Die Schweiz besteht OECD-Examen
Das Globale Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke begrüsst die Fortschritte, welche die Schweiz in den letzten zwei Jahren gemacht hat. Es ruft Bern jedoch zu weiteren Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz auf.
Die Schweiz wird, zumindest im Moment, nicht mehr auf die berüchtigte Graue Liste der OECD zurückgesetzt. Das OECD-Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke hat am Mittwochabend seinen Bericht über die Schweiz präsentiert.
Das Resultat: Eher positiv. Die Eidgenossenschaft hat die erste Phase der Prüfung der Amtshilfe bestanden und wird in Phase 2 entlassen, aber mit Vorbehalten. Sie soll eine Reihe von Massnahmen für eine erleichterte steuerliche Zusammenarbeit ergreifen.
Kritische Überprüfung
Dieser mit Spannung erwartete Bericht ist der erste, seit das Global Forum die Schweiz wegen ihrer Steuerpolitik verurteilt hatte. Nun fand, nach zwei Jahren, erstmals eine kritische Überprüfung der bilateralen Zusammenarbeit im Steuerbereich statt. Die Eidgenossenschaft musste die Anforderungen der OECD erfüllen, um zu verhindern, dass wieder mal mit dem Finger auf das Land gezeigt würde.
Repräsentanten von Dänemark, Argentinien und dem Forum-Sekretariat hatten ihren Bericht, den so genannten Task Peer Review, nach drei Monate dauernden Untersuchungen ans Global Forum übermittelt, das den endgültigen Text am Mittwoch an seinem Treffen auf den Bermudas diskutiert hat.
Weitere Fortschritte
Das Fazit: Gut, aber man könnte es noch besser machen. «Die Schweiz ist auf dem richtigen Weg», kommentiert das offizielle Bern den OECD-Bericht. «Die Schweiz hat im Vergleich zu anderen Ländern 95% des Wegs zurückgelegt. 5% fehlen noch», schätzte im vergangenen März die Sekretärin des Forums, Pascal Saint-Amans.
So begrüsst das Forum alle Bemühungen der Schweiz, ihre Doppelbesteuerungsabkommen neu zu gestalten. Die OECD-Organe schätzten insbesondere die Geste von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, welche im Februar die vorherrschende Polemik entschärfte.
Bern lenkte ein, indem es bei einem Amtshilfeantrag nicht mehr darauf bestand, Namen und Adresse eines Steuerpflichtigen kennen zu müssen. Anders gesagt: Die Zusammenarbeit mit einem antragstellenden Land ist möglich, auch wenn dieses nur unvollständige Informationen liefert, wie Kontonummer, IBAN oder anderes.
Keine «Fishing Expeditionen»
Die Schweiz wird aber nach wie vor an keinen Massenanfragen, so genannten «Fishing Expeditions», teilnehmen, gilt doch immer noch das Prinzip «Information auf Anfrage von Fall zu Fall».
Laut dem Forum drückt der Schuh im Detail. Einerseits wird es – offiziell – den Entscheid von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf nicht zur Kenntnis nehmen, wenn dieser vom Schweizerischen Parlament angenommen wird. Andererseits bedauert der Bericht, dass es die bestehenden Vorschriften (das Schweizer Aktienrecht) nicht erlauben, in jedem Fall die Identität der Aktieninhaber festzustellen (Inhaberaktien sind anonym, Namenaktien nicht).
Der Bericht empfiehlt ausserdem, die Möglichkeiten besser auszuschöpfen, welche die Besitzangaben jener Konzerne betreffen, die zwar ihren Sitz im Ausland haben, aber von der Schweiz aus geführt werden.
Bald Phase 2
In einem Medienschreiben gibt sich Bern zufrieden mit dem Bericht des Forums: Die Schweiz habe die erste Phase der Überprüfung seiner behördlichen Hilfestellung bestanden (Peer Review). Da sie, wie zahlreiche andere Länder ebenfalls, nicht alle Kriterien vollumfänglich erfülle, empfehle ihr das Forum weitere Massnahmen. «Die Schweiz wird die Durchführung dieser Empfehlungen überprüfen», heisst es.
Bern hat ein halbes Jahr zur Verfügung, um der OECD zu beweisen, dass es die Löcher in seinem Dispositiv der steuerlichen Zusammenarbeit schliesst. Hat die Schweiz damit Erfolg, folgt Phase 2: Dann wird im kommenden Jahr nicht mehr das rechtliche und reglementarische Dispositiv geprüft, sondern die praktische Zusammenarbeit im Steuerbereich.
Kontext: Die Staaten brauchen Geldmittel zur Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise. Einen Teil wollen sie von Steuerhinterziehern eintreiben, die ihr Geld am Fiskus vorbei in so genannten Steueroasen angelegt haben.
März 2009: Im Fadenkreuz der OECD stehend, entscheidet die Schweiz das Bankgeheimnis zu lockern und die Standards für den Informationsaustausch zu befolgen.
April 2009: Die G20 setzt die Schweiz auf die Grauen Liste der Steueroasen. Sie macht damit Druck, damit die Bemühungen für den Informationsaustausch verstärkt werden.
September 2009: Nach der Unterzeichnung von 12 erweiterten Doppelbesteuerungsabkommen wurde die Schweiz von der Grauen Liste der OECD entfernt.
Übertragung aus dem Französischen: Etienne Strebel
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