Die Hauptvorwürfe aus Powells Bericht
Der US-Außenminister Colin Powell hat am Mittwoch vor dem UNO-Sicherheitsrat Erkenntnisse über geheime irakische Waffenprogramme von amerikanischen und ausländischen Geheimdiensten präsentiert.
Sämtliche Vorwürfe seien durch klare Quellen gedeckt, sagte Powell.
Auszüge aus den von Powell vorgelegten Indizien:
TONBAND: Ein Gespräch zwischen zwei irakischen Offizieren, mitgehört am 26. November 2002, einen Tag vor Wiederaufnahme der UNO-Waffenkontrollen im Irak: «Wir haben dieses umgebaute Fahrzeug. Was sollen wir tun, wenn sie es sehen?», fragt einer. «Ich komme morgen vorbei», sagt der andere. «Wir haben alles evakuiert. Hier ist nichts mehr», sagt der erste.
TONBAND: Ein Gespräch zwischen einen Beamten der Republikanischen Garde und einem Mitarbeiter, mitgeschnitten am 30. Januar 2003: «Die untersuchen die Munition, die Du hast, ob da was Verbotenes dabei ist. (…) Wir haben Dir gestern eine Mitteilung geschickt, alles zu säubern, die Reste-Ecken und die verlassenen Bereiche. Stelle sicher, dass nichts mehr da ist. Denk an die erste Nachricht: alles evakuieren.»
FOTO: eine Aufnahme der Munitionsfabrik Taji. Vier der Bunker enthielten chemische Kampfstoffe, sagte Powell. An den Bunkern seien Warnzeichen. Davor stünden besondere Wachen mit Spezialgerät, um Lecks zu prüfen. Der Lastwagen vor dem Gebäude enthalte Gegengift im Fall eines Unfalls. Die Bunker seien unmittelbar vor der Ankunft der Inspekteure gereinigt worden. Powell argwöhnt, dass die Iraker Wind von dem bevorstehenden Besuch bekommen hatten. Die irakische Regierung versuche alle Kommunikation der Inspekteure abzuhören.
FOTO: Abtransport ballistischer Raketen am 10. November 2002. An einer anderen Fabrik zwei Tage vor dem Besuch der Inspekteure Ankunft von riesigen Lastwagen mit Kran, um Raketen abzuholen.
AUGENZEUGENBERICHT: Ein irakischer Chemieingenieur berichtet von der Produktion von Biokampfstoffen unter der Nase der früheren UNO-Inspekteure. Die Produktion sei immer von Donnerstagabend bis Freitagabend gelaufen in der Annahme, dass die Inspekteure am islamischen Ruhetag, dem Freitag, nicht unterwegs seien. Der Mann sei inzwischen geflohen.
GRAFIK: Skizze von mobilen Biowaffenlaboren, nach Angaben von Powell auf Grund technisch präziser Angaben von Überläufern. Der Irak besitze davon mindestens sieben.
ÜBER VERSTECKE: Saddams Sohn Kusai habe den Abzug aller verbotenen Waffen aus den Palästen seines Vaters angeordnet, sagte Powell. Wissenschaftler hätten Unterlagen in ihren Wohnungen versteckt. In Waffenfabriken seien Computerfestplatten ausgewechselt worden. Im vergangenen Herbst seien Raketenabschussbasen und mit Biowaffen bestückte Gefechtsköpfe aus der Umgebung von Bagdad in den Westen des Landes gebracht worden.
ÜBER WISSENSCHAFTLER: Saddam habe Anfang Dezember 2002 alle Wissenschaftler gezwungen, zu unterschreiben, dass sie sich der Todesstrafe bewusst seien, wenn sie den Inspekteuren wichtige Informationen enthüllen. Wer sich außerhalb des Landes befragen lasse, werde als Spion behandelt. Die Wissenschaftler seien im November in Ausweichmethoden unterwiesen worden. Für einen Wissenschaftler sei eine falsche Sterbeurkunde ausgestellt worden. Der Mann sei dann versteckt worden.
ÜBER CHEMIEWAFFEN: Der Irak hat nach amerikanischer Schätzung 100 bis 500 Tonnen chemische Kampfstoffe.
ÜBER DAS ATOMPROGRAMM: Der Irak versuche seit 1998, sich im Ausland spaltbares Material für den Bau von Atombomben zu beschaffen. Der Irak habe mehrfach versucht, im Ausland Aluminiumröhren zu bestellen, die nach Überzeugung der US-Regierung für Zentrifugen zur Anreicherung von Uran gedacht waren.
ÜBER DIE TERRORISTENVERBINDUNG: Der Irak beherberge ein Terrornetzwerk, das von Abu Mussab el Sarkawi geleitet werde, einem engen Verbündeten von Osama bin Laden. Sarkawi habe im Nordosten des Irak einen Trainingscamp mit Giftlabor eingerichtet. Powell wies ein Foto vor, das die Anlage zeige. Mit Sarkawis Ankunft hätten sich in Bagdad fast zwei Dutzend seiner engsten Gefolgsleute niedergelassen. Sarkawi habe aus dem Irak heraus etwa die Ermordung des US-Diplomaten Foley im Oktober in Jordanien angeordnet. Saddam habe El Kaida in den 90er Jahren in Afghanistan durch seine Sicherheitsleute Nachhilfe bei der Dokumentenfälschung gegeben.
swissinfo mit Agenturen
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