Die Fahne der Aufrechten hat ein Reglement

Mit der Fahne soll in der Armee korrekt und fachgerecht umgegangen werden. Deshalb hat die Schweizer Armee erstmals ein allgemein gültiges Fahnenreglement geschaffen.
Die Feldzeichen der einzelnen Bataillone und Abteilungen hätten einen hohen symbolischen Wert, der sich in respektvollem Umgang ausdrücken soll.
Der Wind pfeift durch die Bäume. Es ist kalt und neblig an diesem Morgen im Wiederholungskurs. Die Truppe steht stramm.
Vorne stakst der Adjutant-Unteroffizier von links in die Szenerie und trägt eine Fahne.
Eine Blaskapelle intoniert den Fahnenmarsch. Ta-ta-ta-ta-ta-didada! Es ist Fahnenübergabe.
«Der Umgang mit Fahnen ist in der Armee wichtig, er wird an zahlreichen Anlässen intensiv gepflegt», sagt Armeesprecher Felix Endrich gegenüber swissinfo.
Weil heute, so Endrich weiter, die Verweildauer des Kaders in der Armee wesentlich kürzer sei als früher, sei nach und nach das über lange Jahre erworbene Wissen und Können im Umgang mit Fahnen «aus der Armee entlassen worden».
Deshalb sei nun ein Fahnenreglement geschaffen worden, «damit auch in Zukunft alle gleich korrekt und gleich würdig mit dem Symbol Fahne umgehen».
Von alters her sei die Fahne ein bedeutendes Symbol eines Volkes. An der eigenen Fahne habe sich der Soldat in der Schlacht orientiert. «Der Fähnrich war denn auch ein ganz wichtiger Mann, der seine Fahne bis zuletzt verteidigte. Ging sie verloren, war meist auch die Schlacht verloren», sagt Endrich.
Für alle Fälle
Das 80-seitige Reglement gibt in einem ersten Teil dem «Truppenkörper» den verbindlichen und korrekten Umgang mit militärischen Fahnen und Standarten in sämtlichen Bereichen vor.
Da steht, dass Feldzeichen (Schweizer Fahnen mit der Bezeichnung des Truppenkörpers im Kreuz), ausschliesslich durch höhere Unteroffiziere getragen werden.
Wir lernen die militärische Form der Fahnenwache kennen. Es sind Defilees, militärische Feiern, Brevetierungen und Beförderungen oder auch der Umgang mit der Fahne bei Bestattungen geregelt. Oder eben der genaue Ablauf der bereits erwähnten Fahnenübergabe. Die zieht sich über fast zwei Seiten hin.
Da heisst es zum Beispiel: «Fähnrich marschiert mit dem Feldzeichen ab: ca. 6 m nach vorn – ein Viertel Drehung nach rechts – Weitermarsch – auf Höhe Bat/Abt. Drehung nach links – Achtungsstellung (Feldzeichen nicht senken) – warten, bis Kdt Feldzeichen gegrüsst hat – ein Viertel-Drehung nach rechts – Weiterschreiten der Front.»
Etwas unmilitärisch erscheint in dieser genauen Vorgabe einzig das Ungefähre «ca. 6 Meter nach vorn». Selbstverständlich wird bei der Fahnen-Übergabe oder – Abgabe die Nationalhymne gespielt.
Geschichte der Schweizer Fahnen
Für den Laien spannender ist der Teil des Büchleins, in dem die Geschichte der Kantonsfahnen und der Bundesfahne beschrieben wird. Die Texte sind nicht für eingefleischte Heraldiker gedacht. Dem durchschnittlich Interessierten reicht das Vorhandene aber aus.
Leserinnen und Leser vernehmen auch, wie genau das Aufhängen von Fahnen in der Schweiz geregelt ist. Bei zwei Fahnen ist das einfach. Die Bundesfahne kommt links vom Betrachter, die Kantonsfahne rechts. Wenn die Gemeinde dabei ist. Links der Kanton, rechts die Gemeinde, in der Mitte die Schweizerfahne.
Was aber, wenn sämtliche Kantonsfahnen gehisst werden müssen? Kein Problem: Sie werden nicht etwa auf Grund der Grösse oder der Steuerkraft eines Kantons aufgezogen. Nein, zuerst kommt die Bundesfahne, dann Zürich, dann Bern und Luzern. Den Schluss bilden Neuenburg, Genf und Jura.
Der Grund, warum nicht die Urkantone Uri, Schwyz und Nidwalden zuerst aufgezogen werden, wird wohl im Sonderbundskrieg zu finden sein. Damals standen die Urkantone auf der falschen Seite und mussten erst in den Bund geprügelt werden.
Die praktische Schweizer Fahne
Da die Schweiz auch ausländische Gäste empfängt – und das oft mit militärischen Ehren – muss auch der Umgang mit fremden Fahnen einheitlich erfolgen. Das Reglement zeigt dies am Beispiel der österreichischen Flagge, die durchaus falsch aufgehängt werden kann, was an der Fussball-EM zu Problemen führen könnte.
Da werden es die Österreicher mit der Schweizer Fahne einfacher haben. Der merkt man den Geist ihres grossen Förderers, General Dufour (1787-1875) an. Sie ist absolut symmetrisch ausgerichtet. Es spielt keine Rolle wie die Österreicher sie aufhängen. Eine Schweizer Fahne hängt nie falsch.
swissinfo, Urs Maurer
«Der Umgang mit Fahnen, Standarten und Fanions» heisst das erstmals für die Armee geschaffene Fahnenreglement.
Es ist Richtschnur und Lehrschrift und dient unter anderem den Fähnrichen in den Stäben.
Herausgeber ist das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).
Im Moment liegt das Reglement in deutscher Sprache vor. Im Laufe des Jahres 2008 erscheint die französische Fassung.
Das Reglement kann beim Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) bezogen werden. Kosten: 12 Franken.
Die Entstehung der Schweizer Landesfahne geht auf militärische Feldzeichen zurück.
Erst 1889 beschloss die Schweizer Regierung, der Bundesrat: «Das Wappen der Eidgenossenschaft ist im roten Feld ein aufrechtes, freistehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleich lange Arme je ein Sechstel länger als breit sind.»
Die Schweizer Landesfahne ist (nebst derjenigen des Vatikanstaates) die einzige quadratische Nationalflagge der Welt.
Die Schweiz ist auch der einzige Staat, dessen Wappen und Fahne genau das gleiche Bild tragen.

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