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Frauen protestieren gegen die «Patriarchen»

Gegen 15'000 Personen wandten sich in Bern gegen die Art der Bundesratswahl vom Mittwoch. Keystone

Frauen aus der ganzen Schweiz sind am Samstagnachmittag in einer nationalen Demo mit Transparenten und Trillerpfeifen durch Bern gezogen.

Die gegen 15’000 Anwesenden protestierten lautstark «Gegen die Patriarchen im Bundesrat.»

Nicht nur junge und linke Frauen standen dicht gedrängt auf dem Waisenhausplatz; es waren auch erstaunlich viele bürgerliche Frauen und Männer unter den Demonstrierenden auszumachen.

Drei Tage nach dem Rechtsrutsch in der Landesregierung strömten am Samstagnachmittag rund 15’000 Personen auf den Berner Waisenhausplatz. Sie waren dem Aufruf von 30 Frauenorganisationen, Sozialdemokraten, Grünen und Gewerkschaften gefolgt.

Mit einen Pfeifkonzert und Buhrufen setzte sich die Kundgebung gegen 14.45 Uhr in Richtung Bundeshaus in Bewegung. Von dort ging es stadtabwärts zum Rathaus und zurück auf den Waisenhausplatz.

«Frauen sind wütend, uns reicht’s» lautete der Tenor auf den Transparenten. «Blocher, Non Merzi» umschrieb eine andere Frau ihren Frust über die Abwahl einer Bundesrätin und die Nichtwahl einer weiteren Frau.

Bei der Bundesratswahl vom vergangenen Mittwoch wurde CVP-Justizministerin Ruth Metzler abgewählt und an ihre Stelle SVP-Nationalrat Christoph Blocher gewählt.

Bei der Ersatzwahl für den abtretenden FDP-Finanzminister Kaspar Villiger unterlag auch die zur Wahl vorgeschlagene Christine Beerli gegen ihren männlichen Mitkonkurrenten Hans-Rudolf Merz.

Druck der Strasse

Bereits vor zehn Jahren seien die konservativen Männer nach dem gleichen Muster verfahren, und erst der Druck der Strasse habe die Wahl von Ruth Dreifuss (SP) in den Bundesrat ermöglicht. «Heute sind wir in unserem Land keinen Schritt weiter», hiess es in der Einladung zur Protestkundgebung.

«Am 10. Dezember hat die politische Schweiz eine historische Chance verpasst», sagte Ursula Angst-Vonwiller im Namen der Präsidentinnen aller Frauendachverbände der Schweiz. Drei Bundesrätinnen wären möglich gewesen, und endlich hätte ein Stück tatsächlicher Gleichstellung erreicht werden können.

Am vergangenen Mittwoch sei die Rechte durchmarschiert, bedauerte die Berner SP-Nationalrätin Ruth-Gaby-Vermot in ihrer Ansprache. Damit sei das hässliche Geschwisterpaar von Rechtspopulismus und Frauenfeindlichkeit installiert worden.

Die grüne Berner Nationalrätin Franziska Teuscher forderte von den sechs Bundesräten nun vermehrt Frauensolidarität und den Tatbeweis, dass sie es mit der Gleichstellung ernst meinten.

Bürgerliche gegen Gleichstellungsbüros

«Gleichberechtigung ist selbstverständlich. Dazu braucht es keine Fachstelle und keine Kommission. Es ist Zeit, sie abzuschaffen.»

Das sagte zum Beispiel Mitte Oktober der Baselbieter SVP-Landrat und Nationalratskandidat Jörg Krähenbühl. In einer Motion seiner Partei fordert er vom Regierungsrat, die kantonale Fachstelle und die Kommission für Gleichstellung von Frau und Mann abzuschaffen.

Wie im Kanton Baselland bläst der kalte Wind den Gleichstellungsbüros derzeit auch andernorts entgegen. Politische Vorstösse, die Büros ganz zu schliessen, gab es in letzter Zeit auch in den Kantonen Bern, Graubünden und Wallis.

Im Aargau überlegt sich die SVP, im Rahmen des Sparprogramms die Schliessung zu fordern. Im Wallis hat das Kantonsparlament kürzlich einen Abschaffungsantrag des SVP abgelehnt.

Und im Kanton Graubünden entschied das Parlament im Sommer, statt der Fachstelle nur die Begleitkommission aufzuheben.

Auch in Bern bleibt die kantonale Fachstelle zwar bestehen, muss aber mit einem empfindlichen Personal- und Budgetabbau auskommen. Die Zeichen weisen in der Schweiz klar Richtung Abbau und nicht Ausbau dieser Institutionen.

Frauen sollen wählen gehen

Eine interessante Forderung schickten die Stadträtinnen von Zürich im Februar 2002 in alle Haushalte.

In der «Wahlholz-Post» schrieben Kathrin Martelli, Esther Maurer, Monika Stocker und Monika Weber – die sich alle zu Wiederwahl in den Gemeinderat stellten – den Frauen:

«Auf alle Fälle wählen gehen, nur so kann der Frauenanteil in den Räten verbessert werden. Wer nicht wählt, unterstützt die herrschende Mehrheit».

swissinfo, Agenturen, Urs Maurer

In der Schweiz gab es 2001: 3,712 Mio. Frauen und 3,549 Mio. Männer (Statistisches Jahrbuch der Schweiz, 2003).

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