Das erwartet die Schweiz: Die wichtigsten politischen Themen 2025
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union werden die politische Agenda des kommenden Jahres dominieren. Die Regierung wird das Abkommen mit Brüssel im Parlament verteidigen müssen. Für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sind diese Debatten von besonderer Bedeutung.
Im Zentrum der politischen Agenda 2025 der Schweiz stehen die Beziehungen zu ihrem grossen europäischen Nachbarn. Nach monatelangen zähen Verhandlungen gelang es dem Bundesrat, mit den 27 Mitgliedstaaten ein Abkommen zu erzielen, dessen Grundzüge er vor Weihnachten bekannt gab.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, die zu diesem Anlass nach Bern gereist war, bezeichnete das Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union als historisch. «Wir geben gemeinsame Antworten auf eine globale Realität», erklärte sie. Neben ihr sprach auch Bundespräsidentin Viola Amherd von einem «Meilenstein für die Stabilisierung und Entwicklung» der bilateralen Beziehungen.
Die Regierung möchte die Abkommen zur Stabilisierung des bilateralen Wegs in einem Bundesbeschluss zur «Stabilisierung» zusammenfassen. Dieser würde die Aktualisierung der bestehenden Abkommen beinhalten, d.h. die Regeln über staatliche Beihilfen, die Teilnahme an EU-Programmen und den Beitrag der Schweiz. Die drei neuen Abkommen – Strom, Gesundheit, Lebensmittelsicherheit – würden separat in Bundesbeschlüssen zur «Entwicklung» vorgelegt.
Unser Artikel über den erfolgreichen Abschluss des Abkommenspakets zwischen der Schweiz und der EU:
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Hitzige Debatten stehen bevor
Der Abschluss der Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel ist ein erster Schritt, aber die Arbeit ist noch nicht beendet. Noch vor dem Sommer soll eine Konsultationsphase eingeleitet werden. Der Hauptgang, um dieses Dossier abzuschliessen, ist jedoch für 2026 geplant, wenn das Parlament über das Abkommenspaket mit der EU debattieren wird.
Dann muss die Regierung das Parlament überzeugen, und das wird keine einfache Aufgabe sein, denn an Widerständen mangelt es nicht. Die Schweizerische Volkspartei (SVP/rechtskonservativ) lehnt jede Annäherung an die EU ab. Die Gewerkschaftskreise werden das Gleiche tun, solange sie den Lohnschutz gefährdet sehen.
Wenn die eidgenössischen Abgeordneten das Abkommen paraphieren, muss es noch das Volk überzeugen. Mehreren Medienberichten zufolge könnte der Bundesrat das Abkommenspaket in mehrere Teile aufteilen, was zu mehreren separaten Referenden und Volksabstimmungen führen würde. Die Kampagnen dürften früh beginnen und turbulent werden.
Zumal die Debatten durch drei Volksinitiativen elektrisiert werden dürften, die die Beziehungen zwischen Bern und Brüssel betreffen – auch wenn die Unterschriftensammlung noch läuft und mögliche Abstimmungen über diese Initiativen nicht 2025 stattfinden werden.
Zwei dieser Initiativen gefährden das Zustandekommen der neuen Verträge mit der Europäischen Union.
Einerseits die Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz» der Schweizerischen Volkspartei (SVP), die klar die Abschaffung der Personenfreizügigkeit fordert.
Auf der anderen Seite die «Kompass-Initiative» von drei milliardenschweren Unternehmern, welche die automatische Übernahme von EU-Recht in Schweizer Recht verhindern will.
Auch das Pro-Europa-Lager hat seine Initiative: Die Bewegung Operation Libero fordert engere Beziehungen zur EU. Die Unterschriftensammlung kommt allerdings kaum voran und könnte sogar scheitern.
Das Thema ist auch für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer zentral. Ariane Rustichelli, Direktorin der Auslandschweizer-Organisation (ASO), betont: «Die bilateralen Verträge und ihre Zukunft haben einen direkten Einfluss auf die Rechte der in Europa lebenden Schweizerinnen und Schweizer und auf ihre Mobilität.»
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Schlankheitskur für die Bundesfinanzen
Innenpolitisch will die Landesregierung ihr im September angekündigtes umfassendes Sparprogramm erfolgreich umsetzen.
Ab 2027 will sie 3,6 Milliarden Franken einsparen, vor allem im Sozialbereich und bei der internationalen Zusammenarbeit. Ziel ist die Sanierung der Bundesfinanzen, die wegen steigenden Ausgaben namentlich für die Armee und die Altersvorsorge belastet sind.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter, die 2025 zusätzlich das Amt der Bundespräsidentin bekleidet, wird es nicht leicht haben: Die Einsparungen sind bei der Linken, den Kantonen und auch bei der Rechten unbeliebt. Ende Januar beginnt die Vernehmlassung, danach muss sich das Parlament mit den geplanten Kürzungen befassen.
