Deutsche Stabilität stärkt Wirtschaft
Die Schweizer Wirtschaft erhofft sich von der neuen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel positive Impulse für den Aufschwung.
Deutschland ist der grösste Handelspartner der Schweiz. Mit der Vereidigung Merkels am Dienstag ist die Phase politischer Instabilität in der Bundesrepublik beendet.
Deutschland hat mit Angela Merkel die erste Bundeskanzlerin seiner Geschichte. Die CDU-Chefin erhielt am Dienstag im Bundestag 397 von 614 gültigen Stimmen. 51 Koalitions-Abgeordnete verweigerten Merkel ihre Unterstützung.
Damit dürfte in Deutschland nach einer längeren Phase der Unsicherheit wieder politische Stabilität Einkehr halten. Davon erhofft sich Rudolf Walser, Chef von economiesuisse, dem Verband der Schweizer Unternehmen, auch positive Auswirkungen für die Schweiz.
«Dass Deutschland eine neue Regierung hat, die sich tief greifende Wirtschaftsreformen zum Ziel setzt, ist eine gute Nachricht für uns», sagt Walser gegenüber swissinfo. Er halte es für wichtig, dass das Machtvakuum der letzten zwei Monate überwunden sei.
Er gehe von einem positiven Effekt auf die Schweizer Wirtschaft aus, denn Deutschland sei ihr wichtigster Handelspartner. «Es wird das Vertrauen von Konsumenten und Investoren in eine Fortsetzung des Wirtschaftsaufschwungs in der Schweiz stärken.»
Wichtiger Handelspartner
Auf Deutschland entfallen 20% aller Schweizer Exporte und ein Drittel aller Importe. Zudem stammt ein Drittel aller Ausländer, die in der Schweiz übernachten, aus Deutschland.
Einige politische Kommentatoren befürchten, dass die Koalitionsregierung, die sich aus Merkels konservativer Christlich Demokratischer Union (CDU), der Christlich Sozialen Union (CSU) und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) zusammensetzt, nicht lange halten wird.
Auch Walser räumt auch ein, dass die Partnerschaft zwischen den beiden traditionell rivalisierenden Parteien sich erst einspielen müsse. Für ein stabiles Deutschland ist es laut Walser jedoch die beste Lösung. Es gebe schliesslich keine Alternativen.
«Klar gibt es in dieser Koalition einige Unsicherheiten und Risiken, trotzdem sollten wir der neuen Regierung eine Chance geben.»
Walser geht davon aus, dass die von der Koalition beschlossenen Reformen der kränkelnden Wirtschaft Deutschlands wieder auf die Sprünge helfen könnten. Und das, obwohl die CDU ihre ursprünglichen Vorschläge abschwächen musste, um der SPD entgegenzukommen.
Reformiert und flexibilisiert werden sollen gemäss dem Koalitionsprogramm in erster Linie das Besteuerungssystem, die föderalistischen Strukturen und der Arbeitsmarkt. Das Programm ist laut Walser «mehr oder weniger» klar und sollte deshalb das Vertrauen in die Wirtschaft Deutschlands stärken können.
«Die Reformen gehen nicht so weit, wie ich es mir gewünscht hätte, aber die Richtung stimmt», kommt Walser zum Schluss.
Gratulation aus der Schweiz
Auch der Bundesrat erhofft sich von der Wahl Merkels positive Auswirkungen. Am Dienstag hat ihr Bundespräsident Samuel Schmid in einem Telegramm zur Wahl gratuliert.
Es bereite ihm besondere Freude, ihr im Namen des Bundesrates, der Schweizer Regierung, seine herzlichsten Glückwünsche zu übermitteln, schreibt Schmid.
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland seien ausgezeichnet und sehr eng. Es sei ihm ein besonderes Anliegen, dass sich diese traditionellerweise gutnachbarschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit weiterhin festigen und vertiefen werde.
«Für ein erfolgreiches Wirken in ihrem hohen Amte, für Ihr persönliches Wohlergehen und für die Zukunft ihres Landes entbiete ich Ihnen meine besten Wünsche», hält der Bundespräsident fest.
swissinfo, Matthew Allen
(Übertragung aus dem Englischen: Nicole Aeby)
Am 18. September hat die CDU die Bundestagswahl knapp vor der SPD gewonnen. Das Ergebnis reichte aber weder für eine rot-grüne noch für eine schwarz-gelbe Koalition.
Zwischen den Parteien fanden in der Folge Sondierungsgespräche für eine Koalition statt.
Am 10. Oktober stimmten die Parteigremien einer Koalition aus CDU/CSU und SPD unter der Leitung von Angela Merkel zu. Nun folgten die Koalitions-Verhandlungen.
Am Dienstag wurde Angela Merkel nun zur ersten Bundeskanzlerin und zugleich als erste Regierungschefin aus der ehemaligen DDR gewählt.
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