Eine Schweizerin ist höchste Abfallmanagerin der UNO
Seit dem 1. September ist die Umweltexpertin Katharina Kummer Peiry Exekutivsekretärin der Basler Konvention und damit eine der raren Schweizer Persönlichkeiten in einer UNO-Schlüsselposition.
Die Schweiz ist eng mit dem Regelwerk für die internationale Entsorgung von gefährlichen Abfällen verbunden.
«Für eine andere Stelle hätte ich mein Beratungsbüro nicht aufgegeben», erzählt Katharina Kummer Peiry.
«Aber die Basler Konvention, das ist ein Bereich, den ich in- und auswendig kenne.»
Die 47-jährige Expertin im internationalen Umweltrecht war schon bei den Verhandlungen für die Ausarbeitung der Basler Konvention dabei.
Das war in den 1980er-Jahren. Seither hat sie sich intensiv mit der internationalen Abfallentsorgung und dem Umweltrecht beschäftigt.
Ihre Doktorarbeit hat sie in London geschrieben. Thema: Die Basler Konvention. Das Buch gilt noch heute als Standardwerk zum internationalen Abfallmanagement.
Später arbeitete Kummer in verschiedenen Positionen beim Bund, lehrte an Universitäten und gründete vor sieben Jahren ihr eigenes Beratungsbüro.
«Ich habe immer gesagt, ‹ich gebe es nur auf, wenn was Tolles kommt.› Bei der UNO kann ich Vorschläge und Ideen einbringen und das bei den Schlüsselfiguren der beteiligten Länder. Das hat mich gereizt.»
Ohne Hilfe des Heimatlandes nicht möglich
Katharina Kummer hatte sich bereits vor acht Jahren um das Amt der Exekutivsekretärin der Basler Konvention beworben. Beim zweiten Anlauf hat es mit Unterstützung der Schweizer Behörden und der Diplomatie geklappt.
«Die offizielle Schweiz hat ein Interesse daran, in hohen UNO-Positionen vertreten zu sein. Im UNO-Umweltprogramm ist die Schweiz trotz ihres überdurchschnittlichen finanziellen Engagements untervertreten», führt Kummer aus.
«Neben der rein fachlichen Ebene bei der Auswahl gibt es auch eine politisch-diplomatische Ebene. Wer nicht die offizielle Unterstützung seines Landes hat, hat keine reale Chance auf eine derartige Führungsposition.»
Direkter Draht
Die Schweiz hat einen engen Bezug zur Basler Konvention. Sie hat die Ausarbeitung dieses Regelwerks vorgeschlagen und war 1989 Gastgeberin der diplomatischen Konferenz, welche die Konvention beschlossen hat.
«Das war die Zeit der so genannten Giftmüllschiffe, die giftige Abfälle in Entwicklungsländer brachten. Die Schweiz kam damals wegen der Umweltkatastrophe von Seveso international unter Beschuss», erinnert sich Kummer.
Als Exekutivsekretärin ist Katharina Kummer direkt dem Exekutivdirektor des UNO-Umweltprogramms in Genf unterstellt. Oberstes Organ der Basler Konvention ist die Vertragsparteien-Konferenz, die Versammlung der 170 Staaten, welche die Konvention unterschrieben haben.
«Trotz Affinitäten zwischen der Schweiz und dem Sekretariat kann mir die Bundesverwaltung keine Instruktionen geben. Es ist allerdings üblich, dass solch hohe UNO-Positionen einen speziellen Draht haben zu ihrem Heimatland», hält Kummer fest. «Die Schweiz kann ihre Anliegen über mich einspeisen.»
Abfall steht im Schatten der Klimafrage
In ihrer ersten Arbeitswoche managte Kummer gleich eine wichtige Veranstaltung, die Vorbereitungskonferenz für die Vertragsparteien-Konferenz im Juni 2008 in Bali. «Das war relativ heavy. Die Diskussionen steuerten auf eine Blockade zu, da konnte ich einen praktischen Vorschlag machen und etwas zur Deblockierung beitragen.»
In der Öffentlichkeit und auf der politischen Agenda spielt das Thema Abfall eine viel kleinere Rolle als das Klima. «Für Bali kann ich mir ein Fokus-Thema an der Schnittstelle zwischen Abfall und Gesundheit vorstellen. Gesundheit hat einen hohen emotionalen Stellenwert in der Öffentlichkeit.»
In vielen ärmeren Ländern durchwühlen die Leute Müllhalden nach Verwertbarem und setzen damit ihre Gesundheit aufs Spiel. «Da kann ich Zusammenhänge herstellen und Themen einbringen. Sie sehen: Auch hier kann ich Konsulentin sein, aber auf einem höheren und verbindlicheren Niveau.»
Keine fertigen Modelle
Schwerpunkte der Basler Konvention sind auch Partnerschaftsprogramme für Länder, die ihr Abfall-Problem weitgehend nicht gelöst haben. In Europa bezahlen die Konsumenten für Elektronik-Produkte beim Kauf eine Entsorgungsgebühr.
In China sei dieses für eine Überflussgesellschaft typische Modell nicht anwendbar, bemerkt Kummer. «Dort werden Handy mehrere Male wieder verwertet. Strassenhändler leben vom Handel mit dem Material.» Am Schluss lande es dennoch, meist unkontrolliert, als Elektroschrott auf der Müllhalde.
Jetzt gehe es darum, auch für diese Länder Systeme zur sicheren Entsorgung zu entwickeln. «Fertige Modelle gibt es noch keine. Unser Sekretariat hat hier eine beratende Aufgabe.»
swissinfo, Andreas Keiser, Genf
1989 war die Schweiz Gastgeberland der diplomatischen Konferenz, an der das «Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung» verabschiedet wurde.
Die Basler Konvention war eine Reaktion auf verschiedene Skandale um illegale Sondermüllentsorgung in den 1980er-Jahren, namentlich der Seveso-Giftfässer.
Die Schweiz hat dieses UNO-Abkommen massgeblich mitgestaltet.
Es strebt weltweit die Reduktion von Sonderabfällen und die umweltgerechte Behandlung und Entsorgung solcher Abfälle an.
Die Verseuchung von Wasser und Böden sowie die Gefährdung der menschlichen Gesundheit sollen damit verhindert werden.
Die Basler Konvention entspricht den Grundsätzen der schweizerischen Abfallpolitik.
Mittlerweile haben 170 Staaten die Konvention ratifiziert.
1966-1979 Schulen in Covington (USA), Awash (Äthiopien), Langnau am Albis (Schweiz). Matura A an der Kantonsschule Wiedikon, Zürich.
1979-1984 Studien (Rechts- und Politwissenschaften) in Zürich.
1990-1993 Dissertation in London.
1985-1988 Assistenz an der Uni Zürich und Tätigkeit am Bezirksgericht Horgen.
1988-1990 Konsulentin beim UNO Umweltprogramm in Nairobi. Arbeitet mit Unterstützung der Schweiz am Entwurf der Basler Konvention.
1994-1997 Programmverantwortliche beim Bundesamt für Umwelt in Bern.
1997-1999 Chefin der Abteilung Umwelzschutz der Politischen Abteilung V beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten.
1999-2007 Dozentin an der Universität Bern und Inhaberin des Beratungsbüros Kummer EccoKonsult.
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