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Bilaterale II: Zuversichtlicher Joseph Deiss

Bundespräsident Joseph Deiss ist zuversichtlich, was die Unterstützung der Bilateralen im Volk betrifft. Keystone

Bundespräsident Joseph Deiss ist zuversichtlich, dass er die öffentliche Meinung für das Paket der bilateralen Verträge mit der EU gewinnen kann.

Gegenüber swissinfo macht Deiss klar, dass er ein Referendum gegen die Verträge nicht fürchtet. Dieses, so schätzt man, soll diesen Herbst lanciert werden.

Der Schweizer Bundespräsident Joseph Deiss ist überzeugt, dass er die öffentliche Meinung für das Paket der bilateralen Verträge II mit der Europäischen Union gewinnen kann.

Gegenüber swissinfo macht Deiss klar, dass er keine Angst vor einem Referendum gegen die Verträge hat. Dieses könnte diesen Herbst lanciert werden.

Letzten Monat konnte die Schweiz nach zweijährigen Verhandlungen ein Paket von neun Abkommen mit der EU schnüren, nachdem Brüssel einer Garantie zur Beibehaltung des Schweizer Bankgeheimnisses zugestimmt hatte. Brüssel erhält im Gegenzug dafür Berns Unterstützung, was die Zinsbesteuerung von in Schweizer Banken liegenden Vermögen von EU-Bürgern betrifft.

Die Abkommen umfassen auch eine engere Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit, Asylwesen und Kampf gegen internationalen Schmuggel und Zollbetrug.

Doch die politische Opposition will diese bilateralen Verträge nicht und droht, ihre Ratifikation zu verzögern. Die rechtsstehende Schweizerische Volkspartei (SVP) hat bereits angekündigt, gegen das Schengen-Abkommen das Referendum zu ergreifen. Dieses Abkommen regelt die Verbrechensbekämpfung über Staatsgrenzen hinweg.

swissinfo: Wie besorgt sind Sie über die Referendumsdrohung gegen die bilateralen Verträge II?

Joseph Deiss: Beim Referendum handelt es sich eigentlich um keine Androhung, da es ein Element unseres politischen Systems ist. Aber ich bin überzeugt, die richtigen Argumente auf meiner Seite zu haben, um die Stimmenden zu überzeugen, dass sie diese Verträge akzeptieren sollen.

swissinfo: Das Schengener Abkommen betreffend grenzüberschreitende Verbrechensbekämpfung hat sich als eines der am meisten umkämpften Abkommen innerhalb der Bilateralen II erwiesen. Wie erhalten Sie öffentlichen Support für dieses Abkommen?

J. D.: Erstens werde ich klarmachen, dass Schengen uns im Kampf um mehr Sicherheit und gegen das grenzüberschreitende Verbrechen unterstützt. Niemand kann im Ernst gegen so etwas sein.

Zweitens wird Schengen uns helfen, künftig besser mit Asylgesuchen umzugehen und ihre Zahl zu vermindern – alles in Zusammenarbeit mit den EU-Partnern.

Schliesslich – und das ist wohl das wichtigste Pro-Argument – haben wir eine Garantie für die finanzielle Privatsphäre im Bankensektor erhalten.

swissinfo: Einige Banken in der Schweiz scheinen bereits Wege gefunden zu haben, die Pficht zu umgehen, künftig Millionen an Steuergeldern aus den Zinseinnahmen von EU-Bürgern in ihre Länder zu überweisen. Beunruhigt Sie das?

J. D.: Die Schweizer Banken stehen hinter den neuen Abkommen. Das heisst, sie werden sich auch daran halten. Natürlich gibt es immer eine gewisse Tendenz, nicht nur bei den Schweizer Banken, sondern bei allen Finanzinstituten, Steuern legal zu umgehen.

Wie mir zu Ohren kam, soll es auch in der EU selbst Bemühungen geben, die neuen Regelungen zu umgehen. Ich denke, dass das, was die Banken nun machen, nicht automatisch als Schritt gegen die Bilateralen II ausgelegt werden sollte.

swissinfo: Haben Sie mit der EU schon darüber gesprochen, was passieren soll, wenn ein oder mehrere Abkommen der Bilateralen von den Schweizer Stimmenden per Referendum zurückgewiesen werden?

J. D.: Wir werden uns damit befassen, falls es dazu kommt. Gegenwärtig bin ich überzeugt, dass alle Abkommen akzeptiert werden. Ich kann ja nicht mit der EU über Sachverhalte verhandeln, die eventuell eintreten könnten – falls die Abkommen abgelehnt würden.

swissinfo: Trägt die jüngste Vergrösserung der EU dazu bei, dass es für Bern komplizierter wird, auf bilateraler Basis mit Brüssel zu verhandeln?

J. D.: Sicher ist es komplizierter, mit 25 statt mit 15 Mitgliedern zu verhandeln. Die neuen EU-Staaten partizipierten in der Endphase der bilateralen Verhandlungen. So haben wir feststellen können, dass es auch in dieser Konstellation möglich ist, Lösungen zu finden.

Deshalb kann ich nicht behaupten, die bilaterale Schiene sei tot. Momentan bleibt sie die einzige Möglichkeit, die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU zu regeln. Und da wir der zweitgrösste Handelspartner der EU sind, glaube ich, dass die EU-Staaten gewillt sind, weiterhin ihre Beziehungen zu uns auf diese Weise zu lösen.

swissinfo: Welches sind die Konsequenzen für die Schweiz, die ausserhalb der EU verbleibt?

J. D.: Wir werden vermehrt gezwungen, entweder die EU-Entscheide ebenfalls zu akzeptieren oder isoliert zu bleiben. Bereits jetzt ist es in vielen Situation so, dass wir einfach zu akzeptieren haben, was in Brüssel entschieden wurde.

Ich glaube, die Frage bezieht sich auf unser Verständnis von Souveränität. Besteht Souveränität darin, von den Verhandlungen ausgeschlossen zu sein, um nachher zu akzeptieren, was immer auch beschlossen wurde? Oder besteht Souveränität nicht vielmehr im Umstand, voll an den Entscheidungen mitzuwirken? Über diesen Umstand werden die Schweizer zu entscheiden haben.

swissinfo, Ramsey Zarifeh
(Übertragung aus dem Englischen von Alexander P. Künzle)

Joseph Deiss steht als Bundesrat dem Departement für Volkswirtschaft vor. Im laufenden Jahr ist er ausserdem innerhalb des siebenköpfigen Bundesrats Primus inter pares, Bundespräsident.

Er stand einer Delegation von Bundesräten vor, die letzten Monat Brüssel besuchte, um die Verhandlungen rund um die bilateralen Verhandlungen II mit der EU formell abzuschliessen.

Gegenüber swissinfo gibt sich Joseph Deiss überzeugt, zuhause Support für die Abkommen zu erhalten, obschon ein Referendum gegen sie angedroht wird.

Das zweite Paket umfasst neun Dossiers.

Zinsbesteuerung und Betrugsbekämpfung standen auf der Wunsch-Liste der EU.

Die anderen Themen, wie polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration (Schengen/ Dublin), Landwirtschaft, Umwelt, Statistik, Media oder (Berufs-)Bildung, wurden von der Schweiz eingebracht.

Dazu kommen die Ausweitung des freien Personenverkehrs auf die zehn neuen EU-Länder (Anpassung der Bilateralen I), die Kohäsionszahlungen von 1 Mrd. Fr. in 5 Jahren, Agrarkonzessionen an die neuen EU-Mitglieder und die Reexporte.

Im Inland steht die Ratifikation durch das Parlament noch bevor. Mit einer Volksabstimmung wegen des Schengen-Abkommens wird gerechnet, was die Ratifikation bis weit ins 2005 verzögern würde.

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