Ein «Ja aber» zur Solidaritätsmilliarde
Die Gesetzesgrundlage für die "Solidaritätsmilliarde" zu Gunsten der 10 neuen EU-Mitgliedstaaten steht. Gegen die Vorlage wurde das Referendum angekündigt.
Der Ständerat hat am Montag die letzten redaktionellen Differenzen bereinigt. Die Schlussabstimmung wird am kommenden Freitag stattfinden.
Das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas löst einen bis 2008 befristeten Bundesbeschluss ab. Es war ursprünglich nur als definitive Grundlage für die Unterstützung des marktwirtschaftlichen Wandels der ehemals kommunistischen und sowjetischen Staaten gedacht.
Inzwischen hat sich die Schweiz verpflichtet, in eigener Regie 1 Mrd. Franken an die Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der EU der 25 zu leisten. Diese Zusage war der «Eintrittspreis» für den Zutritt zum Markt der 10 neuen EU- Mitgliedstaaten.
Kompensation
Die Solidaritätsmilliarde soll im Departement des Äusseren (EDA) und im Volkswirtschaftsdepartement (EVD) kompensiert werden, bekräftigte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Allenfalls würden Einnahmen aus der Zinsbesteuerung beigezogen. Die Entwicklungshilfe für die ärmsten Länder werde nicht gekürzt.
Der Bundesrat, die Schweizer Regierung, werde dem Parlament auf die Herbst- und Wintersession hin zwei Rahmenkredite vorlegen: einen für die Fortsetzung der laufenden Osthilfe und einen für die Finanzierung von bilateralen Rahmenabkommen mit den zehn neuen Partnerstaaten. Diese Zahlungen liefen über eine Periode von 8 bis 10 Jahren.
Referendum mit SVP
Politisch dürfte das Gesetz aber noch länger nicht unter Dach sein. Die Lega dei Ticinesi hat wegen der Milliardenzahlung an die neuen EU-Staaten das Referendum angekündigt und wird dabei auch von den Schweizer Demokraten unterstützt.
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) als Regierungspartei hatte sich in den letzten Wochen jeweils unterschiedlich zur Rolle der Partei beim Referendum gegen die EU- Solidaritätsmilliarde geäussert. Zuerst sprach sie davon, dass die SVP das Referendum selber nicht ergreifen werde.
Nun da die Lega dei Ticinesi und der SVP-nahe Bund der Steuerzahler (BDS) vorprellten, will die SVP selber an vorderster Front aktiv werden.
Falls der Zentralvorstand am 8. April seine Zustimmung dazu nicht gebe, werde das Referendum von einem eigenständigen Komitee von SVP-Parlamentariern getragen, sagte Maurer am Montag gegenüber Radio DRS. Er sei aber sicher, dass der Zentralvorstand diesen Entscheid mittrage.
Die Versprechen seien nicht eingehalten worden und der Milliarden-Betrag werde nicht kompensiert, begründete SVP-Präsident Ueli Maurer den Entscheid. Das Gesetz sei für künftige Beträge offen nach oben, und es seien bereits nächste Forderungen auf dem Tisch.
Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) werde das Referendum unterstützen, sagte SVP-Nationalrat und AUNS-Geschäftsführer Hans Fehr. In welcher Form dies geschehe, sei noch nicht bestimmt.
swissinfo und Agenturen
Die Schweiz zahlt während fünf Jahren insgesamt 1 Mrd. Franken in den Kohäsionsfonds der EU. Dieser soll die ökonomischen Unterschiede zwischen der «alten» EU und den neuen Mitgliedsländern verringern.
Die beiden Kammern haben Gesetzesgrundlage für die «Solidaritätsmilliarde» zu Gunsten der 10 neuen EU-Mitgliedstaaten gebilligt.
Die 1 Mrd. Franken sollen vom Volkswirtschafts-Departement und vom Aussenministerium aufgebracht werden. Die Summe soll jedoch nicht zu Lasten der Entwicklungshilfe gehen.
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) und die rechte Lega dei Ticinesi werden das Referendum ergreifen.
Unter den 10 neuen EU-Ländern ist Polen mit 489 Mio. Franken der grösste Nutzniesser des Schweizer Beitrages.
Ungarn erhält 131 Mio. Franken, die Tschechische Republik 110, Litauen, 71, Slowakei, 67, Lettland 60, Estland 40, Slowenien 22, Zypern und Malta je 3 Mio. Franken.
2 Mio. Franken bleiben für Sofortmassnahmen.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch