CVP-Abschied für Metzler
Die CVP hat am Samstag ihre ehemalige Bundesrätin Ruth Metzler ohne Misstöne und mit grossem Applaus verabschiedet.
Die Ex-Bundesrätin hatte am Mittwoch in Herisau ihr Buch vorgestellt, in dem sie mit Politik und Partei abrechnete.
Die Nicht-Wiederwahl von Ruth Metzler sei die Konsequenz der Parlamentswahlen vom Oktober, sagte CVP-Interimspräsidentin Doris Leuthard in ihrer Abschiedsrede, in der sie die Konkordanz in der Schweiz als «klinisch tot» erklärte.
Metzler habe am 10. Dezember freiwillig auf eine Kandidatur gegen Joseph Deiss verzichtet.
Dass Metzler in ihrem am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Buch «Grissini & Alpenbitter» ihre ganz persönliche Sicht dieses denkwürdigen Tages darlege, sei verständlich, sagte Leuthard.
Die CVP habe daraus dennoch wichtige Konsequenzen gezogen und werde nun ihre Erneuerung vorantreiben.
Anwesend war auch Bundespräsident Joseph Deiss, der nach der Wahl vom 10. Dezember als einziger CVP-Bundesrat in der Regierung verblieb.
Buch des Zeitgeistes
«Ich glaube schon, es ist ein Fall des Zeitgeistes, der Personalisierung der Politik und auch des Versuchs, auf dem Medienmarkt mit Bekenntnissen zu punkten. Dazu kommt natürlich, dass Frau Metzler eine interessante Persönlichkeit ist», sagte der frühere Chefredaktor des «Tages Anzeiger» und Präsident des Presserates, Peter Studer zum Buch «Grissini & Alpenbitter».
Darin geht die ehemaligen Bundesrätin Ruth Metzler nicht zimperlich mit all denen um, die sie nun in Schaffhausen mit einer «stehenden Ovation» verabschiedet haben.
«Ziel dieses Buches war nicht, eine Therapie zu machen und vergangene Dinge zu verdauen. Aber es zu schreiben, hat geholfen», sagte die Autorin selber zu ihrem Werk.
Keine Politshow
Der Abschied ging dann an der CVP-Delegiertenversammlung in freundlicher Stimmung ohne jegliche Misstöne über die Bühne.
Zuvor hatte Ruth Metzler klar gemacht, dass sie sich in der CVP weiterhin heimisch fühle. Nach den offiziellen Dankesworten verabschiedeten die Delegierten die abgewählte Amtsträgerin mit grossem Applaus.
Dieser würdige Abschied sei keine Show für die Medien, sagte Fraktionschef Jean-Michel Cina, der von der ehemaligen Bundesrätin in ihrem Buch stark angegriffen wird, nach dem offiziellen Akt.
Ein korrekter Abschied sei das Ziel dieser Veranstaltung gewesen. Dies liege im Interesse aller CVP-Vertreter, sagte Cina.
Ja der Delegierten
Ruth Metzler plädierte im politischen Teil ihrer Rede an die Delegierten für eine erleichterte Einbürgerung und sprach sich für einen straffreien Konsum und die Entkriminalisierung von Cannabis aus.
Die CVP-Delegierten folgten in Schaffhausen ihrer ehemaligen Bundesrätin. Für die am kommenden 26. September zur Abstimmung gelangenden Vorlagen zum neuen Bürgerrecht beschlossen sie die Ja-Parolen.
Die Vorlage über die ordentliche Einbürgerung sowie über die erleichterte Einbürgerung junger Ausländerinnen und Ausländer der zweiten Generation wurde mit 163 Ja-Stimmen zu zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung klar angenommen.
Ebenso klar fiel die Abstimmung über die Vorlage zum Bürgerrechtserwerb von Ausländerinnen und Ausländern der dritten Generation aus. Die Vorlage wurde mit 163 Ja-Stimmen zu drei Nein-Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.
swissinfo und Agenturen
CVP-Bundesrätin Ruth-Metzler Arnold wurde am 10. Dezember 2003 aus der Schweizer Regierung abgewählt.
An ihre Stelle wurde SVP-Nationalrat Blocher Bundesrat.
Metzler wurde als erstes amtierendes Regierungsmitglied seit 1872 nicht wiedergewählt.
In die Regierung gewählt worden war Ruth Metzler-Arnold am 11. März 1999.
Sie war Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizei-Departementes.
2003 war sie Vizepräsidentin und wäre 2004 Bundespräsidentin geworden.
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