Fünfte Schweiz bald mit eigenem Gesetz
Am 18. Dezember beschäftigt sich der Nationalrat mit der Finanzierung der Auslandschweizer-Institutionen. Dem vorausgegangen ist die vom Parlament beschlossene Einsparung einer halben Million Franken bei der Schweizer Revue.
Zur Zeit existieren in der schweizerischen Gesetzgebung zwei unmittelbar auf der Verfassung basierende Verordnungen zur Finanzierung der Auslandschweizer-Institutionen.
Eine Verordnung von 2003 befasst sich mit der «finanziellen Unterstützung der Auslandschweizer-Institutionen», eine zweite mit der «finanziellen Hilfe an vorübergehend im Ausland weilenden Schweizer Staatsangehörigen».
Dieses geltende Recht hat sich bisher bewährt: Die Verordnungen wurden deshalb bereits mehrere Male verlängert. Rechtlich gesehen ist dies jedoch nicht befriedigend.
Da sich die von den Erlässen vorgesehenen Leistungen direkt auf die Bundesverfassung stützen, müssten sie in eine formell-gesetzliche Grundlage überführt werden, damit sie unbefristet gelten können.
2007 hat deshalb der Bundesrat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) beauftragt, eine solche gesetzliche Grundlage zu schaffen.
Die beiden Revisionen sind in einen «Mantelerlass» zusammen gefasst («Bundesgesetz über die Schaffung gesetzlicher Grundlagen von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland»). Der Nationalrat wird sich am Donnerstag damit befassen.
Daueraufgaben
In seiner Botschaft zu diesem Bundesgesetz unterstreicht der Bundesrat, dass die Institutionen, die sich mit der Fünften Schweiz befassen – die Auslandschweizer-Organisation (ASO), die Auslandschweizer-Schulen, die Stiftung für junge Auslandschweizer oder die Schweizer Revue – eine wichtige Rolle spielen.
Und zwar sowohl im Bereich der Beziehungen zwischen der Heimat und den Auslandschweizern als auch beim Ausüben der politischen Rechte in der Schweiz (Stimmen, Wählen).
Auch die kurzfristige Unterstützung von Schweizerinnen und Schweizern, die sich vorübergehend im Ausland aufhalten, erweise sich als Daueraufgabe: «Das Bedürfnis nach Hilfe besteht auch in der heutigen Zeit und trotz der heutigen technischen Möglichkeiten der Kommunikation und des Geldtransfers weiterhin.»
Solid und langfristig
«Der positive Aspekt dieses Gesetzes ist, dass eine legale Grundlage für die Finanzierung jener Aktivitäten festgelegt wird, die mit der Fünften Schweiz verbunden sind, und zwar auf einer soliden und langfristigen Basis», sagt ASO-Präsident Jacques-Simon Eggly gegenüber swissinfo.
Was die Zukunft betrifft, «wünschen wir uns die Ausarbeitung eines spezifischen Gesetzes für die Fünfte Schweiz», so Eggly im weiteren.
Abstrich an der Schweizer Revue
Zur Zeit jedoch, so Eggly, gelte die grösste Sorge der ASO den Budget-Abstrichen an der Schweizer Revue. Auf einen Vorschlag des EDA hin sei das Budget der Revue, das 1,83 Millionen beträgt, um 500’000 Franken gestrichen worden. Das Parlament hat diese Einsparung in der Debatte zum Voranschlag 2009 gutgeheissen.
Der Chef des Auslandschweizerdienstes des Bundes, Botschafter Markus Börlin, hatte letzten August am Jahreskongress der Auslandschweizer in Freiburg bestätigt, dass grosse Kostenanteile bei der Revue auf Druck und Versand in der ganzen Welt entfallen.
Laut EDA könne dieser Budgetabstrich aber durch eine Verbesserung des elektronischen Versands dieser Publikation erreicht werden.
Dies hätte ausserdem zur Folge, so Börlin, dass die Revue auch ein jüngeres Publikum erreiche. Dies zu einem Zeitpunkt, wo der Anteil an jungen Studierenden und Professionellen innerhalb der Auslandschweizer zunehme. Schweizer also, die mit den modernen Informationsmitteln bestens vertraut seien.
4 statt 6 Ausgaben
Die elektronische Verteilung der Publikation würde zudem den Nachteil der langsamen postalen Versendung wettmachen. Damit könnten Informationen viel schneller aktualisiert werden. Der Nachteil, von bestimmten fixen Publikationsdaten eines traditionellen Mediums abhängig zu sein, fiele ebenfalls weg.
Dieser Meinung kann sich Eggly in keiner Weise anschliessen: «Mit diesem Abstrich bei den Ressourcen wird es kaum noch möglich sein, die gleiche Qualität der Leistung zu garantieren, indem man einfach den Inhalt aufs Internet lädt.» Die ASO sei deshalb gezwungen, so ihr Präsident, ihren Informations-Service zu reduzieren, und wahrscheinlich die Ausgaben der Revue von 6 auf 4 Ausgaben pro Jahr herunterzufahren.
Laut dem ASO-Präsidenten «ist es paradox, die Investitionen ausgerechnet zu dem Zeitpunkt zu reduzieren, wo die Anzahl Schweizer im Ausland zunimmt».
swissinfo, Andrea Clementi
(Übertragung aus dem Italienischen: Alexander Künzle)
2007 richtete das EDA, gestützt auf die Verordnung, insgesamt 3,172 Mio. Franken aus. Davon entfielen:
ein Grundbeitrag von 920’000 Franken an die Auslandschweizer-Organisation ASO
1’785’300 Fr. an die Schweizer Revue
150’500 Fr. an den ASO-Jugenddienst
114’000 Fr. an die Stiftung für junge Auslandschweizer
120’000 Fr. an das Komitee für Schweizerschulen im Ausland
13’000 Fr. an den Schweizer Verein im Fürstentum Liechtenstein
70’000 Fr. an Schweizerische Hilfsgesellschaften im Ausland
Ende 2007 lebten 668’107 Schweizer im Ausland, 3,6% mehr als im Vorjahr.
60,3% leben in der EU (also über 400’000): Am meisten in Frankreich, Deutschland, Italien, Grossbritannien, Spanien und Österreich.
Ausserhalb Europas befinden sich die meisten Schweizer in den USA, Kanada, Australien, Argentinien, Brasilien, Israel und Südafrika.
Fast 120’000 waren in den Stimmregistern ihrer Heimatgemeinden registriert. Ihr Stimmenpotential würde demnach vergleichsweise der Grösse von Basel Stadt entsprechen.
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