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Doppeltes Ja am 27. November?

Ob das Gentech-Moratorium kommt, lässt sich noch nicht sagen. swissinfo.ch

Das Stimmvolk sagt zum jetzigen Zeitpunkt Ja zum Sonntagsverkauf in Bahnhöfen und Flughäfen, wohl auch zum Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft.

Das geht aus einer Umfrage hervor, welche das Institut gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse durchgeführt hat. Die Ergebnisse wurden am Freitag veröffentlicht.

An der Abstimmung vom 27. November wird sich das Schweizer Stimmvolk zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in grossen Bahnhöfen und den Flughäfen aussprechen. Das Parlament hat die entsprechende Änderung des Arbeitsgesetzes abgesegnet, der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hat dagegen das Referendum ergriffen, weshalb die Vorlage nun an die Urnen kommt.

Die Umfrage, die am Freitag veröffentlicht wurde, deutet darauf hin, dass die Mehrheit der stimmberechtigten Schweizerinnen und Schweizer die Ansicht des Parlaments teilt: 59% der befragten Personen sind für die Liberalisierung, 33% sind dagegen, 8% haben sich noch nicht entschieden.

Die Meinung ist gemacht

Über einen Monat vor dem Urnengang sind die Meinungen damit schon gefasst und das Lager der Unentschiedenen scheint zu klein zu sein, um das Zünglein an der Waage zu spielen.

Wie das Forschungsinstitut gfs.bern bemerkt, sind so wenig Unentschiedene vor einer Abstimmung ungewöhnlich. Dies liegt wohl an der einfachen Fragestellung – soll der Einkauf am Sonntag erlaubt oder verboten sein? – die keine Verständnisprobleme aufwirft.

Die Ausweitung der Öffnungszeiten scheint im ganzen Lande akzeptiert zu werden. Die Romandie (mit 68% Ja-Stimmen) scheint dem Anliegen etwas freundlicher gegenüber zu stehen als die Deutschschweiz (mit 56% Ja-Stimmen) und die italienischsprachige Schweiz (mit 52% Ja-Anteil).

Das Kriterium des Einkommens fördert deutlichere Unterschiede zu Tage: Je höher das Einkommen der Befragten, desto eher befürworten sie den Sonntags-Einkauf. Im Bereich von einem Einkommen von bis zu 3000 Franken pro Monat, liegt die Zustimmung bei 53%, die Einkommensklasse von mehr als 9000 Franken pro Monat ist zu 70% für die Liberalisierung.

Eine Linke, die erstaunt

Auf der politischen Ebene erstaunt es nicht, dass sich rechtsliberale Parteien ebenfalls dafür ausprechen. Fast drei Viertel (74%) der Sympathisanten der Freisinnig-demokratischen Partei (FDP) sind dafür.

Dieser Anteil sinkt über 65% bei den Anhängern der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) auf noch 55% bei den Parteigängern der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP).

Von den Befragten, die der Sozialdemokratischen Partei (SP) nahe stehen, unterstützen 60% die neuen Öffnungszeiten. Das erstaunt, wenn man bedenkt, dass die SP die Nein-Parole herausgab und das Referendum aus der linken Ecke kommt.

Die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft ist bestimmender: Nur 47% der Befragten mit einem Gewerkschafts-Ausweis wollen die Sonntagsarbeit für die Angestellten im Detailhandel akzeptieren. 59% der Nicht-Gewerkschafter wollen sich hingegen nicht dagegen aussprechen. Sogar bei den Gewerkschaftern ist aber der Anteil an Befürwortern mit 47% höher als jener der Gegner mit 45%.

Gewerkschaftsbund kritisiert Umfrage

Der SGB hat sich nach bekannt werden der Umfrage zu Wort gemeldet und kritisierte die SRG-Umfrage. Die Frage sei falsch gestellt, denn es gehe nicht um die Sonntagsverkäufe, sondern um die Arbeit am Sonntag. Dass die sonntägliche Ladenöffnung in Bahnhöfen auf mehrheitliche Zustimmung stosse, sei seit langem bekannt.

Anders als von der SRG gefragt, entscheide das Volk nicht über die Ladenöffnungszeiten, sondern über das revidierte Arbeitsgesetz. Interessanter und «korrekt» wäre es laut dem Communiqué des SGB gewesen, wenn gefragt worden wäre, ob die Stimmberechtigten für mehr Sonntagsarbeit seien.

Kein Gentech auf dem Teller

Am 27. November werden sich die Stimmberechtigten auch zu einem Fünf-Jahres-Moratorium von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der Schweizer Landwirtschaft aussprechen. Diese Volksinitiative wurde von Umwelt- und Konsumentenschützern lanciert.

Laut der Umfrage sind 47% der Befragten für das Moratorium, 36% sind dagegen, 17% haben noch keine Meinung. Mit diesen Umfrage-Resultaten kann keine sichere Prognose für den Ausgang der Abstimmung gemacht werden.

Den stärksten Widerstand gegen GVO legen CVP-nahe Kreise an den Tag; 58% wollen das Moratorium. Eine mögliche Erklärung ist, dass die CVP stark in ländlichen Regionen verankert ist. Auch der Bauernverband fordert die gentechfreie Agrar-Produktion. Eine solche will auch die Mehrheit der Sympathisanten der Sozialdemokratie mit 54% Ja-Stimmen.

Die Sympathisanten der SVP hingegen sind sehr unterschiedlicher Meinung: 47% befürworten das Moratorium, 46% sind dagegen. Auch hier könnte die starke Verankerung der Volkspartei in der ländlichen Schweiz eine Rolle spielen. Die Delegierten der SVP haben jedoch die Nein-Parole beschlossen.

Am stärksten gegen ein Moratorium sprechen sich die Freisinnigen aus. Nur 36% der FDP-Sympathisanten wollen etwas davon wissen, 44% sind damit dagegen.

swissinfo, Olivier Pauchard und Agenturen
(Übertragung aus dem Französischen: Philippe Kropf)

Die Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse fand zwischen dem 10. und 15. Oktober statt.

1216 Personen in allen drei Landesteilen wurden telefonisch befragt.

Die Fehlermarge bei solchen Telefonbefragungen liegt bei rund 3%.

Referendum gegen die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in grossen Bahnhöfen und Flughäfen: 59% Ja, 33% Nein, 8% unentschieden.

Volksinitiative für ein Moratorium von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der Landwirtschaft: 47% Ja, 36% Nein, 17% unentschieden.

Die erwartete Stimmbeteiligung liegt bei 47%.

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