Calmy-Reys symbolträchtige Schritte
Bundesrätin Calmy-Rey überschritt am Dienstag als erste offizielle ausländische Regierungs-Vertreterin die Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea.
Zudem bot die Aussenministerin die «guten Dienste» der Schweiz bei der Lösung des Atomstreits an.
«Es war zwar nur ein kleiner Schritt», sagte die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey in Panmunjom gegenüber swissinfo, «aber ich hoffe, dass es sich für die Region um einen grossen Schritt in Richtung Frieden handelt.»
Auf der anderen Seite der Demarkationslinie wurde sie vom Schweizer Botschafter in Seoul, Christian Mühlethaler, empfangen.
Anschliessend reiste die Aussenmnisterin weiter nach Seoul. Dort trifft sie mit Aussen- und Handelsminister Yoon und Vereinigungsminister Jong zusammen. Zudem ist ein Höflichkeitsbesuch bei Präsident Roh vorgesehen.
Der Inhalt der Gespräche umfasst neben bilateralen Fragen die politische Lage auf der koreanischen Halbinsel.
Grosse Ehre für die Schweiz
«Der Umstand, dass die Schweizer Delegation in Panmunjom die Demarkationslinie überschreiten durfte, ist eine grosse Ehre für uns», sagte Calmy-Rey vor Ort. «Ich bin mir dessen bewusst, dass es das erste Mal war, dass ein Mitglied einer ausländischen Regierung dies tun durfte. Üblicherweise ist dies ein Privileg für Koreaner.»
Die Aussenministerin bedankte sich bei der nordkoreanischen Regierung für die Gastfreundschaft, die der Schweizer Delegation in den letzten dreieinhalb Tagen zuteil kam.
Es kommt nur selten vor, dass auf dem direkten Landweg vom kommunistischen Nordkorea nach Süden gereist wird. Normalerweise besteigen Reisende in Pjöngjang ein Flugzeug nach Peking, von wo aus sie nach Seoul weiterfliegen. Die Aktion der Schweizer Aussenministerin wurde denn auch von zahlreichen südkoreanischen Medienleuten aufmerksam verfolgt.
Schweizerisches Hilfsangebot
Die Bundesrätin hatte sich nach ihrem Besuch in der nordkoreanischen Hauptstadt dafür ausgesprochen, den Atomstreit zwischen Nordkorea und den USA mit friedlichen Mitteln wie Dialog und Verhandlung zu lösen.
«Sicher ist, dass die Schweiz alles tun wird, um eine friedliche Lösung im Atomstreit zu ermöglichen», sagte die Aussenministerin. Dies sei der Grund für ihre Reise.
Die Sicherheitsprobleme auf der koreanischen Halbinsel könnten nur durch fortgesetzte Gespräche mit allen Seiten gelöst werden, mahnte Calmy-Rey.
Die nordkoreanischen Delegierten hätten eine Diskussion über die Menschenrechts-Situation in Nordkorea akzeptiert. Und auch das Nuklearprogramm sei zur Sprache gekommen.
Zu klein für tatsächliche Wirkung
Beobachter rechnen jedoch nicht damit, dass die Reise Calmy-Reys zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea beitragen kann. Laut dem Berner Politologen Hans Hirter ist das Überschreiten der Demarkationslinie vor allem eine symbolische Geste.
Wirklichen Einfluss hätten kleine westliche Staaten wie die Schweiz jedoch nicht. «Nur die USA, China und die beiden Korea haben die Macht, die jetzige Situation zu verändern.»
Erste Schweizer Regierungsvertreterin in Pjöngjang
Mit Micheline Calmy-Rey reiste erstmals seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Nordkorea im Jahre 1974 ein Mitglied der Schweizer Regierung nach Pjöngjang.
Es ist Calmy-Reys erste grosse Reise als Aussenministerin. Ursprünglich wurde die Reise, die sie auch noch nach Südkorea und China führt, vor über einem Jahr vom damaligen Aussenminister Joseph Deiss geplant. «Wir schlugen damals diese Idee der Überschreitung der hermetisch dichten Grenze vor, und sagten uns: Warum nicht?», kommentierte Botschafter Christian Mühlethaler die Idee.
