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Laurent Wehrli: «Für Auslandschweizer könnte das Schweizer Bankkonto noch teurer werden»

Laurent Wehrli
Laurent Wehrli ist Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. Katy Romy / SWI swissinfo.ch

E-Voting, Bankbeziehungen, Bundesratswahlen: In unserem Fragebogen "Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus" erklärt FDP-Nationalrat Laurent Wehrli, warum er sich für die Interessen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer einsetzt.

Laurent Wehrli, seit 2015 Abgeordneter der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP / rechts), ist ein gestandener Aussenpolitiker. Er ist Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats und gehört dem Büro der Parlamentarischen Freundschaftsgruppe «Auslandschweizer» an. Der 59-Jährige ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und hat zwei Enkelinnen. Beruflich leitet er ein international tätiges Unternehmen im Eventbereich.

Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus: Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien, die ihren im Ausland lebenden Bürgerinnen und Bürgern Wahlkreise einräumen, haben die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer keine direkte Vertretung unter der Bundeskuppel. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ihre Interessen nicht berücksichtigt werden. Mehr als 60 Mitglieder von National- und Ständerat (von 246) sind in der parlamentarischen Freundschaftsgruppe «Auslandschweizer» versammelt. In jeder Sessionswoche lassen wir einen von ihnen in unserem neuen Format «Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus» zu Wort kommen.

SWI swissinfo.ch: Was war für Sie die Priorität während der Session, die diesen Freitag zu Ende geht?

Laurent Wehrli: Natürlich hatte die Wahl eines neuen Bundesratsmitglieds die Priorität, das gibt es nicht in jeder Session. Es ist auch darum von Bedeutung, weil die Zusammensetzung der Regierung Einfluss auf ihre Stärken und Visionen hat. Der neue Verteidigungsminister der Mitte, Martin Pfister, hat eine sehr persönlich geprägte internationale Offenheit, da seine Frau Brasilianerin ist. Dies ist eine gute Nachricht für die Auslandschweizer, auch wenn sein Rivale Markus Ritter sich ebenfalls offen für die Fünfte Schweiz zeigte.

Haben Sie auch Themen diskutiert, die für die Auslandschweizer besonders wichtig sind?

Wir haben zum Beispiel über die Massnahmen diskutiert, welche die parlamentarische Untersuchungskommission zum Fall der Credit Suisse vorgeschlagen hat, um ein weiteres Bankendebakel zu verhindern. Diese Diskussion könnte sich indirekt auf die Fünfte Schweiz auswirken.

Wenn den Banken mehr Kontrollen auferlegt werden, könnte es für Auslandschweizer schwieriger werden, zu zeigen, dass sie eine weisse Weste haben, wenn sie ein Konto in der Schweiz behalten oder eröffnen wollen. Für im Ausland lebende Personen ist es jedoch wichtig, dass sie Bankverbindungen zu ihrem Heimatland aufrechterhalten können. Wenn ich mit Auslandschweizern zusammenkomme, ist dies eines der Themen, auf die ich am häufigsten angesprochen werde.

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Wie sehen Sie die Schweiz derzeit in der Welt?

Die geopolitische Lage ist erschüttert durch die Abkehr vom Multilateralismus zugunsten unilateraler Beziehungen in einem Klima der Polarisierung. In diesem Kontext muss die Schweiz der Welt weiterhin dienen, indem sie ihre guten Dienste anbietet und sich für das humanitäre Völkerrecht einsetzt, das derzeit in mehreren Konflikten untergraben wird. Diese Rolle der Schweiz wird international anerkannt und genutzt.

Die Eidgenossenschaft hat ihre Neutralität nicht verloren, wie manche behaupten. Sie hat Sanktionen gegen Russland verhängt, das mit seiner Invasion in der Ukraine gegen das Völkerrecht verstossen hat. Trotzdem erkennt Russland an, dass die Schweiz den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE führen kann. Russland hat auch nicht das Schutzmachtmandat gekündigt, das es der Schweiz seit 2009 gibt, um seine Interessen in Georgien zu vertreten.

Sie sind Mitglied des Büros der Parlamentarischen Freundschaftsgruppe «Auslandschweizer». Warum engagieren Sie sich für die Wählerschaft der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer?

Ich tu das nicht, weil ich denke, dass Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer eine Wählerschaft sind, die mir Stimmen bringen könnten. Ich mache es, weil es meine Aufgabe als gewählter Volksvertreter ist, für alle Schweizerinnen und Schweizer zu handeln, unabhängig davon, ob sie im In- oder Ausland leben. Da ich Mitglied der Aussenpolitischen Kommission bin und mich seit vielen Jahren in den internationalen Beziehungen engagiere, finde ich es wichtig, mit den Auslandschweizern in Kontakt zu sein und sie in unseren Diskussionen im Parlament zu vertreten.

Wie sind Sie mit der Auslandschweizergemeinschaft verbunden?

Ich war Universitätsassistent in den USA, aber das ist schon viele Jahre her und nur für kurze Zeit. Ich betrachte mich also nicht als Auslandschweizer. Ich habe zwar Kinder, die im Ausland gelebt haben oder noch leben, aber es ist nicht diese persönliche Verbindung, die mich dazu motiviert, mich für die Diaspora einzusetzen.

Welche Erfolge konnten Sie bei der Verteidigung der Interessen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer erzielen?

Am meisten freut mich, dass es mir gelungen ist, die E-Voting für Auslandschweizer wieder auf den Tisch zu bringen. Als Genf sein Projekt stoppte, geriet das E-Voting ins Stocken, was dazu führte, dass viele Auslandschweizer nicht wählen konnten, weil sie das Stimmmaterial nicht rechtzeitig erhielten.

Bei den eidgenössischen Wahlen 2023 haben sechs Kantone ein E-Voting-System getestet, das sich als gut funktionierend erwiesen hat. Ich bin zuversichtlich, dass bei den eidgenössischen Wahlen 2027 alle Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer dieses System nutzen können.

Ich habe viel Kontakt mit Parlamentsmitgliedern, die gegen E-Voting sind, um ihnen die Notwendigkeit dieser Lösung für die Diaspora zu verdeutlichen. Kürzlich gab einer der Dossierverantwortlichen der SVP, der gegen E-Voting ist, zu, dass er dessen Nutzen für die Auslandschweizer verstehe. Er gestand, dass sich die Position seiner Partei ändern und sie ein E-Voting-System für Bürger im Ausland unterstützen könnte.

Mussten Sie auch Niederlagen einstecken?

Ich hoffe ständig, dass wir Lösungen finden, aber die Frage, ob man ein Bankkonto in der Schweiz behalten darf, ist sehr problematisch. Für viele Auslandschweizer ist dies aufgrund der hohen Gebühren, die die Banken verlangen, unmöglich. Wir haben versucht, PostFinance zu einem Sonderangebot zu zwingen, aber das Parlament hat dies abgelehnt. Wir haben jedoch eine gute Lösung mit den Kantonalbanken von Genf und Zürich.

Wenn Sie auswandern müssten, welches Ziel würden Sie wählen?

Da ich eine Firma in Südafrika habe, wäre das sicherlich ein Ort, an den ich gehen würde. Dies heisst aber nicht, dass ich nicht woanders hingehen möchte. Ich liebe die Welt so sehr und habe viele Freunde und Bekannte in verschiedenen Ländern.

Editiert von Samuel Jaberg; Übertragung aus dem Französischen: Balz Rigendinger

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