Flutopfer: Identifizierung mit DNA-Proben
Über 300 Experten aus 20 Ländern, darunter auch 24 Schweizer, haben begonnen, Proben von Todesopfern der Flutkatastrophe in Thailand zu entnehmen.
Die offizielle Schweiz geht von über 100 Schweizer Todesopfern aus, 23 sind bislang identifiziert.
Die Zahnärzte und Gerichtsmediziner, darunter auch 24 Schweizer, müssen von den teilweise schon verwesten Leichen Zahn- und Fingerabdrücke nehmen. Ausserdem müssen den Toten DNA-Proben aus dem Oberschenkelknochen entnommen werden.
Die Experten arbeiten unter einem teilweise unerträglichen Verwesungsgeruch. Um die Leichen später wiederzufinden, wird ihnen ein elektronischer Chip eingesetzt.
Ein Polizeioffizier auf der Insel Phuket erklärte, die Informationen würden bei der Polizei gebündelt.
Langwieriger Prozess
Allein die Anfertigung der Abdrücke und Proben dürfte sich über Wochen hinziehen. Danach wird es vermutlich noch Monate dauern, bis in den einzelnen Ländern die Daten abgeglichen und die Toten identifiziert sind.
Die Arbeit der Experten konnte erst am Samstag beginnen, da sich die einzelnen Länder erst untereinander und mit den thailändischen Behörden über das Vorgehen einigen mussten.
«Es ist das erste Mal, dass es so viele Opfer aus so vielen Ländern gab», begründete ein französischer Polizist die Verzögerung.
Steigende Schweizer Opferzahlen
Die Behörden in Bern gingen am Samstag von gut 100 Schweizer Todesopfern aus.
Inzwischen sind 16 Tote mit Schweizer Staatsangehörigkeit identifiziert, das sind 3 mehr als am Freitagabend. 13 Personen starben demnach in Thailand, 2 in Sri Lanka, eine in Indien. Für 85 Menschen gibt es praktisch keine Hoffnung mehr.
Die Zahl der gesuchten Personen ist seit Freitag von 700 auf 550 gesunken.
Internet-Such-Site für Angehörige
Thailand hat für die Suche nach Angehörigen unter den Opfern der Flutwellen im Indischen Ozean eine Internetseite eingerichtet. (siehe Linkverzeichnis rechts). Dort sollen alle zu Toten und Verletzten vorhandenen Daten veröffentlicht werden. Die Seite soll zunächst in sieben Sprachen angeboten werden.
Programmierer und Internet-Entwickler haben damit begonnen, die zur Verfügung stehenden Daten auf der Seite zu veröffentlichen. Sie benutzen dafür Angaben, die von freiwilligen Helfern bei Besuchen in Lazaretten und an den Sammelstellen der Opfer erfragt und auf Formularen eingetragen worden waren.
Auch sollen Fotos von noch nicht identifizierten Leichen veröffentlicht werden, damit möglicherweise Kleidung, Schmuck oder andere persönliche Dinge als Hinweis genutzt werden können. Angehörige sollen auch Vermisstenanzeigen auf der Seite einstellen können.
Keine persönliche Suche
Thailand rief Freunde und Angehörige von Opfern zugleich dazu auf, auf eine persönliche Suche in den verwüsteten Küstengebieten des Landes zu verzichten.
«Bitte sagen Sie allen ihren Freunden, dass sie nicht kommen sollen», forderte die Touristenpolizei von Phuket per Durchsage die Menschen auf, die sich in einem Hilfszentrum versammelt hatten.
«Man kann die Leichen nicht mehr erkennen. Bedenken Sie, dass die Fotos nicht mit den toten Körpern übereinstimmen.» Verwandte sollten vielmehr Proben ihrer DNA an Gerichtsmediziner in ihren Heimatorten weitergeben, damit sie dort ausgewertet und dann mit den Daten der Flut-Opfer verglichen werden können, sagte ein Polizeisprecher.
Keine restlose Klärung
Nach neusten Schätzungen der Vereinten Nationen kamen bei der Flutkatastrophe bis zu 150’000 Menschen ums Leben.
Wahrscheinlich werde nie geklärt werden können, wie viele Menschen tatsächlich starben, sagte der UNO-Krisenkoordinator in New York. Viele Fischer und Dörfer seien ganz einfach verschwunden, und man werde nie herausfinden, wie viele es waren.
swissinfo und Agenturen
Die Zahl der registrierten Todesopfer nach der verheerenden Flutwelle in Asien ist bis Samstag auf mehr als 123’000 gestiegen. Tausende Menschen werden weiterhin vermisst.
Die amtlich veröffentlichten Zahlen von Todesopfern nach Ländern:
Indonesien: 80’246
Sri Lanka: 28’729
Indien: 8942
Thailand: 4812
Somalia: 200
Birma: 90
Malediven: 73
Malaysia: 66
Tansania: 10
Bangladesch: 2
Kenia: 1
Die internationale Staatengemeinschaft hat 1,6 Mrd. Dollar Hilfsgelder zugesichert, gut ein Drittel davon Japan.
Die offizielle Schweiz beteiligt sich mit 25 Mio. Franken.
Aussenministerin Micheline Calmy-Rey ist zu einem Besuch des Krisengebietes in Thailand aufgebrochen.
Auf Einladung der UNO findet am 11. Januar in Genf eine Koordinationskonferenz der Geberländer statt. Die Schweiz wird sich daran beteiligen.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch