Die Schweizer verlangen einen grünen Bundesrat
Gemäss einer am Sonntag publizierten Umfrage möchte das Schweizer Stimmvolk, ein Jahr vor den Parlamentswahlen, dass die Grüne Partei in der Landesregierung Einsitz nimmt.
Eine Mehrheit des Bevölkerung würde die Bundesräte Christoph Blocher und Pascal Couchepin nicht mehr in die Landesregierung wählen.
Ein Jahr vor den Parlamentswahlen sind die Grünen als einzige grosse Partei klar im Aufwind. Dies zeigt die Umfrage des Instituts Informar im Auftrag von SonntagsBlick, Le Matin dimanche und Il caffe.
Danach bleibt die Schweizerische Volkspartei (SVP) stärkste Partei mit einem Wähleranteil von 25,5%. Das ist ein Prozentpunkt weniger als bei den Nationalratswahlen vom Oktober 2003. An zweiter Stelle folgt die Sozialdemokratische Partei (SP) mit 23% – praktisch unverändert zu den letzten Wahlresultaten.
Keine Erholungstendenzen weisen die Mitteparteien Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) und Christlichdemokratische Volkspratei (CVP) auf, die je einen halben Prozentpunkt einbüssten. Die FDP liegt damit bei 17%, die CVP bei 14%. Die Grünen konnten demgegenüber deutlich zulegen, um 1,5 Prozentpunkte auf 9%.
Grüner Anspruch auf Bundesratssitz
In einer SonntagsBlick-Umfrage bei den Parteipräsidenten wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass die Umfrage die Trends bei kantonalen Wahlen bestätigt. Grüne-Präsidentin Ruth Genner bekräftigte den Anspruch ihrer Partei auf einen Sitz im Bundesrat. Dies wurde in der Umfrage von einer Mehrheit von 54% der Befragten unterstützt.
In der Westschweiz ist die Unterstützung für die Grünen am grössten: 68% der Befragten möchten eine Regierungsbeteiligung der Grünen. In der Deutschschweiz sind es knapp 50%, im Tessin 46%.
Keine Panik bei den Bundesratsparteien
SVP-Präsident Ueli Maurer bezeichnete die Einbusse seiner Partei als im Streubereich solcher Umfragen liegend. Ziel der SVP sei es, 2007 die stärkste Partei zu bleiben. Diesen Platz will ihr die SP streitig machen, wie SP-Präsident Hans-Jürg Fehr sagte. Sie wolle sich im Wahljahr noch steigern.
Positives gewannen den Umfrageresultaten, trotz nochmaligen leichten Einbussen, auch die Präsidenten von FDP und CVP ab. FDP-Präsident Fulvio Pelli sieht die Position seiner Partei bereits stabiler, und auch der frischgebackene CVP-Präsident Christophe Darbellay sieht keine Notwendigkeit für einen Kurswechsel. Er will die Politik seiner Partei allerdings noch besser in der Öffentlichkeit verkaufen.
Glaubwürdigkeit
In der Umfrage wurde auch nach Urteilen über die Mitglieder des Bundesrates, der Schweizer Regierung, gefragt. Samuel Schmid und Moritz Leuenberger wurden dabei am glaubwürdigsten eingestuft, leicht vor Micheline Calmy-Rey. An vierter Stelle folgt Hans-Rudolf Merz.
Die neue Bundesrätin Doris Leuthard und Christoph Blocher liegen schon deutlicher zurück. Klar am schlechtesten schnitt beim Glaubwürdigkeitstest Pascal Couchepin ab.
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Bundesrat
Couchepin und Blocher würden vom Volk nicht wiedergewählt
Cohcepin fasste auch bei der Frage, welche Bundesräte wiedergewählt werden sollten, klar die rote Laterne: Nur 29% der Befragten sprachen sich für eine Wiederwahl des Innenministers aus. Unter 50% blieb auch Justizminister Blocher mit 42%.
Doris Leuthard eroberte bei dieser Frage mit 75% bereits die Spitze, gefolgt von Calmy-Rey, Schmid, Leuenberger und Merz.
swissinfo und Agenturen
Die Grüne Bewegung der Schweiz geht zurück auf die 1970er-Jahre im Kanton Neuenburg als Reaktion auf ein Autobahn-Projekt.
In den 70er- und 80er-Jahren entstehen weitere kantonale Sektionen.
Mit der Zeit etablierten sich die Grünen auf allen politischen Ebenen: 1972 stiessen sie erstmals in ein Stadtparlament vor (Neuenburg), 1977 in eine Stadtregierung (Lausanne), 1979 in den Nationalrat und 1984 in eine Kantonsregierung (Bern).
Bei den eidgenössischen Wahlen von 2003 kamen die Grünen auf 7,4% und stellen im Bundesparlament 13 Abgeordnete. Die Grünen sind die grösste Nicht-Regierungspartei.
Die Umfrage wurde vom Zürcher Institut Infomar bei 1003 stimmberechtigten Personen zwischen dem 19. und dem 25. September durchgeführt.
Die Fehlerquote beträgt plus/minus 3,2%.
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