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Erleichterte Einbürgerung umstritten

Mit einem "Ja" am 26. September würde ihnen die Einbürgerung leichter gemacht. swissinfo C Helmle

Jungen Ausländerinnen und Ausländern der zweiten Generation soll die Einbürgerung erleichtert werden. Wichtigstes Kriterium: Mindestens 5 Jahre obligatorische Schulzeit in der Schweiz.

Dagegen wehrt sich die Schweizerische Volkspartei (SVP). Sie steht den linken und bürgerlichen Parteien gegenüber.

Rund 1,5 Millionen Ausländerinnen und Ausländer leben heute in der Schweiz, was ungefähr 20,5% der Bevölkerung entspricht. Rund drei Viertel von ihnen sind hier geboren oder leben seit über acht Jahren in der Schweiz.

Kompliziertes Verfahren

Wer sich heute in der Schweiz einbürgern lassen will, muss sich auf einen langen Instanzenweg begeben und je nach Wohnort viel bezahlen. Vor allem Junge, die hier geboren oder aufgewachsen sind, empfinden solche Bedingungen als stossend.

Dies wollen der Bundesrat und eine Mehrheit des Parlamentes nun ändern. Mit einer Verfassungsänderung sollen die Bedingungen für eine Einbürgerung gelockert werden.

14 der 26 Schweizer Kantone kennen bereits Erleichterungen bei der Einbürgerung und haben laut dem Bundesrat gute Erfahrungen damit gemacht. Die Vorlage ist nach 1983 und 1994 bereits der dritte Anlauf zur erleichterten Einbürgerung hier aufgewachsener ausländischer Jugendlicher. Die Vorlage von 1994 scheiterte am Ständemehr.

Einheitliche Regelung und Bedingungen

Konkret sieht die Verfassungsänderung vor, eine in der ganzen Schweiz einheitliche Regelung zu schaffen. Jugendlichen Ausländerinnen und Ausländern zwischen 14 und 24 Jahren soll die Einbürgerung erleichtert werden, wenn sie mindestens fünf Jahre ihrer obligatorischen Schulzeit in der Schweiz absolviert haben.

Ausserdem müssen sie im Besitz einer Aufenthalts- oder Niederlassungs-Bewilligung sein und mindestens zwei Jahre in der Einbürgerungsgemeinde gelebt haben.

Zudem soll die Person mit unseren Lebensverhältnissen und einer Landessprache vertraut sein, die schweizerische Rechtsordnung beachten, und sie darf «die innere und äussere Sicherheit der Schweiz» nicht gefährden.

Die Ungleichheiten zwischen den Verfahren in den Kantonen sollen ausgeglichen und die eidgenössische Wohnsitzfrist von zwölf auf acht Jahre herabgesetzt werden.

Für Erwachsene der zweiten Generation, die über 24 Jahre alt sind, und für Zugewanderte der ersten Generation soll weiterhin ein kantonales und kommunales Einbürgerungsverfahren gelten.

Pro und Kontra

Die erleichterte Einbürgerung wird von linken und bürgerlichen Parteien unterstützt. Dagegen kämpfen die rechtsbürgerlichen Parteien im Parlament.

«Es geht uns darum, die hier lebenden Jugendlichen und Kinder in das schweizerische Leben einzubeziehen», betont Nationalrätin Vreni Hubmann von der Sozialdemokratischen Partei (SP) gegenüber swissinfo.

Für die Gegner, allen voran die Schweizerische Volkspartei (SVP), ist die Vorlage eine Verschleuderung des Bürgerrechts. «Man soll es den Leuten nicht allzu leicht machen. Man soll ihnen quasi nicht den Schweizer Pass nachwerfen», sagt SVP-Nationalrat Hans Fehr, Geschäftsführer der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS).

Statistik-Beschönigung?

Ein weiterer Kritikpunkt der Gegner ist die Statistik: «Sie wollen den sehr hohen Ausländeranteil in der Schweiz von über 20 Prozent statistisch nach unten drücken, damit man wieder die Türen öffnen kann für weitere Ausländer», so Fehr.

Dies sei nicht der Fall, kontert Hubmann. Diese jungen Menschen gehörten zu uns, sie seien nur auf dem Papier nicht Schweizer. «Dazu kommt, dass unsere Wirtschaft und die Sozialversicherungen dringend angewiesen sind auf junge Leute.» Und: «Niemand wird zur Einbürgerung gezwungen.»

Bei einem Ja will Fehr mit seiner Partei das Referendum gegen die dazu gehörenden Gesetzesänderungen ergreifen.

Da es sich bei der Vorlage um eine Verfassungsänderung handelt, sind am 26. September 2004 das Volks- und das Ständemehr ausschlaggebend.

swissinfo, Christian Raaflaub

Ständige Wohnbevölkerung der Schweiz (Ende März 2004): 7’383’600
Davon Ausländerinnen und Ausländer: 1’518’600
Dies entspricht einem Anteil von 20,5% der Gesamtbevölkerung

Von der erleichterten Einbürgerung profitieren könnten laut Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (IMES) knapp 117’000 Personen. Rund die Hälfte könnte sich dafür interessieren.

Pro Jahr würde das zu 2500 bis 5000 erleichterten Einbürgerungen von Jugendlichen führen.

Im Bereich der ordentlichen Einbürgerung rechnet das IMES ebenfalls mit 2500 bis 5000 Einbürgerungen pro Jahr, weil Wohnsitzfristen verkürzt und Kosten gesenkt werden.

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