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Die Personenfreizügigkeit und die Deutschen

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Wie im Kanton Zürich haben die Deutschen auch im Kanton St. Gallen die Italiener als grösste ausländische Bevölkerungsgruppe abgelöst. Das hängt mit der Personenfreizügigkeit zusammen - aber nicht nur.

Wer eines der kantonalen Spitäler in St. Gallen betritt, stellt unweigerlich fest, dass hier viele Deutsche arbeiten. Das ist sofort hörbar: man spricht (Hoch-)Deutsch.

Rund die Hälfte der Assistenz- und Oberärzte, ein knappes Drittel der leitenden Ärzte und Chefärzte sowie gut ein Viertel des Pflegepersonals am Kantonsspital stammen aus Deutschland.

«Weil die Arbeitszeit der Ärzte verkürzt wurde, mussten zusätzliche Mediziner angestellt werden», sagt Hans Leuenberger, Direktor des Kantonsspitals St. Gallen (KSSG). Diese alle in der Schweiz zu finden, sei unmöglich. «Die Mitarbeiter aus Deutschland sind für das KSSG von existenzieller Bedeutung», so Leuenberger weiter. Die Integration geschehe reibungslos.

Seit Inkrafttreten der Personenfreizügigkeit hat er bei den Krankenschwestern einen Ost-West-Strom festgestellt. Deutsche kämen in die Schweiz, polnisches Personal arbeite verstärkt in Deutschland und solches aus der Ukraine in höherem Mass in Polen.

Bei einem Ja am 8. Februar zur Weiterführung der Personenfreizügigkeit und deren Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien rechnet Leuenberger nicht mit einem Ansturm von Fachleuten aus diesen beiden Staaten: «Die geografische Distanz ist zu gross.»

Immer mehr Grenzgänger

2007 verzeichnete der Ostschweizer Grenzkanton den stärksten Bevölkerungszuwachs seit 1994. Dies ist vor allem auf die Zuwanderung von Ausländern zurückzuführen. Hauptverantwortlich dafür waren die gute Wirtschaftslage und die Personenfreizügigkeit.

Parallel dazu nimmt auch die Zahl der Grenzgänger stetig zu. Ende September 2008 waren 8346 Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Kanton St. Gallen beschäftigt. 84 Prozent stammen aus Österreich.

Bei der SFS-Gruppe, die in der Befestigungstechnik und in der Zulieferindustrie tätig ist, arbeiten am Standort in Heerbrugg im St. Galler Rheintal 400 Österreicher. Das ist rund ein Sechstel der Belegschaft in der Schweiz, wie Mediensprecher Christian Fiechter vorrechnet. Weltweit beschäftigt die SFS-Gruppe 4500 Mitarbeiter.

Nicht wegen Personenfreizügigkeit

«Die hohe Zahl der österreichischen Grenzgänger hat mit der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU rein gar nichts zu tun, sagt Fiechter. Und sie habe sich seit Inkrafttreten 2002 auch nicht erhöht. Das Rheintal sei seit Jahrzehnten beidseits des Grenzflusses ein und derselbe Wirtschafts- und Arbeitsraum.

Die Mitarbeiter aus Österreich seien in der Belegschaft zu 100 Prozent integriert und leisteten hervorragende Arbeit, sagt Fiechter. Da gebe es zwar einen marginalen Sprachunterschied, aber keinen bei den Kulturen. Was die Österreicher auszeichne, sei ihre Bereitschaft, Schichtarbeit zu leisten, so der SFS-Mediensprecher.

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Praktikanten aus Osteuropa

Probleme, Arbeitskräfte im benachbarten EU-Raum zu finden, hat die Landwirtschaft. «Deutsche und Österreicher sind für uns kein Thema», sagt Markus Ritter, Präsident des st. gallischen Bauernverbandes. Einzig bei der Erdbeerernte arbeiten einige Deutsche und Österreicher auf Ostschweizer Bauernhöfen.

«Die Arbeit in der Landwirtschaft ist hart, die Arbeitszeiten sind lang», sagt Ritter, der vor allem Praktikantinnen und Praktikanten aus Osteuropa auf seinem Betrieb beschäftigt. Er mache vor allem mit jungen Leuten aus Polen und Tschechien gute Erfahrungen. «Sie sind engagiert und wollen das Wissen, das sie sich in der Schweiz erwerben, in der Heimat einsetzen.»

Zürich – Magnet für Deutsche

Auch im Kanton Zürich sind die Deutschen mittlerweile die grösste Ausländergruppe. Im Jahr 2007 war jede zweite eingewanderte Person deutscher Herkunft.

Bis 2006 waren noch die Italiener die grösste Ausländergruppe, im Laufe des Jahres 2007 wurden sie von den Deutschen abgelöst.

Seit dem Inkraftreten des Abkommens zur Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU 2002 habe sich das Muster und der Umfang der Zuwanderung im Kanton Zürich verändert, heisst in einer Studie des Statistischen Amtes des Kantons Zürich.

Die Zuwanderungszahlen seien vor allem stark angestiegen, als 2007 die Kontingentierungen der Aufenthaltsbewilligungen für Staatsangehörige aus EU/EFTA-Ländern aufgehoben wurden. Ende September 2008 wohnten und arbeiteten im Kanton Zürich 66’112 Deutsche.

An der Universität Zürich etwa waren Ende August 2008 von insgesamt 490 Professoren 165 Deutsche.

«Zürich scheint die Lieblingsstadt der Deutschen zu sein», sagt Joe Ferrer vom Statistischen Amt des Kantons Zürich. Die Mentalität entspreche ihnen wohl am besten. «Gutausgebildete Deutsche finden hier auch eher einen Job als in Deutschland – und verdienen mehr.»

swissinfo und Nathalie Grand und Daniel Wirth, SDA

Freier Personenverkehr oder Personenfreizügigkeit ist eine der vier Grundfreiheiten, auf denen die Europäische Union (EU) aufgebaut ist (neben Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit sowie freiem Kapital- und Zahlungsverkehr).

Personenfreizügigkeit ist das Recht, in die Schweiz oder ein EU-Land einzureisen, dort Arbeit zu suchen, wohnen und arbeiten zu dürfen. Sie unterliegt gewissen Regulierungen und Beschränkungen.

Die Schweiz hat 1999 mit der Unterzeichnung des ersten Pakets der Bilateralen Verträge mit der EU dieses Prinzip angenommen, das eine schrittweise Öffnung des Arbeitsmarktes vorsieht.

Im Mai 2000 sagten 67,2% des Stimmvolks Ja zu diesem Abkommen, im September 2005 begrüssten 56% die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf die zehn Länder, die seit 2004 neue EU-Mitglieder sind.

Der freie Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU ist bis 2009 befristet. Seitens der EU wird das Abkommen stillschweigend verlängert, in der Schweiz ist die Fortführung dem fakultativen Referendum unterstellt.

Gleichzeitig mit der Weiterführung soll die Personenfreizügigkeit auf die neusten beiden EU-Mitglieder, Rumänien und Bulgarien, ausgedehnt werden.

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