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Die Schweiz nähert sich der EU

Europa im Blickfeld der Schweiz. Keystone

Die EU-Aussenminister haben am Montag in Brüssel das Ergebnis der zweiten bilateralen Verhandlungen mit der Schweiz formell genehmigt.

Bundespräsident Deiss, Aussenministerin Calmy-Rey und Finanzminister Merz vertreten die Schweiz am Mittwoch in Brüssel, wo die Bilateralen II politisch abgeschlossen werden.

Nicht mit nach Brüssel reist Christoph Blocher, wie nach der ausserordentlichen Sitzung der Landesregierung an einer Medienkonferenz am Montagabend zu erfahren war. Er ist als Justizminister insbesondere zuständig für das Schengener Abkommen, das Teil der Einigung mit der EU ist und von ihm persönlich abgelehnt wird.

Nachdem der Bundesrat das Verhandlungsresultat formell genehmigt hat, treffen Deiss, Calmy-Rey und Merz in Brüssel mit Vertretern der EU-Kommission und der irischen EU-Präsidentschaft zusammen. Die Teilnehmer des Gipfels werden ein Dokument (Conclusions) unterzeichnen, in dem alle strittigen Fragen geregelt sind. Der Bereinigung der Vertragstexte steht dann nichts mehr im Wege.

Durchbruch von letzter Woche

Der Durchbruch war am vergangenen Donnerstag erzielt worden, als die Botschafter der Europäischen Union in Brüssel einen Kompromiss fanden, der die Gleichstellung Luxemburgs mit der Schweiz beim Schengen-Abkommen bezüglich der Wahrung des Bankgeheimnisses sicherstellt.

Neben dem Abschluss der bilateralen Verhandlungen in neun Bereichen geht es auch um die vereinbarten Lösungen über die Schweizer Kohäsionszahlungen für den Aufbau der neuen EU-Länder, über die Zölle auf Wiederexporten und die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit.

Die Schweiz nähert sich also den 25 EU-Staaten ein bisschen weiter an. Was ändert sich dadurch für das Land und seine Bürgerinnen und Bürger?

Zinsbesteuerung stellt Bankgeheimnis nicht in Frage

Die Verhandlungen um die zweite Runde der Bilateralen hatte am 17. Juni 2002 begonnen. Knackpunkte der Verhandlungen waren Dossiers, bei denen die Schweiz um ihr Bankgeheimnis fürchtete: Zinsbesteuerung und Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung.

Ab dem 1. Januar 2005 – falls die EU-Direktive wirklich dann in Kraft tritt – soll die Schweiz mit der Zinsbesteuerung von Geldern von EU-Bürgern auf Schweizer Konten beginnen, die nicht in der Schweiz wohnhaft sind. Die Schweiz hat erreicht, dass dadurch das Bankgeheimnis nicht in Frage gestellt wird.

Betrugsbekämpfung

Ein weiteres brennendes Thema der Bilateralen II war die Beteiligung der Schweiz an der Betrugsbekämpfung, insbesondere des Zolllbetrugs mit Zigaretten-Schmuggel. Nach harten Verhandlungen hat sich Bern zur vollen Kooperation mit Brüssel bereit erklärt, um die Vergehen im Bereich der indirekten Besteuerung zu ahnden.

Ursprünglich wollte die Schweiz bei der möglichen Ausweitung der Justizkooperation auf Steuerhinterziehung nicht mitmachen. Die EU gewährte der Schweiz nun eine unbefristete Ausnahme, was Bern erlaubt, EU-Rechtshilfegesuche für Delikte abzulehnen, die hier nicht strafbar sind.

Öffnung der Grenzen

Im dritten Dossier geht es um den Beitritt der Schweiz zu den Abkommen von Schengen und Dublin.

Schengen sieht als erstes die Aufhebung der Grenzkontrollen vor. Auf den Flughäfen werden Schweizer Staatsangehörige die «EU-Schengen Raum»-Schalter benutzen können.

