über den Stand ihrer Diskussionen Auskunft geben.

Dem Gremium die Zähne ziehen

Auf Initiative des äusserst aktiven kubanischen Botschafters versuchen die blockfreien Staaten, die Zahl der rund 40 Spezialberichterstatter zu reduzieren. Streichen möchte der Kubaner die Länderberichterstatter, ausser demjenigen für Israel.

Bei der Überprüfung der Länder im Bereich Einhaltung der Menschenrechte, schlägt er vor, dass nur noch Vertreter von Regierungen und nicht Menschenrechtsorganisationen angehört werden sollen, was die ganze Evaluation obsolet machen würde.

«Wir müssen es schaffen, die Prozeduren zu stärken», verspricht der mexikanische Diplomat. Die UNO-Menschenrechtskommission hat noch bis im Juni Zeit, um die Regeln für ihr Funktionieren zu verabschieden.

In der kommenden Woche wird die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, über ihre Reise nach Israel und in die palästinensischen Gebiete informieren. Für Gesprächsstoff sorgen dürfe auch der Bericht über die kriegerischen Ereignisse in Libanon, der kommende Woche veröffentlicht wird.

swissinfo und Blaise Lempen (SDA)

Auch wenn die Schweiz die Urheberschaft für den neuen UNO-Rat für sich beanspruchen kann, ist sie in Bezug auf Menschenrechte doch keine Musterschülerin.

So verfügt sie trotz einer vor fünf Jahren dem Parlament vorgelegten Vorlage noch immer über kein Organ, das sich auf nationaler Ebene mit den Menschenrechten befasst.

Jedes Jahr wird im Bericht von Amnesty International der schweizerische Umgang mit Asylsuchenden beanstandet. Sogar das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge zeigte sich «ernsthaft besorgt» wegen der Verschärfung des Asylgesetzes, die das Parlament im September 2005 beschlossen hat.

Der neue Menschenrechtsrat ist die höchste Instanz der Vereinten Nationen in Genf.

Genf, die Wiege des früheren Völkerbunds, der als Vorgängerin der UNO aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen war, ist heute die zweite «Hauptstadt» der Weltorganisation.

Das UNO-Büro in Genf organisiert gar mehr internationale Konferenzen als der Hauptsitz in New York.

Genf ist auch Sitz von sieben UNO-Unterorganisationen: des Hochkommissariats für Menschenrechte und Flüchtlinge, der Weltgesundheits-Organisation, der Organisation für Geistiges Eigentum, der Internationalen Arbeitsorganisation, der Internationalen Fernmeldeunion und der Weltorganisation für Meteorologie.

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