Ein Tessiner neuer FDP-Präsident
Der 54-jährige Tessiner Nationalrat Fulvio Pelli hat sich in Bern gegen den Luzerner Nationalrat Georges Theiler durchgesetzt.
Pelli ist der vierte FDP-Präsident seit dem Rücktritt von Franz Steinegger im Jahr 2001 und der erste Tessiner seit 1954.
Notwendig wurde die Ersatzwahl, nachdem der bisherige FDP-Präsident Rolf Schweiger Anfang November aus gesundheitlichen Gründen den Rücktritt erklärt hatte.
Auf seinen Nachfolger, Fulvio Pelli, entfielen 228 von 378 gültigen Delegierten-Stimmen, Theiler konnte 150 auf sich vereinen.
FDP-Interimspräsidentin Marianne Kleiner hatte vor der Wahl beide Bewerber als hervorragende freisinnige Persönlichkeiten bezeichnet, doch konnte der 54-jährige Tessiner Anwalt aus Lugano die Delegierten mit seinen Plänen für die FDP mehr überzeugen.
Trendumkehr in der Schweiz
Pelli will die Partei zur Geschlossenheit bringen und die FDP zum Garanten machen dafür, dass in der Schweiz eine Trendumkehr stattfindet. Dafür müsse gegen höhere Staats- und Fiskalquoten, gegen die Kostenexplosion der Sozial-Versicherung, gegen das Überborden des Staats vorgegangen werden sowie gegen eine politisch konservative Haltung, welche die Schweiz ins Mittelmass treibe.
Eher ruhiger Stratege
Das FDP-Präsidium ist nicht das erste Amt Pellis in einem Führungsgremium der Partei. Von 1988 bis 2000 war er Präsident der Tessiner FDP, seit gut zwei Jahren führt er die Fraktion im Bundeshaus. Dieses Amt muss die Partei demnächst neu besetzten.
Trotz seiner exponierten Ämter steht der Tessiner nur selten im Vordergrund. Er gilt als ruhiger Stratege, der die Geschehnisse hinter der Bühne lenkt.
Auch in seiner neuen Funktion will Pelli seinen Stil nicht ändern. So hofft er, die Kantonalparteien vereinen und auf den bereits von seinem Vorgänger Rolf Schweiger eingeschlagenen Weg einschwören zu können. Langfristig strebt Pelli zudem eine Verjüngung der Partei an.
Mitte-rechts-Koalition für Wirtschaft, SP für Gesellschaft
Der neu gewählte FDP-Präsident Fulvio Pelli muss eine schlingernde Partei auf Kurs bringen. Dabei sucht er vor allem die Nähe zu CVP und SVP. Von der SVP verlangt er, sich von einer populistischen Protestpartei zu einer konstruktiven Kraft zu wandeln.
Bei der Europa- oder Gesellschaftspolitik könne die FDP mit der SP zusammenarbeiten. «SP und Grüne stehen mit ihren Positionen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik aber viel zu weit links», sagte Pelli in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Er wolle deshalb eine Mitte-rechts-Koalition in der Wirtschaftspolitik.
Führungsmannschaft der Partei muss antreten
Pelli äusserte sich auch zum schwindenden Wahlerfolg der FDP. In der Schweiz habe man sich in der Vergangenheit «viele Sorgen um Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich gemacht», sagte er dem «SonntagsBlick». Dabei habe man versäumt, etwas Neues entstehen zu lassen. «Wir haben viel geschützt, aber wenig geschaffen.»
Als Erstes lässt Pelli erst einmal die Führungsmannschaft seiner Partei antreten: «Wird da richtig und genug gearbeitet?», fragt er sich. Nicht alle Politikerinnen und Politiker seien erfreut, wenn es viel zu tun gebe. Genau das bedeute es aber, Mitglied des Parteivorstandes zu sein.
swissinfo und Agenturen
Mit Fulvio Pelli hat die FDP Schweiz bereits den fünften Parteipräsidenten innerhalb von vier Jahren.
Nach dem Rücktritt von Franz Steinegger, der 12 Jahre im Amt war, übernahm im April 2001 bis November 2002 der Schaffhauser Gerold Bührer das Präsidium.
Seine Nachfolgerin wurde im Januar 2003 die Waadtländerin Christiane Langenberger, die nach der Wahlschlappe vom Herbst 2003 zurücktrat.
Im April 2004 übernahm der Zuger Ständerat Rolf Schweiger das Präsidium der FDP, trat aber im November 2004 aus gesundheitlichen Gründen zurück.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch