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Das Ja zum UBS-Staatsvertrag – eine Verschnaufpause

Ist die UBS jetzt über dem Berg? Keystone

Banken und Wirtschaft reagieren erleichtert auf das Ja des Parlaments zum UBS-Staatsvertrag mit den USA. Dennoch seien weitere "Fishing-Expeditions" auf amerikanische Steuersünder mit Schweizer Bankkonten nicht ausgeschlossen, warnt ein Experte.

«Die Gefahr liegt auf der Hand», sagt Christoph Lechner, Professor für strategisches Management an der Universität St. Gallen, gegenüber swissinfo.ch.

«Die USA wollen weltweit an all jene Bürger herankommen, von denen sie vermuten, dass sie Schwarzgelder beiseite gebracht haben. 17’000 US-Bürger haben sich bisher freiwillig bei den Steuerbehörden gemeldet, darunter lediglich 4000 Kunden der UBS. Daraus kann man sehen, dass es wahrscheinlich ein Thema ist, das andere Schweizer Banken noch betreffen wird.»

Der nun vom Parlament nach einigen Wirren und Wendungen definitiv und ohne die Möglichkeit einer Volksabstimmung gutgeheissene Staatsvertrag hat zur Folge, dass die Schweiz nun in 4450 Fällen von mutmasslichen US-Steuerbetrügern und UBS-Kunden Amtshilfe leistet, also deren Bankdaten an die amerikanischen Steuerbehörden weiter leitet.

Dabei handle es sich um eine so genannte «Fishing Expedition», so Lechner. Der Entscheid des Parlaments halte er zwar «für insgesamt richtig, aber es läuft mir aus rechtsstaatlichen Gründen sehr zuwider, dass diese 4450 Kunden damit ans Messer ausgeliefert werden». Das sei ein Verstoss gegen «Treu und Glauben».

Riegel: neues DBA

Der UBS-Staatsvertrag basiert auf dem geltenden Doppelbesteuerungs-Abkommen (DBA) aus dem Jahr 1996. Dessen Artikel 26 sieht vor, dass die Schweiz bei «Steuerbetrug und dergleichen» Amtshilfe leistet.

«Basierend auf dem UBS-Vertrag können die USA nun weitere Amtshilfegesuche stellen», sagt Lechner. «Wenn bei einer andern Bank dieselbe Sachlage vorliegt», sei die Schweiz verpflichtet, darauf einzutreten.»Deshalb ist es höchste Zeit, dass das neue DBA in Kraft treten kann und so ein Riegel vorgeschoben wird. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass das neue DBA auch bei schwerer Hinterziehung Amtshilfe vorsieht.»

Im Unterschied zum alten DBA schliesst das neue DBA, das dem Standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entspricht, jedoch «Fishing Expeditions», also pauschale Amtshilfegesuche ohne Namen und einen konkreten Anfangsverdacht, aus.

Andere Länder ungleich behandelt

Das Parlament hat im Juni das neue DBA mit den USA zwar gutgeheissen. Bis es konkret angewendet wird, dauert es noch Monate, denn die Ratifikation im US-Parlament steht noch aus, und in der Schweiz untersteht es noch einer 100-tägigen Referendumsfrist. Offen ist die Frage, ob das Referendum ergriffen und damit eine Volksabstimmung nötig wird.

Nicht ausgeschlossen sei zudem, dass nun andere Länder ihren Druck auf die Schweiz verstärken werden. «Ich gehe davon aus, dass sich die deutschen Steuerbehörden den UBS-Vertrag genau anschauen werden», sagt Lechner.

«Die deutsche Regierung vermutet, dass ihre Bürger Geld im hohen Umfang ins Ausland geschafft haben. Da könnte politischer Druck kommen, um eine Gleichbehandlung mit den USA zu erreichen.» Deshalb sei es wichtig, dass auch das neue DBA mit Deutschland baldmöglichst rechtskräftig werde.

Fristgerechte Abwicklung

Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse geht davon aus, dass dank dem Staatsvertrag weitere Rechts- und Steuerhändel mit den USA verhindert werden können. Das Parlament habe die Tragweite des Abkommens erkannt. Der Verzicht auf die Möglichkeit einer Volksabstimmung ermögliche eine fristgerechte Abwicklung.

Auch die Schweizerische Bankiervereinigung ist erfreut, dass das fakultative Referendum nun vom Tisch ist.

Staat hilft, wenn es schief läuft

Kritisch reagierte die bankenkritische Aktion Finanzplatz Schweiz. Co-Geschäftsleiter André Rothenbühler räum ein, dass im Interesse der Schadensbegrenzung vielleicht keine andere Wahl geblieben sei.

Aber es bleibe offen, ob es für die Eigenkapital-Problematik und die überrissenen Banker-Boni je verbindliche Regeln gebe. Das politische Signal sei zudem ungesund, denn die Banken könnten nun weitermachen wie bisher – im Wissen, dass ihnen der Staat beispringt, wenn es schiefläuft.

Andreas Keiser, Bundeshaus, swissinfo.ch

Die US-Steuerbehörde IRS erklärte Anfang April, man zähle darauf, dass die Schweiz die Umsetzung des Vertrages, 4450 UBS-Kontendaten über ein Amtshilfeverfahren an die USA auszuhändigen, einhalte. Andernfalls stehe den US-Behörden weiter der Rechtsweg offen.

Insgesamt umfasst die Zusammenstellung der IRS 17 juristische Schritte und reicht zurück bis Dezember 2007, als sich der russisch-amerikanische Milliardär Igor Olenicoff als erster schuldig bekannte, über UBS-Konten Gelder am Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Olenicoff bezahlte saftige Bussgelder und verklagte dann seinerseits die Bank.

Auf die Spur Olenicoffs kam die IRS durch den ehemaligen UBS-Banker Bradley Birkenfeld, der den Steuerbehörden die unlauteren Geschäfte der Bank offenlegte, seine Rolle dabei aber vertuschte und deshalb nun eine 40-monatige Haftstrafe absitzt.

Im Juni 2008 reichte das Justizdepartement vor Gericht in Florida den sogenannten John Doe Summons ein – die Forderung, von der Bank Auskunft über bis zu 52’000 UBS-Konten zu erhalten.

Im November 2008 wurde der UBS-Spitzenmanager Raoul Weil angezeigt. Er soll sich mit anderen Managern und wohlhabenden Kunden zum Betrug an den USA verschworen haben.

Im August 2009 unterzeichnete der Bundesrat das Abkommen mit den USA, das den Streit beilegen sollte. Statt Einsicht in alle 52’000 fraglichen UBS-Konten zu gewähren, sollte die Schweiz den Amerikanern 4450 Daten der Hauptverdächtigen US-Steuerpflichtigen mit UBS-Konten überreichen.

Den Anzeigen gegen Amerikaner mit UBS-Konten, die sich dem Fiskus entziehen, hat das Abkommen indes keinen Abbruch getan.

Im Januar 2010 erklärte das Schweizerische Bundesverwaltungsgericht die Herausgabe von Kontendaten amerikanischer UBS-Kunden an die USA für illegal.

Nach langem Hin und Her stimmte das Schweizer Parlament in der Sommersession im Juni 2010 dem Staatsvertrag zu.
Es wird keine Volksabstimmung geben.

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