Die Parteispitze der SP nimmt den Hut
Nach der Wahlniederlage vom vergangenen Wochenende tritt Hans-Jürg Fehr als Parteipräsident zurück. Mit ihm verlässt auf nächsten März auch Vizepräsident Pierre-Yves Maillard die SP-Kommandozentrale.
Der Rücktritt von SP-Präsident Hans-Jürg Fehr wird selbst von seinen politischen Gegnern bedauert. Voll des Lobes ist man auf der Seite der Grünen.
Der Entscheid, zurückzutreten, sei für ihn kein leichter Schritt gewesen, sagte der Präsident der Sozialdemokratischen Partei (SP), Hans-Jürg Fehr, am Freitag in Bern. Aber nach der deutlichen Wahlniederlage vom Sonntag habe er nicht einfach zur Tagesordnung übergehen wollen.
Die längere Zeit seiner Präsidentschaft und seiner Vizepräsidentschaft der SP sei sehr erfolgreich gewesen, sagte Fehr. Doch vor rund zwei Jahren sei eine Trendwende eingetreten.
Im Moment sei er nicht im Stande, zu sagen, was er selbst falsch gemacht habe und was er im Nachhinein besser machen würde, sagte Fehr. Es sei jetzt wichtig, nach den richtigen Antworten zu suchen.
Eigentlich habe er geplant, erst im Herbst zurückzutreten, sagte Fehr. Er habe nun aber entschieden, sein Amt bereits am 1. März 2008 zur Verfügung zu stellen. Am gleichen Tag wird auch ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin von Vizepräsident Pierre-Yves Maillard gewählt. Dieser hatte seinen Rücktritt bereits früher angekündigt.
Ein Mann des Ausgleichs
An die SP-Spitze wurde Fehr 2004 gewählt, nicht weil er als charismatisch gegolten hätte, sondern weil ihm ein Ausgleich zwischen den Parteiflügeln zugetraut wurde. In einem spannenden Duell setzte er sich am Parteitag gegen seinen Gegenkandidaten, den Glarner Nationalrat Werner Marti, klar durch.
Die Aufgabe, den Ausgleich in der SP herbeizuführen, hat Fehr auch erfüllt: Nach den von seiner Vorgängerin Christiane Brunner beruhigten Auseinandersetzungen um die vormalige Parteipräsidentin Ursula Koch gelang es ihm, die Partei wieder geeint auftreten zu lassen.
Nüchterner Debattierer
Weder in Schaffhausen noch innerhalb der SP Schweiz gilt Fehr als dogmatischer Linker, sondern eher als Pragmatiker. Vor allem aber hat er den Ruf eines nüchternen, immer gut dokumentierten und sachkundigen Debattierers.
Über mögliche Nachfolgerinnen oder Nachfolger Fehrs kann vorläufig nur spekuliert werden. Die Berner Nationalrätin und SP-Fraktionschefin Ursula Wyss schliesst eine Kandidatur fürs Parteipräsidium «nicht grundsätzlich» aus. Sie habe sich darüber noch keine Gedanken gemacht, sagte Wyss.
Klar sei, dass es eine Person brauche, welche eine Erneuerung und einen Aufbruch signalisiere. Fehr sei aus einer Position der Stärke zurückgetreten, «niemand hat seinen Kopf gefordert». Als «symbolischer Akt der Erneuerung» sei der Rücktritt trotzdem richtig.
Ueli Maurer: «Rücktritt als Fluchtweg»
Die Reaktionen auf den Rücktritt sind gemischt. Hans-Jürg Fehr sei ein guter Parteipräsident gewesen, sagte die Präsidentin der Grünen, Ruth Genner. Er habe sich um die Sache und um die Partei gekümmert und die Flügel zusammengehalten. Die rot-grüne Zusammenarbeit sei konstruktiv gewesen.
Fulvio Pelli, Präsident der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP), bezeichnet Fehr als «korrekten Partner». Hinter Fehrs Rücktritt vermutet Pelli mehr eine Notwendigkeit als eine Schuld. In einer solchen Situation müsse die SP etwas machen.
Hans-Jürg Fehr sei für eine gemässigte SP-Politik gestanden, sagte die Sprecherin der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) Marianne Binder. Bei der CVP hoffe man nun, dass die Partei unter der neuen Führung nicht weiter nach links rutsche und sich nicht weiter radikalisiere, sondern dass die konsensorientierten Kräfte gestärkt würden.
Der Präsident der Schweizereischen Volkspartei (SVP), Ueli Maurer, ist nach eigener Aussage eher überrascht. Fehrs Rücktritt sei aber angesichts des miserablen Zustands der SP nahe liegend, sagte Maurer. Die SP befinde sich in einem Jahrzehnte-Tief, und da biete sich der Rücktritt als Fluchtweg an, sagte Maurer weiter.
swissinfo und Agenturen
1977 trat der heute 59-jährige Hans-Jürg Fehr in die SP ein. Von 1981 bis 1989 präsidierte er die SP-Sektion der Stadt Schaffhausen, und seit 1985 ist er Vorstandsmitglied der Kantonalpartei. Im Jahr 2000 wurde er Vizepräsident der SP Schweiz.
Seit 1999 ist Fehr Nationalrat; am 21. Oktober wurde er im Amt bestätigt. Zurzeit ist er Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK). Er bezeichnet sich heute als Berufspolitiker.
Der 1948 in Rheinklingen im Kanton Thurgau geborene Fehr wohnt in Schaffhausen und ist von Haus aus Historiker. Zunächst arbeitete er als Mittelschullehrer, später als Redaktor der Schaffhauser Arbeiterzeitung (AZ) und danach als Verleger. Fehr ist verheiratet und hat keine Kinder.
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