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Bewaffneter Wachtdienst: Nur wenig Widerstand

Keystone

Die Kontroverse um den Wachtdienst mit durchgeladener Waffe in der Schweizer Armee hat in den Gemeinden kaum Widerstand hervorgerufen.

Nur wenige signalisieren, dass sie die Weisung nicht befolgen wollen, wie eine Umfrage ergeben hat.

Bisher haben nur die Gemeinden Biberist (Kanton Solothurn), Liestal (Basel-Landschaft), Baar (Zug), Rothenburg (Luzern) und Frauenfeld (Thurgau) entschieden, der Weisung keine Folge zu leisten, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur SDA ergab.

Gemäss der Weisung von Armeeminister Samuel Schmid müssen Soldaten vor Kasernen oder Munitionsdepots seit dem 1. Januar mit durchgeladener Waffe Wache halten.

Aufgrund von örtlichem Widerstand ist die Armee aber bereit, im regulären Wachtdienst auf die Durchsetzung der neuen Vorschrift zu verzichten. Steht die Armee bei Grossereignissen wie dem etwa World Economic Forum in Davos im Einsatz, unterstehen die Soldaten den zivilen Behörden.

Nicht in der Nähe von Schulen

Bereits Anfang Januar hatten die Emmentaler Gemeinde Huttwil (Bern) und Affoltern am Albis (Zürich) ihren Widerstand gegen die Weisung angekündigt.

Die Behörden der Zürcher Gemeinde beriefen sich auf ein Ereignis von 1988, als eine 30-jährige Frau durch einen Wachsoldaten angeschossen wurde und nur mit Glück überlebte.

Die anderen Gemeinden begründen ihre Weigerung gemäss den zuständigen Militär- und Sicherheitsämtern oder Kreiskommandos meistens mit der Nähe zu Schulen oder zur Bevölkerung.

Euro 08-Städte

Widerstand kam auch aus mehreren Kantonen, darunter solchen, welche die Euro 2008 beherbergen werden. So sollen laut dem Genfer Regierungspräsidenten Laurent Moutinot die Soldaten im ganzen Kanton ohne durchgeladene Waffe Wachtdienst leisten. Diese Massnahme betreffe auch die Fussball-Europameisterschaft.

Auch in Bern wünscht die Kantonsregierung keine Armeeangehörigen mit durchgeladener Waffe im Einsatz für die Euro 2008, wie Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser im Januar in der Fragestunde des Grossen Rates sagte. Der Kontakt beispielsweise mit Fans oder Hooligans sei Sache der Polizei und nicht der Armee.

Doch abgesehen von diesen vereinzelten Gemeinden und Kantonen haben die Ämter für Militär und Bevölkerungsschutz keine Kenntnis von Gemeinden, die sich der Regelung widersetzen wollen.

Unterirdisch untergebracht

In den Kantonen Uri und Schwyz sind die Truppen vorwiegend in unterirdischen Anlagen untergebracht. Auch aus den Gemeinden in den Kantonen Waadt, Tessin, Graubünden, St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden, Wallis, Freiburg, Jura und Nidwalden wurde kein Widerstand vernommen.

In Neuenburg akzeptierte der Grosse Rat Ende Januar eine Motion, welche den Wachtdienst mit geladener Waffe auf dem ganzen Kantonsgebiet verbieten soll. Der Regierungsrat nahm noch keine Stellung dazu.

Ähnliche Vorstösse wurden in den Kantonen Zürich und Bern eingereicht. In Zürich deponierten die Sozialdemokraten (SP) und die Grünen ein Postulat, das vom Kantonsrat für dringlich erklärt wurde. Die Regierung muss innerhalb von vier Wochen darauf antworten.

Zusätzliche Bedrohung

In Thun reichte die SP-Fraktion ein Postulat gegen die Weisung ein; im Langenthaler Stadtrat wurden zwei Vorstösse von Rechts eingereicht. Die Bevölkerung dürfe nicht einer zusätzlichen Bedrohung ausgesetzt werden, wurde darin argumentiert.

Angesichts der Polemik in der Presse hatte der Schweizerische Gemeindeverband gefordert, dass demokratisch getroffene Entscheide der Gemeinden gegen den Wachtdienst mit durchgeladener Waffe von der Armee zu respektieren seien.

swissinfo und Agenturen

Ab 1. Mai 2008 sollen im militärischen Wachtdienst auch Reizstoffsprays und körperlicher Zwang zum Einsatz kommen. Die Armee hat ein entsprechendes Reglement ausgearbeitet.

Die Diskussion über den Einsatz der Sprays ist laut Armeesprecher Felix Endrich Teil der Überarbeitung der Wachtvorschriften. Die Sprays seien sowohl ein zusätzliches Mittel, um sich zu wehren, als auch eine Alternative zur Waffe.

Es gelte der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, sagte Endrich. Sobald das Reglement in Kraft sei, könnten die Kompanien mit den Schulungen beginnen.

Die Debatte über den bewaffneten Wachtdienst fällt in eine Zeit, in der die Bevölkerung den Dienstwaffen wegen wiederholter Dramen kritisch gegenüber steht.

Im Zusammenhang mit Armeewaffen kommt es jedes Jahr zu rund 300 Todesfällen.

Im November letzten Jahres hat im Kanton Zürich ein Soldat mit seiner Dienstwaffe mitten auf der Strasse grundlos eine junge Frau erschossen.

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