Die Linke könnte versucht sein, auf der Welle ihrer erfolgreichen Referenden zu reiten und das Sparpaket anzugreifen. In diesem Fall könnte es zu einer zeitnahen Volksabstimmung kommen.
Einige der im Rahmen der Entlastungsmassnahmen des Bundes vorgesehenen Massnahmen betreffen auch die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland stark.
«Die Kürzung der Subventionen für die ASO und Educationsuisse [Dachorganisation der 17 Schweizerschulen im Ausland] um 10% sowie die drohende Schliessung von SWI swissinfo.ch könnten die politische Vertretung der Diaspora und die Kommunikation mit der Fünften Schweiz schwächen, obwohl die Gemeinschaft der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer stetig wächst», befürchtet ASO-Direktorin Rustichelli.
Leichte Kost in Sachen Volksabstimmungen
Das Jahr 2025 dürfte in Sachen Volksabstimmungen eher ruhig verlaufen. Der erste eidgenössische Abstimmungssonntag gibt den Ton an, denn am 9. Februar kommt nur eine einzige Vorlage an die Urnen: die Initiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» der Jungen Grünen.
Der Initiativtext will die Wirtschaft verpflichten, sich so zu entwickeln, dass sie die Grenzen der Natur respektiert. Die Initiative wird von ihren Gegnerinnen und Gegnern als Gefahr für den Wohlstand der Schweiz bezeichnet, kann aber auch ausserhalb der Linken kaum überzeugen.
Darum geht es bei der Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen:
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Umweltverantwortungs-Initiative: Für Links unverzichtbar, für Rechts unhaltbar
Das weitere Abstimmungsprogramm ist ungewiss. Mehrere Volksinitiativen wurden eingereicht, aber das Parlament hat sie noch nicht abschliessend behandelt.
Welche davon noch im nächsten Jahr den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zur Abstimmung vorgelegt werden, ist noch nicht absehbar.
«Das hängt vom Fortgang der parlamentarischen Arbeiten ab», sagt Beat Furrer, Informationsbeauftragter der Bundeskanzlei.
Eine Volksabstimmung über die Initiative «Bargeld ist Freiheit» ist aber noch 2025 wahrscheinlich. Die von der Freiheitlichen Bewegung Schweiz lancierte Initiative, in der sich auch Gegnerinnen und Gegner von Covid-Massnahmen zusammengeschlossen haben, will sicherstellen, dass immer genügend Münzen oder Banknoten vorhanden sind, um eine vollständige Digitalisierung des Geldes zu verhindern.
Mit einem seit Jahren diskutierten Thema könnte sich das Stimmvolk auch bei der Abstimmung über die Initiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» der rechtsbürgerlichen Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) befassen.
Die Initiative verlangt, dass Ehepaare nicht mehr gemeinsam, sondern individuell besteuert werden, damit sie nicht mehr Steuern zahlen müssen als Unverheiratete.
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Zwei eher anekdotische Themen könnten ebenfalls zu einer eidgenössischen Abstimmung kommen: Stopfleber und Feuerwerk.
Eine Volksinitiative will den Import von Stopfleber und Stopfleberprodukten verbieten. Tierschutz-Organisationen wollen mit dieser Initiative ein Produkt verbieten, für das Tausende von Tieren «zwangsgestopft» werden.
Ein weiterer Vorschlag sieht vor, den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerk zu verbieten. Der ehemalige Journalist Roman Huber argumentiert, dass Böller für lärmempfindliche Menschen und Tiere Stress bedeuten.
Noch grösser ist die Unsicherheit bei den Referenden. Bisher wurde keine einzige Unterschriftensammlung gegen eine neue Gesetzesvorlage lanciert. Laut Bundeskanzlei ist es deshalb möglich, dass 2025 kein Referendum zustande kommt.
Um den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern die Teilnahme an den verschiedenen Abstimmungen zu erleichtern, unterstützt die ASO weiterhin die Einführung des E-Voting in den Kantonen.
Zurzeit befindet sich das E-Voting in den drei Kantonen Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau sowie in einigen Gemeinden der Schweiz in einer erneuten Testphase.
Vor diesem Hintergrund wertet Rustichelli die Validierung der elektronischen Identität durch das Parlament als Schritt in die richtige Richtung.
Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub
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