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Dialog im Zentrum von Calmy-Reys Harvard-Auftritt

Micheline Calmy-Rey traf in New York auch EU-Aussenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Keystone

Dialog und überregionale Allianzen als Strategie zur Lösung internationaler Probleme: Diesen Ansatz skizzierte die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey an einer Veranstaltung in Harvard.

Mit Ihrem Einsatz zeige die Schweiz, dass auch ein kleines Land Einfluss haben könne, sagte Calmy-Rey am Donnerstag bei einem Auftritt an der US-Eliteuniversität in Boston. Die Arbeit der Schweiz sei prioritär auf ihre Fähigkeiten und ihre politische Kultur ausgerichtet: Stichworte Dialog und Suche nach Kompromissen.

Der Dialog, die Suche nach Lösungen von Problemen im Gespräch stand im Zentrum des Vortrags. Die Aussenministerin referierte im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema Humanitäre Diplomatie, die live im Internet übertragen wurde.

«Dialog ist riskant»

Einen Dialog aufzunehmen, bedeute nicht, dass man unakzeptable Aktionen rechtfertige, auch im Dialog gebe es rote Linien, die man nicht überschreiten dürfe: So sei etwa eine Amnestie für Genozid, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit nie eine Option, sagte Calmy-Rey.

Oftmals aber führe der Weg über den Dialog zu Lösungen. «Dialog ist riskant, der Erfolg unsicher. Aber die Verweigerung, mit schwierigen Akteuren einen Dialog aufzunehmen, endet oft in einer Sackgasse.»

In gewissen Fällen könne ein Einsatz militärischer Gewalt berechtigt sein. Dem Klimawandel hingegen könne man nicht mit militärischer Gewalt begegnen. Und finanzielle Investitionen seien wichtig für die Entwicklung. «Aber den Respekt für Menschenrechte können wir nicht kaufen.»

Gegenseitiges Verständnis fördern

In vielen der bedeutenden Fragen, vor denen die Weltgemeinschaft heute stehe, braucht es laut dem Schweizer Regierungsmitglied einen Dialog über regionale Allianzen, über kulturelle oder traditionelle Grenzen hinweg, wenn man echte Lösungen finden wolle. Es sei wichtig, das gegenseitige Verständnis, den gegenseitigen Respekt zu fördern.

Die Förderung des Dialogs, auch mit schwierigen Akteuren, sowie die Arbeit in Allianzen mit europäischen Partnern und ähnlich gesinnten Ländern seien zu Hauptfaktoren der Schweizer Aussenpolitik geworden. «Wir tun dies, weil es im langfristigen Interesse unseres Landes liegt.»

Calmy-Rey verwies auch auf die Genfer Erklärung über Zusammenhänge zwischen bewaffneter Gewalt und Entwicklung. Bisher beteiligten sich mehr als 90 Staaten an der Initiative, die Massnahmen zur Reduktion von bewaffneter Gewalt fördert.

UNO-Generalversammlung ohne Schweizer Regierungsmitglied

Vor ihrem Harvard-Auftritt hatte die Schweizer Aussenministerin in New York am Rande der UNO-Generalversammlung Gespräche geführt und an einer Reihe von Veranstaltungen teilgenommen, so an Treffen der Allianz der Zivilisationen, des Europarats und der Frankophonie.

Dass die Schweiz dieses Jahr an der Generaldebatte der UNO-Generalversammlung nicht auf höchster Ebene vertreten sei, weil Bundespräsident Pascal Couchepin seine Teilnahme wegen der Krankheit von Bundesrat Hans-Rudolf Merz abgesagt hatte, schade dem Ansehen des Landes nicht, erklärte Calmy-Rey vor Schweizer Medien in New York.

Die Arbeit der Schweiz bei der UNO werde geschätzt, sie stelle ihre Fähigkeiten immer wieder unter Beweis. «Wir haben Kompetenzen und wissen diese zu nutzen.» Sei dies bei Themen wie Klimawandel oder Kampf gegen den Terrorismus, aber auch bei institutionellen Fragen wie Reform von UNO-Arbeitsmethoden oder Sicherheitsrat.

Millenniumsziele

Damit, erklärte die Schweizer Aussenministerin in New York weiter, werde auch die Entwicklung gefördert, was mit Blick auf die Millenniumsziele der UNO von grosser Bedeutung sei. Sie erinnerte daran, dass vor allem Frauen und Kinder unter den Auswirkungen von Gewalt und Armut litten.

Die Millenniumsziele sehen unter anderem die Halbierung der extremen Armut und des Hungers bis 2015 vor. Zudem setzen sie Ziele in Bereichen wie Bildung und Gesundheitsversorgung.

Im Rahmen der UNO-Generalversammlung fanden diese Woche auch zwei hochrangige Konferenzen statt, bei der es um die Entwicklung in Afrika und die Millenniumsziele ging.

Alexandre Fasel, Leiter der Politischen Abteilung III für internationale Organisationen im Schweizer Aussenministerium, der die Schweiz vertreten hatte, teilte die Einschätzung von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, der die Situation als alarmierend bezeichnet hatte.

Zum Abschluss der Konferenz konnte Ban Ki Moon, der die reichen Staaten aufgefordert hatte, mehr zu tun, um die Ziele zu erreichen, bekannt geben, dass Regierungen, Stiftungen, Unternehmen und gemeinnützige Gruppen schätzungsweise 16 Mrd. Dollar zusätzliche Mittel für verschiedene Projekte zugesagt hätten.

«Das Treffen hat unsere optimistischsten Erwartungen übertroffen», so der UNO-Generalsekretär.

swissinfo, Rita Emch, New York

Auch die Schweiz bleibt mit ihrer offiziellen Entwicklungshilfe hinter den Erwartungen der UNO zurück. Anstelle der von den Vereinten Nationen propagierten 0,7% des Brutto-Nationaleinkommens wendet die Schweiz nur 0,4% für Entwicklungshilfe auf.

Bis 2015 soll der Betrag jedoch auf 0,5% erhöht werden, wie der Ständerat jüngst beschlossen hat. Der Nationalrat muss der Vorlage noch zustimmen.

Calmy-Rey betonte, dass mehr als die Hälfte der offiziellen Schweizer Entwicklungshilfe nach Afrika fliesse. 2007 waren das rund 580 Mio. Franken.

Davon flossen 228 Mio. Franken in die multilaterale Hilfe, die über internationale Organisationen wie das Welternährungs-Programm oder die Weltbank verteilt wird. Für bilaterale Projekte setzte die Schweiz 348 Mio. Franken ein.

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