E-Voting auf dem Vormarsch
Die eidgenössische Abstimmung vom 16. Mai wird wohl die letzte sein, bei der alle Stimmzettel aus Papier sind: Im Herbst soll zudem elektronisch abgestimmt werden.
Nach Versuchen auf Gemeinde-Ebene sollen vier Genfer Gemeinden auch über eigenössische Vorlagen per Internet abstimmen.
«Im Moment stehen alle Zeichen auf grün», sagt Daniel Brändli, Projektleiter E-Voting beim Bund. Im Herbst sollen vier Genfer Gemeinden erstmals über eidgenössische Vorlagen per Internet abstimmen. Der Bundesrat muss allerdings dem Versuch noch zustimmen. Er muss das Risiko abwägen, ob ein gescheiterter Test die Gültigkeit des Gesamt-Ergebnisses allenfalls gefährden könnte.
In Genf ist man aber sicher, dass der Test ein Erfolg wird: Die bisherige Bilanz sei sehr positiv, sagt Michel Chevallier, Sprecher des Genfer Projekts. Der westlichste Kanton der Schweiz gilt als Pionier-Kanton beim E-Voting, dem Abstimmen via Internet.
Test auf Bundesebene
Nach einer viel beachteten Première in der Gemeinde Anières vom Januar 2003 folgten weitere Pilot-Abstimmungen in Cologny und Carouge. Läuft auch der nächste Test vom kommenden 13. Juni in Meyrin problemlos ab, wollen die vier Gemeinden den Versuch bei einer eidgenössischen Vorlage wagen.
Der Test soll im Herbst stattfinden. Noch offen ist, ob dafür der Abstimmungs-Sonntag vom 26. September oder vom 28. November auserkoren wird.
Studierende wählen per SMS
Noch nicht ganz so weit ist man in Neuenburg und Zürich. Die beiden Kantone wurden nebst Genf vom Bund mit Pilotversuchen zum E-Voting beauftragt. Erste Abstimmungen sollen dort aber erst ab 2005 versuchsweise per Internet durchgeführt werden.
Ein wirklich modernes System kommt im Dezember allerdings an den Zürcher Stundentenrats-Wahlen bereits zum Einsatz: Dann sollen die Studentinnen und Studenten per SMS wählen können. Der Studentenrat ist das Parlament der Studierenden der Universität Zürich und besteht aus 70 Mitglieder.
Neues Register für E-Voter
Besteht das System die Feuerprobe, soll es laut der Zürcher Regierungssprecherin Susanne Sorg-Keller im nächsten Jahr bei Abstimmungen zur Pilot-Anwendung kommen.
In den nächsten Wochen werden vorerst die Voraussetzungen in den 171 Zürcher Gemeinden evaluiert: Im Gegensatz zu Genf muss Zürich zunächst ein zentrales Stimmregister aufbauen.
E-Voting integraler Teil von E-Government
Einen eigenen Weg geht der Kanton Neuenburg: Das Abstimmen per Internet ist nur eine von mehreren Dienstleistungen, die im Rahmen des elektronischen Schalters vorgesehen sind. Am elektronischen Schalters für Behördengänge, des so genannten Guichet Virtuel, sollen in Zukunft alle Dienstleistungen erbracht werden, die bisher den physischen Gang auf die Gemeindeverwaltung verlangten.
Laut Projektsprecher Danilo Rota soll das E-Voting in Neuenburg erstmals im Juni 2005 bei einer eidgenössischen Abstimmung zur Anwendung kommen. Als Zielgruppe sollen dabei jene User dienen, die bereits einen Zugang zum elektronischen Schalter haben.
Höhere Stimmbeteiligung?
E-Voting stösst in den Versuchsgemeinden auf regen Zuspruch. In den letzten beiden Genfer Pilot-Abstimmungen nutzte rund jeder vierte Stimmende die Möglichkeit der elektronischen Stimmabgabe. Unter den E-Votern sind vor allem die Jungen überdurchschnittlich vertreten. «Die Folge ist nicht zwingend eine massiv höhere Stimmbeteiligung, aber eine bessere Vertretung aller Altersklassen», erklärt Projekt-Sprecher Chevallier.
Mit dem Anteil von rund einem Viertel ist die Stimmbeteiligung allerdings deutlich höher als in Bern angenommen. «Ursprünglich gingen wir von 15 % elektronisch ausgefüllter Stimmzettel aus», sagt Brändli vom E-Voting-Projekt des Bundes.
Ob bei elektronischen Abstimmungen insgesamt mehr Stimmberechtigte abstimmen, kann noch nicht gesagt werden. Bisherige Umfragen nach den Versuchen zeigten allerdings, dass eine Mehrheit der Stimmenden dieses Instrument begrüssen.
In Genf erklärten 20-25% der Personen, die per Internet abgestimmt hatten, den Urnen bislang regelmässig oder gelegentlich ferngeblieben zu sein. Chevallier ist sicher: «Wenn die Versprechen aus den Umfragen eingehalten werden, können wir langfristig mit einer höheren Stimmbeteiligung rechnen.»
swissinfo und Agenturen
In Genf, Neuenburg und Zürich laufen Versuche mit E-Voting.
Die Stimmbeteiligung per Internet fällt mit rund 25% höher als erwartet aus.
Vor allem stimmen mehr jüngere Personen ab.
In der Schweiz kann bis jetzt persönlich an der Urne oder brieflich abgestimmt werden.
44% der Stimmenden der Genfer Gemeinde Anières wählten das Internet um ihre Stimme bei der kommunalen Abstimmung im Januar 2003 abzugeben.
Beim zweiten Versuch im Kanton Genf in Cologny im November 2003 betrug die Beteiligung 28,9%, in Carouge im April 2004 noch 25%.
Am 13. Juni soll in Meyrin der letzte Versuch durchgeführt werden.
Im Herbst sollen diese vier Gemeinden erstmals über eine eidgenössische Vorlage abstimmen.
Auch in den Kantonen Neuenburg und Zürich sollen Versuche mit E-Voting stattfinden.
Zürich setzt bei den Studentenratswahlen der Universität Zürich im Herbst auf SMS.
In Neuenburg soll E-Voting nur eine mehrerer Möglichkeiten sein, welche im sogenannten «Guichet virtuel» integriert sind.
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