Die Schweizer Behörden werden durch Schengen Zugriff auf die EU-Kooperations-Instrumente in den Bereichen Sicherheit und Asyl haben, insbesondere auf ein Datensystem mit Informationen über gesuchte Personen und Objekte.

Dieses System ist besonders effizient im Kampf gegen grenzüberschreitende Verbrechen wie Schmuggel, Menschen-, Drogen- und Waffenhandel.

Und mit dem Abkommen von Dublin erhält die Schweiz Zugriff auf das EURODAC-System, das die Fingerabdrücke von Asylbewerbern registriert.

Bern erhielt eine zweijährige Frist zur Übernahme von künftigen Ergänzungen in den Abkommen von Schengen und Dublin. Dadurch hat die Schweiz genügend Zeit für das gesetzgeberische grüne Licht – Bundesrat, Parlament oder das Volk im Falle eines Referendums.

Sechs weitere Abkommen

Im Paket der Bilateralen II hat es noch sechs weitere, ebenfalls wichtige Abkommen.

So wird die EU ihre Zölle für verarbeitete Agrarprodukte aus der Schweiz aufheben. Weiter wird die EU Exportprodukte für den Schweizer Markt nicht mehr subventionieren. Im Gegenzug senkt die Schweiz die Zölle für verarbeitete Agrarprodukte aus dem EU-Raum wie Schokolade, Teigwaren, Kekse, Glacé und anderes.

Ein anderer Bereich, in dem die Schweiz über die bilateralen Abkommen künftig in Europa mitspielen wird, ist die Umwelt: Die Schweiz kann in der Europäischen Umweltagentur mitwirken und sich aktiv an Forschung und Projekten im Rahmen der EU beteiligen.

Medien und Bildung

Ferner wird die Schweiz im Rahmen des MEDIA-Abkommens an den beiden Programmen zur Förderung der europäischen audiovisuellen Produktion teilnehmen – eine gute Nachricht für Schweizer Film- und Fernseh-Produktionen. Sie werden auf EU-Gelder zählen können.

Ein weiteres Abkommen erlaubt der Schweiz, an drei EU-Ausbildungsprojekten teilzunehmen: Sokrates (allgemeine Bildung), Leonardo da Vinci (Berufsbildung) und Jugend (ausserschulische Jugendarbeit). Die Schweizer Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden künftig die gleichen Möglichkeiten haben wie ihre europäischen Kolleginnen und Kollegen. Allerdings tritt dieses Abkommen erst für die Programme ab 2007 in Kraft.

Im Bereich Statistik muss sich die Schweiz nach und nach dem EU-Standard anpassen. Dadurch wird die Position Berns bei internationalen Verhandlungen gestärkt. Schweizer Experten können künftig an den Aktivitäten der verschiedenen Komitees von Eurostat, dem statistischen Amt der EU, teilnehmen.

Schliesslich gibt es noch ein Abkommen über Ruhegehälter, das die Besteuerung von pensionierten ehemaligen EU-Funktionären regelt, die ihren Lebensabend in der Schweiz verbringen.

swissinfo, Barbara Speziali, Brüssel
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud)

Die EU-Aussenminister haben am Montag den Resultaten der bilateralen Verhandlungen mit der Schweiz zugestimmt. Damit machte die EU den Weg für das am Mittwoch geplante Gipfeltreffen mit der Schweiz in Brüssel frei, an dem der Abschluss der Verhandlungen besiegelt werden soll.

Der Bundesrat genehmigte am Montagabend die Verhandlungs-Ergebnisse ebenfalls. Bundespräsident Joseph Deiss, Aussenministerin Micheline Calmy-Rey und Finanzminister Hans-Rudolf Merz vertreten die Schweiz am Treffen mit Spitzenvertretern der EU-Kommission und der irischen Präsidentschaft.

Neben dem Abschluss der bilateralen Verhandlungen in neun Bereichen geht es auch um die vereinbarten Lösungen über die Schweizer Kohäsionszahlungen für den Aufbau der neuen EU-Länder, um die Zölle auf Wiederexporten und um die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit.

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