Fragwürdiges oder vorbildliches Abspecken?
Der Schweizer Justizminister Christoph Blocher will in seinem Departement zusätzliche Stellen streichen und damit 13 Mio. Franken pro Jahr einsparen.
Die Gewerkschaften reagieren erzürnt, die Schweizerische Volkspartei (SVP) nennt das Vorgehen vorbildlich.
Die Schweizer Bundesverwaltung wird verkleinert. Insgesamt verschwinden von den 38’000 Bundesstellen in den nächsten Jahren rund 4000. Grund sind die beiden Entlastungsprogramme (2003 und 2004), die Aufgabenverzichts-Planung und ein Abbau im Militärdepartement.
Allein mit dem neusten Entlastungsprogramm 2004 wollen Bund und Parlament im Bereich des Bundespersonals rund 150 Millionen Franken einsparen. Der Stellenabbau soll dabei linear über alle Departemente durchgeführt werden.
Blocher spart auf eigene Faust
Nun will der Justizminister und frühere Unternehmer Christoph Blocher in seinem Departement eine zusätzliche Sparübung durchziehen. Von 585 überprüften Stellen erachtet er 116 (rund 20%) als überflüssig. 53 Betroffenen steht im schlimmsten Fall die Kündigung bevor.
Betroffen sind die so genannten zentralen Dienste wie Personal-Administration, Finanzen, Stabsdienste, Sekretariate, Informatik und Pressearbeit. Die Entlassungswelle soll mit verschiedenen Massnahmen abgefedert werden: vakante Stellen werden gestrichen, einige Leute erreichen das Pensionsalter oder befristete Verträge werden nicht erneuert.
Ball bei Bundesrat Merz
Allerdings muss dieser Abbau noch durch Bundesrat Hans-Rudolf Merz, den obersten Personalchef des Bundes, abgesegnet werden. Der Vorsteher des Finanzdepartements wird «die Unterlagen des EJPD noch im Einzelnen studieren und genau analysieren», wie er letzte Woche betonte.
Sein Sprecher Dieter Leutwyler gibt allerdings zu bedenken: «Mit dem Entlastungsprogramm, der Aufgabenverzichts-Planung und der Verwaltungsreform werden bereits mehrere Tausend Stellen abgebaut.»
Darum werde langsam «eine Grenze erreicht, wo weitere Massnahmen nicht mehr möglich sind», sagte er gegenüber swissinfo.
Allerdings sei es Recht und Pflicht jedes Departementchefs, zu prüfen, ob er nicht mit weniger Leuten auskommen könne, «und das hat Herr Blocher gemacht».
Wann genau die Prüfung durch das Finanzdepartement abgeschlossen sein wird, konnte Leutwyler nicht sagen.
Wird EJPD zu schlank?
Die Kommentatoren der Schweizer Zeitungen waren sich einig: Der Verwaltungsapparat trägt zum Teil immer noch etwas zu viel Fett mit, wie beispielsweise Doppelspurigkeiten in der Informatik. Gerade im Justizdepartement gebe es noch einiges wegzuschneiden.
Die Gefahr bestehe jedoch, dass der frühere Unternehmer Blocher plötzlich auch Fleisch wegschneide und damit seinen Apparat zu schlank trimme.
Geharnischte Reaktionen
Linke Parteien und Gewerkschaften allerdings sehen schon jetzt ein geschwächtes Justizdepartement und einen Staatsabbau. So kritisiert die Sozialdemokratische Partei (SP), dass keine Verhandlungen mit Personalvertretungen stattgefunden hätten.
Blocher spiele ein perfides Spiel, sagt die SP: «Die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit dem Staat soll gefördert werden – um in der Folge den Staat noch weniger handlungsfähig zu machen.»
Die christliche Gewerkschaft transfair reagierte ähnlich ungehalten. Blocher ignoriere sämtliche bisherigen Sparbeschlüsse zu Lasten des Personals und missachte «bewusst und kaltblütig den mit den Sozialpartnern beschlossenen sozialverträglichen Ab- und Umbau».
SVP: Vorbildlich
Ganz anders die Reaktion der SVP: Das Beispiel des EJPD zeige, «dass in der Bundesverwaltung noch viel Sparpotenzial vorhanden ist». Es gelte jetzt, das restliche Departement zu reorganisieren. Doch auch die anderen Departemente seien gefordert.
Die SVP fordert daher, dass die anderen Bundesräte «bis Ende Jahr ebenfalls konkrete Schritte zur Senkung der Kosten im Personalbereich» vornehmen sollen.
swissinfo, Christian Raaflaub
116 Stellen in den zentralen Diensten des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) sollen zusätzlich abgebaut werden.
53 Personen droht die Entlassung.
Die Reorganisation soll jährlich 13 Mio. Fr. einsparen.
Bis 2008 werden im EJPD insgesamt 406 von 2120 Stellen gestrichen.
Bundesrat Christoph Blocher, Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), will in seinem Departement zusätzliche Stellen streichen und 13 Mio. Franken einsparen.
Dies, obwohl im Rahmen des Entlastungsprogramms 2004 beim Bundespersonal während drei Jahren bereits 150 Mio. Fr. eingespart werden.
Für seine zusätzlichen Sparpläne erntete er harsche Kritik, aber auch Zuspruch von seiner Partei, der Schweizerischen Volkspartei (SVP).
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