Die Umweltverantwortungsinitiative wird wohl abgelehnt

Das Stimmvolk wird die Umweltverantwortungsinitiative in der eidgenössischen Abstimmung am Sonntag voraussichtlich ablehnen. Für die Jungen Grünen zeichnet sich eine Niederlage an der Urne ab.
Es gibt wenig Spannung bei der einzigen Vorlage, über die am Sonntag auf Bundesebene abgestimmt wird. Es wird erwartet, dass die Umweltverantwortungsinitiative vom Stimmvolk weggefegt wird.
Die Unterstützung für den Text der Jungen Grünen schmolz im Laufe der Kampagne stetig. In der letzten SRG-Umfrage Ende Januar rechneten nur noch 37% der befragten Stimmberechtigten damit, ein Ja in die Urne zu legen. Bei den Schweizer:innen im Ausland waren es 42%.
Da sich die Meinungen bei Initiativen tendenziell in Richtung Nein bewegen, muss die Jugendsektion der Grünen mit einer schweren Niederlage rechnen.
Politologin Martina Mousson vom Forschungsinstitut gfs.bern, das die Umfrage durchgeführt hat, hält die Initiative zur Umweltverantwortung für vergleichbar mit der 99%-Initiative der Juso, über die 2021 abgestimmt wurde.
Der Text forderte, Kapitalerträge ab einer bestimmten Schwelle mit 150% statt 100% zu besteuern. Die Unterstützung für die Initiative war gegen Ende der Kampagne ebenfalls auf 37% gesunken. Sie wurde schliesslich mit fast 65% abgelehnt. Ein ähnliches Muster ist auch für den Entwurf der Jungen Grünen denkbar.
Lesen Sie hier unseren Explainer zur Initiative:

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Umweltverantwortungsinitiative: Für Links unverzichtbar, für Rechts unhaltbar
Die planetaren Grenzen im Fokus
Die Initiative zur Umweltverantwortung will einen Artikel in die Verfassung aufnehmen, der die Volkswirtschaft dazu verpflichtet, sich unter Beachtung der planetaren Grenzen zu entwickeln. Das bedeutet, dass wirtschaftliche Aktivitäten nicht mehr Ressourcen verbrauchen oder mehr Schadstoffe ausstossen dürften, als die Natur verkraften kann.
Das Konzept der planetaren Grenzen wurde 2009 von einem Forschungszentrum der Universität Stockholm geprägt. Es definiert neun Schwellenwerte, die nicht überschritten werden dürfen, damit die Menschheit in einem sicheren Ökosystem leben kann.
Die Initiative will sich auf sechs dieser neun Grenzen konzentrieren: Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt, Wasserverbrauch, Landnutzung sowie Stickstoff- und Phosphoremissionen.
Um dieses Ziel zu erreichen, schlagen die Jungen Grünen keine konkreten Massnahmen vor, sondern fordern die Behörden auf, die Initiative auf sozialverträgliche Weise umzusetzen. Die Partei setzt zudem eine Frist von zehn Jahren, um dies zu erreichen.
Wenig Unterstützung jenseits der Linken
Die Initiative wird von einer Allianz aus Parteien und NGOs unterstützt, darunter die Grünen, die SP, die Juso, Greenpeace, die Kleinbauern-Vereinigung und die Klimaseniorinnen.
Es gelang ihr jedoch nicht, über die Reihen der Linken und der Umweltorganisationen hinaus zu begeistern. Gewählte Vertreter:innen der rechtskonservativen SVP, der bürgerlichen FDP, der Mitte und sogar der Grünliberalen bekämpften die Initiative ebenso wie die Wirtschaftskreise. Auch das Parlament und die Regierung empfahlen die Ablehnung.
Die Angst vor dem Verlust des Wohlstands
Während der Kampagne stand nicht das Ziel der Initiative zur Debatte. Eine grosse Mehrheit der Wähler:innenschaft ist der Meinung, dass die Ressourcen unseres Planeten erhalten werden müssen, um die Lebensgrundlagen zu sichern, wie die Umfragen der SRG ergaben.
Das von den Jungen Grünen vorgeschlagene Heilmittel und die 10-Jahres-Frist für seine Verabreichung sorgten hingegen für Kontroversen. Die Gegner:innen der Initiative argumentieren, dass die Umsetzung der Initiative den Wohlstand der Schweiz gefährden würde. Sie würde auch zu einem Anstieg der Preise und der Lebenshaltungskosten führen.
Diese Argumentation scheint sich durchgesetzt zu haben. Eine grosse Mehrheit der Wähler:innen ist der Meinung, dass zusätzliche Verbote und Regulierungen den Wirtschaftsstandort Schweiz schwächen würden.
Schauen Sie unsere Let’s Talk-Debatte zu diesem Thema:

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Umweltverantwortungsinitiative: Das sind die Argumente beider Seiten
Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Französischen: Janine Gloor

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