Bioethanol wird steuerfrei
Am 1. Juli wird Bioethanol von der Steuer befreit. Zudem fällt das Importmonopol des Bundes. Die Produktion dieses Treibstoffs sei ökologisch unbedenklich, sagt Alexandre Schmidt, Direktor der Eidgenössischen Alkoholverwaltung.
Der Markt werde entscheiden, ob sich Bioethanol durchsetze, sagte Schmidt am Dienstag an einer Medienkonferenz. Der Bund wolle die «Lokomotive» nicht anschieben.
Mit der Inkraftsetzung des revidierten Mineralsteuergesetzes sorgt er allerdings für einen Kostenvorteil: Ab dem 1. Juli wird Bioethanol von der Steuer befreit. Die dadurch entstehenden Mindereinnahmen werden durch eine höhere Besteuerung des Benzins kompensiert, und zwar um 1,35 Rappen je Liter.
Zugleich fällt für Bioethanol das Importmonopol des Bundes. Damit kann dieser Treibstoff neu auch durch Private importiert und vertrieben werden.
Verbindliche Kriterien
Marion Bracher von der Eidgenössischen Zollverwaltung nahm die Bedenken gleich vorweg: Die Schweiz führe weltweit als erstes Land sowohl verbindliche ökologische als auch soziale Kriterien für die Förderung biogener Treibstoffe ein, sagte sie.
Als ökologische Mindestanforderungen legte der Bundesrat in der Mineralölsteuerverordnung verschiedene Kriterien fest. So darf beispielsweise die Umweltbelastung des Bioethanols über den ganzen Lebensweg nicht erheblich grösser sein als für Benzin, und Regenwald und biologische Vielfalt dürfen nicht gefährdet werden. Zudem muss der Ursprung des Bioethanols rückverfolgbar sein.
Mit Kontrollinstrumenten wie der Zertifizierung oder der Ökobilanz soll verhindert werden, dass «Nahrungsmittel im Tank» landen, so Bracher. Als soziale Mindestanforderungen gelten die Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation.
«Eine gute Sache»
Die Biotreibstoffe sind wegen der Preisexplosion von Grundnahrungsmitteln in die Kritik geraten. Auch aus ökologischen Gründen sei die Produktion von Biotreibstoffen nicht unbedenklich, heisst es verschiedentlich.
Das heute in der Schweiz verfügbare Bioethanol im Umfang von 2,7 Millionen Litern stammt aus Abfällen der forstwirtschaftlichen Produktion und ist ökologisch unbedenklich, ist Schmidt jedoch überzeugt.
Auch für Pierre Schaller, Direktor von Alcosuisse, ist die Verwendung von Bioethanol problemlos: Mit dem strikten Regelwerk werde dem Grundsatz nachgelebt, wonach Pflanzen zuerst als Nahrungsmittel, dann als Futtermittel und erst zuletzt als Treibstoff verwendet werden dürften.
Wenn die formulierten Vorgaben effektiv eingehalten werden, sei die Steuerbefreiung von Bioethanol «eine gute Sache», sagt Cyrill Studer, Klima- und Verkehrsexperte bei Greenpeace gegenüber swissinfo. «Das heisst, wenn der Agro-Treibstoff eine gute CO2-Bilanz aufweist, ökologisch angebaut wird, die Arbeitsrechte beachtet werden und wenn die Nahrungskonkurrenz ausgeschlossen wird.»
In erster Linie werde der Bund in der Pflicht sein, diese Kontrolle glaubwürdig zu gewährleisten.
Hohe Hürden
Beim Bioethanol aus der Schweiz, das eigentlich ausschliesslich aus der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Abfällen stamme, werde es kaum Probleme geben, sagt Studer.
Anders bei den importierten Treibstoffen aus Ländern wie Südamerika und Afrika. Dort werde es schwierig sein, den Nachweis zu erbringen, dass die Kriterien eingehalten wurden.
Greenpeace gehe momentan davon aus, dass die Hürden für Anbieter aus dem Ausland relativ hoch sein werden und deshalb nicht viel Bioethanol in die Schweiz importiert werde, so Studer.
Momentan erfüllen die Kriterien praktisch nur landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Abfallprodukte. Der allergrösste Teil, des auf dem Weltmarkt erhältlichen Bioethanols, würde den Import-Anforderungen nicht genügen.
Das Potenzial für den nachhaltigen Treibstoff bleibt in der Schweiz vergleichsweise gering: Würde die gesamte Landwirtschaft statt Nahrungsmittel nur noch Biotreibstoff herstellen, könnte die Schweiz damit gerade mal 10 Prozent ihres heutigen Verbrauchs an fossiler Energie kompensieren.
swissinfo und Agenturen
In der Schweiz fahren 65% der Motor-Fahrzeuge mit Benzin, 34% mit Diesel und 1% mit anderen Treibstoffen.
2003 betrug der Anteil von Bio-Treibstoffen in der Europäischen Union rund 0,3%.
Bis 2005 stieg er auf 2% und bis Ende 2010 sollte er 5,75% betragen.
Die USA haben angekündigt, dass bis 2010 Bioethanol 10% des für Motor-Fahrzeuge verwendeten Treibstoffs ausmachen soll.
2006 wurde in der Schweiz die erste Tankstelle mit Bioethanol eröffnet. Heute fahren rund 3000 Automobilisten mit dem Treibstoff E85. Ende 2007 waren in der Schweiz knapp 4 Mio. Personenwagen immatrikuliert.
Der Anteil von E85 am Benzinmarkt beträgt 0,3 Promille.
E85 besteht aus 85% Bioethanol und 15% Benzin. Bioethanol wird aus einheimischen Holzabfällen gewonnen.
Ein Auto mit E85 im Tank stösst 75% weniger CO2 aus als Benzin, wie der Bund kürzlich offiziell attestierte.
Erhältlich ist E85 schweizweit mittlerweile an rund 40 Tankstellen. Bis Ende
Jahr soll die Zahl auf 60 erhöht werden.
Ein Liter E85 kostet dank Steuerbefreiung aktuell 1,52 Franken. Der Benzinpreis liegt bei 2 Franken pro Liter.
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