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Franz Weber: 80 Jahre und voller Kampfeslust

1979: Franz Weber protestiert auf dem Packeis gegen die Abschlachtung von Robbenbabies. Keystone

Ob mit Brigitte Bardot gegen das Abschlachten von Robben in Kanada oder beim Einsatz für die Aufnahme des Lavaux ins UNESCO-Welterbe - Franz Weber ist immer für Schlagzeilen gut.

Am 27. Juli wird der umtriebige Tier- und Umweltschützer 80 Jahre alt, doch an Pensionierung denkt er noch nicht.

«Wir müssen unserer Jugend, unseren Nachfahren etwas hinterlassen», begründete Franz Weber kürzlich im Radio sein Engagement für die Umwelt. Er sieht sich nicht als Fanatiker: «Nein, ich bin von der Sache überzeugt, ich kämpfe für die Natur, für immaterielle Werte». Er scheut dabei auch nicht vor drastischen Worten zurück.

In der Schweiz nutzte Weber als einer der ersten Umweltschützer intensiv die Möglichkeiten der direkten Demokratie. So lancierte er in seinem Kampf gegen Überbauung und Übernutzung zwischen 1973 und 2006 ein Dutzend eidgenössische Volksinitiativen. Das ist ein Rekord!

Seine Umwelt-Anliegen sind breit gefächert. Sie betreffen den Landschafts- und Dorfkernschutz, den Kampf gegen Strassenbau und Fluglärm, die Rettung der Wälder sowie den Schutz der Tiere. So sind im Lauf der Jahre zu den 12 eidgenössischen noch 15 kantonale Initiativen gekommen – ein weiterer Rekord.

Die Grundlage für seine direktdemokratischen Aktivitäten ist die Datenbank seiner Organisation «Helvetia Nostra». Diese zählt rund 200’000 Adressen.

Einzelkämpfer

«Franz Weber hat immer präzise Projekte durchgeführt und gleichzeitig eine ganzheitliche Philosophie verfolgt», sagt Philippe Roch, der ehemalige Chef des BUWAL, des heutigen Bundesamts für Umwelt (BAFU), gegenüber swissinfo.

«Ich selbst habe immer mit Organisationen zusammengearbeitet, weil ich finde, dass wir Organisationen brauchen, eine Zusammenarbeit der Leute. Aber wir brauchen auch Persönlichkeiten, die freier sind, wie Franz Weber», sagt Roch weiter.

«Franz Weber ist ein ausserordentlicher Mensch, der auch aneckt, weil er direkt aufs Ziel zusteuert und nicht lange um den heissen Brei herumredet», sagt Richard Patthey, stellvertretender Direktor der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. «Und das macht ihn halt bei Politikern nicht besonders beliebt.»

Weber selbst sieht sich eher als Katalysator: «Ich kann Leute mitreissen.»

Der ehemalige WWF-Geschäftsführer und alt Nationalrat Roland Wiederkehr bewertet Webers Einzelkämpfertum ein wenig kritischer: «Sein Problem ist, dass er nicht teilen kann, positiv ausgedrückt, er ist eine Führernatur, ein Alphatier.»

Denn gerade bei Teamarbeit müsse man jene, die mitgeholfen haben, auch nennen. Und genau dies sei für Weber nicht so einfach. «Deshalb ist es für ihn wahrscheinlich auch schwieriger, mit Männern zu arbeiten als mit Frauen, welche ihn als Guru betrachten und denen es dann nichts ausmacht, wenn sie nicht erwähnt werden.»

Wie weiter?

Obwohl der Kämpfer Franz Weber des Kämpfens noch nicht müde ist, muss er sich als 80-Jähriger doch mit einer Nachfolgeregelung beschäftigen. Er ist überzeugt, dass sein Lebenswerk von seiner Frau und seiner Tochter weitergeführt wird.

Philippe Roch meint, die Bewegung werde sich verändern, das sei klar. «Weber ist Weber und niemand anders kann Weber sein.»

Und Roland Wiederkehr ist der Ansicht, dass gerade kraftvolle Typen wie Franz Weber oder Pfarrer Sieber es verpassen, ihre Nachfolge zu regeln. «Ich glaube aber, was geschaffen worden ist, wird von seiner Tochter weitergezogen. Zusätzlich Neues zu schaffen, dürfte jedoch schwieriger werden.»

Aufgeben? – Keine Zeit!

Ans Aufgeben denkt Franz Weber nicht: «Ich habe keine Zeit, aufzugeben. Ich muss so lange hüpfen, bis mir der Schnauf ausgeht», sagte er kürzlich.

Seinen 80. Geburtstag feiert er im Berner Oberland, im historischen Hotel Giessbach bei Brienz, das er in den 80er Jahren mit der Stiftung «Giessbach dem Schweizer Volk» vor dem Abbruch bewahrt und zu neuem Glanz verholfen hat.

swissinfo, Etienne Strebel

Franz Weber wollte nach dem 2. Weltkrieg in Paris Schriftsteller werden, verdiente sein Geld jedoch als Zeitungskorrespondent. Seine Medienkenntnisse halfen ihm später beim Vertreten seiner Umwelt-Anliegen.

In Surlej am Silvaplanersee im bündnerischen Engadin begann Mitte der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts Franz Webers Kampf gegen Landschaftsverschandelung und die Dezimierung von Tieren.

Seine Fondation Franz Weber (FFW) ist weltweit zum Schutz der Natur und der Tierwelt aktiv.

– Initiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!»

– Initiative «Gegen masslosen Bau umwelt- und landschaftsbelastender Anlagen»

– Initiative «Gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten»

– Initiative «Rettet den Schweizer Wald»

– Aufnahme des Lavaux am Genfersee ins Weltkulturerbe

– Demokratie im Nationalstrassenbau

-«Giessbach dem Schweizer Volk»

– Gegen die Abschlachtung von Robben in Kanada (gemeinsam mit Schauspielerin Brigitte Bardot)

– Hügeldorf les Beaux de Provence

– Internationaler Gerichtshof für Tierrechte in Genf (nach dem Muster der Vereinten Nationen)

– Renaissance-Städtchen Asolo in Italien

– Wildpferde in Australien

– Internationale Initiative «Hände weg vom Elfenbein!»

– Die FFW unterhält auch zwei grosse Wildreservate in Australien und Afrika.

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