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Bilaterale II: Schröder unterstützt Schweiz

Joseph Deiss erhält Unterstützung von Gerhard Schröder. Keystone

Bundespräsident Joseph Deiss hat in Berlin die Unterstützung Deutschlands in wichtigen Fragen erhalten. Kanzler Gerhard Schröder sicherte ihm zu, sich für den parallelen Abschluss der bilateralen Verträge einzusetzen.

Deiss ist zuversichtlich, dass es bei den neun neuen Verträgen mit der EU bald zu einer Einigung kommt.

Schröder habe sich persönlich bereit erklärt, sich bei den anderen EU-Staaten für den gemeinsamen Abschluss aller Dossiers der Bilateralen II stark zu machen und damit auch für die Schweizer Position in den noch strittigen Verträgen Schengen/Dublin und Betrugsbekämpfung, sagte Deiss am Freitag nach dem Treffen in Berlin.

Der deutsche Bundeskanzler wertete das Festhalten der Schweiz am Bankgeheimnis als «souveräne Entscheidung». Die Schweiz habe sich aber soweit bewegt, wie es für Europa und Deutschland unabdingbar gewesen sei.

Bald Einigung mit EU?

Bundespräsident Deiss zeigte sich auch zuversichtlich, dass es bei den neun neuen Verträgen mit der EU bald zu einer Einigung kommt. Differenzen beträfen nur noch zwei Abkommen. Zu hoffen sei, dass ein Beitritt zum Schengen-Grenzabkommen möglich werde, ohne Regelungen der Zinsbesteuerung in Frage zu stellen.

Deiss war nach Aussenministerin Micheline Calmy-Rey und Finanzminister Hans-Rudolf Merz seit Ende März bereits der dritte Bundesrat, der ein deutsches Regierungsmitglied traf.

Er nannte seine mehr als einstündige Unterredung mit Schröder ein «sehr interessantes, aber auch sehr entspanntes und sehr freundschaftliches Gespräch». Dies habe den «ausgezeichneten Beziehungen» entsprochen.

Die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien so eng, dass Reibereien unvermeidlich seien. Dann sollten aber frühzeitig pragmatische Lösungen angestrebt werden, so Deiss.

Deutschland bei Mediation dabei

Gesprochen wurde nämlich nicht nur über die Bilateralen II, sondern auch über die Probleme, die in letzter Zeit das Verhältnis zwischen den beiden Ländern trübten.

So kündigte der deutsche Bundeskanzler an, dass Deutschland an dem Mediationsverfahren zum Flughafen Zürich teilnehmen werde. Die Lärmbelastungen müssten auf beiden Seiten gerecht verteilt werden.

Deiss zeigte sich erfreut über die Bereitschaft Deutschlands. Das sei ein wichtiges Zeichen Schröders. «Ich hoffe, dass das dem Prozess neuen Schub gibt», sagte Deiss in Berlin. Eine politische Lösung sei immer vorzuziehen, auch wenn Bern gegen die deutschen Auflagen habe klagen müssen.

Schröder erklärte, Deutschland sei trotz der Klagen zu einer solchen Beteiligung bereit. Den ausgehandelten Staatsvertrag für den Flugverkehr, den das Schweizer Parlament abgelehnt habe, finde er «wirklich gut». Das Abkommen hätte eine «gerechte Verteilung von Fluglärm» bedeutet. Seine Vorstellung wäre, dass man irgendwann auf diese Regeln zurückkomme.

Schweiz ist EU-Aussengrenze

Die umstrittenen Grenzkontrollen Deutschlands begründete Schröder mit dem verstärkten Kampf gegen den Terrorismus. «Es wäre optimal, zur früheren Handhabung zurückzukehren», sagte er. Leider sei die Schweiz aber eine EU-Aussengrenze und diese müsse kontrolliert werden, um Schengen gerecht zu werden.

Trotzdem befand Deiss, dass die Schweiz gute Argumente habe, um den Wunsch einer Rückkehr zum früheren Zustand an der Grenze zu begründen. So habe die Schweiz das Freizügigkeitsabkommen mit der EU. Zudem würden die Grenzkontrollen auch täglich die 17’000 deutschen Grenzgänger betreffen.

Internationale Themen

Schröder sprach abschliessend von einem «sehr intensiven Gespräch» und hob die Übereinstimmung in internationalen Fragen hervor. Der Kanzler nannte dabei den Irak, Afghanistan und den Nahost-Konflikt als Beispiele.

Deiss seinerseits dankte Deutschland für die Unterstützung der Genfer Initiative für eine friedliche Lösung im Nahost-Konflikt. Diese war im Dezember letzten Jahres in Genf lanciert worden. Die Schweiz unterstützt die Initiative logistisch und finanziell.

Vor seinem Gespräch mit Schröder hatte Deiss auch Bundespräsident Johannes Rau getroffen. Rau sagte anschliessend, bei allen Problemen in den deutsch-schweizerischen Beziehungen sei man «auf einem guten Weg zu einer Verständigung».

swissinfo und Agenturen

Von den neun Dossiers der Bilateralen II wird primär um zwei noch gerungen: Dossier Schengen/Dublin (polizeiliche Zusammenarbeit und Koordination im Asylwesen) und Betrugsbekämpfung. Streitpunkt ist die Rechtshilfe bei Steuervergehen: Die Schweiz will ein Aufweichen des Bankgeheimnisses (bei Steuerhinterziehung) verhindern.

Im Dossier zur Zinsbesteuerung konnte ein Kompromiss gefunden werden, die Sicherung des Bankgeheimnisses soll nun nicht bei den anderen beiden Bereichen unterlaufen werden.

Die anderen Dossiers, die so genannten «Leftovers» aus den Bilateralen I, betreffen verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, Statistik, Umwelt, Medien, Bildung, Ruhegehälter.

Die Schweizer Position: Die Verhandlungen in allen Dossiers sollen gleichzeitig abgeschlossen werden (Parallelismus), damit ein ausgewogenes Gesamtergebnis erzielt werden kann.

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