Die Bundesrätin besichtigte in Nordkorea zudem verschiedene Projekte der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die sich auf Effizienzsteigerungen in der Landwirtschaft konzentrieren.
Die DEZA ist seit 1997 in Nordkorea präsent und investierte in den letzten vier Jahren pro Jahr zwischen vier und fünf Millionen Franken in das abgeschottete Land. Ziel der DEZA-Programme ist in erster Linie die Verbesserung der Nahrungssicherheit für die Landbevölkerung.
Nordkorea warnt Südkorea
Nordkorea warnte Südkorea am Dienstag vor einem weiteren Zusammenspannen mit den USA im Atomkonflikt.
Falls sich Südkorea für einen Konfrontationskurs entscheiden würde, hätte dies einen Abbruch der Beziehungen zur Folge, sagte der nordkoreanische Delegierte Pak Chang Ryon.
Die zwei Länder verhandeln zur Zeit in Pjöngjang über wirtschaftliche Belange. Es war die erste Äusserung der nordkoreanische Regierung seit einem Treffen zwischen Südkorea und den USA letzte Woche.
USA lehnen direkten Kontakt zu Nordkorea ab
Die Bush-Administration, die direkte Gespräche mit Nordkorea ablehnt, hat sich diesen Monat für Verhandlungen mit breiter internationaler Partizipation eingesetzt, inklusive China, Südkorea, Japan und eventuell weiteren Ländern.
Im vergangenen Monat an Gesprächen in Peking soll Nordkorea gemäss offiziellen US-Sprechern versichert haben, die Aufbereitung nuklearer Brennstäbe eingestellt zu haben.
An einem Gipfel Mitte vergangener Woche in Washington kamen Präsident Bush und der südkoreanische Präsident Roh Moo-Hyun überein, mit Nordkorea eine friedliche Lösung des nuklearen Problems zu suchen, aber gleichzeitig auch «weitere Schritte» in Betracht zu ziehen, falls Pjöngjang die Bedrohung der Stabilität auf der koreanischen Halbinsel erhöhe.
swissinfo, Juliet Linley in Panmunjom
Nach einem dreitägigen Aufenthalt in Nordkorea überschritt Aussenministerin Micheline Calmy-Rey am Dienstag die Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea.
Danach reiste die Bundesrätin weiter nach Seoul, die 40 Kilometer südlich gelegene Hauptstadt Südkoreas.
Dort wird Calmy-Rey Aussenminister Yoon Young Kwan treffen. Vorgesehen ist auch ein Höflichkeitsbesuch bei Präsident Roh Moo Hyun.
In Peking, der letzten Station ihrer zehntägign Asienreise will Calmy-Rey Gespräche über bilaterale Fragen sowie die Lage in der Region führen.
Mit Südkorea unterhält die Schweiz seit 1962, mit Nordkorea seit 1974 diplomatische Beziehungen.
Sie beteiligt sich mit 4 bis 5 Mio. Fr. jährlich an der Entwicklungshilfe für Nordkorea.
Die koreanische Halbinsel ist seit 1945 geteilt. Die beiden Staaten führten von 1950 bis 1953 einen blutigen Krieg. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag.
Die Schweiz beteiligt sich seit 1953 an der Neutralen Überwachungs-Kommission (NNSC), um den Waffenstillstand zu kontrollieren. Auf der südkoreanischen Seite, in Panmunjom, sind seit 1953 Schweizer und Schweden stationiert.
Mit Südkorea unterhält die Schweiz seit 1962, mit Nordkorea seit 1974 diplomatische Beziehungen.
Sie beteiligt sich mit 4 bis 5 Mio. Fr. jährlich an der Entwicklungshilfe für Nordkorea.
Die koreanische Halbinsel ist seit 1945 geteilt. Die beiden Staaten führten von 1950 bis 1953 einen blutigen Krieg. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag.
Die Schweiz beteiligt sich seit 1953 an der Neutralen Überwachungs-Kommission (NNSC), um den Waffenstillstand zu kontrollieren. Auf der südkoreanischen Seite, in Panmunjom, sind seit 1953 Schweizer und Schweden stationiert.
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