Für die UNO in Krisengebieten
UNO-Militärbeobachter sind auf heikler Mission. Stationiert in Krisengebieten, überwachen sie fragile Waffenstillstands-Abkommen. Auch die Schweiz stellt UNO-Militärbeobachter. 19 an der Zahl, 10 davon im Nahen Osten - eine Region, für welche sich auch Osama bin Laden plötzlich interessiert.
«Weder Amerika noch die Menschen, die dort leben, werden von Sicherheit träumen, bevor wir diese in Palästina leben (…).» Osama bin Laden sprach im arabischen Fernseh-Kanal Al Dschasira Klartext: Ein Palästina ist das Ziel, ein eigener Staat. Über das «Wie» äussert sich der mutmassliche Drahtzieher der Attentate von New York nicht.
Stefan Fahrländer fliegt Anfang November in den Nahen Osten. Geplant ist ein Einsatz für die UNO im Südlibanon. Vom Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ist er nicht direkt betroffen, doch wird er 12 Monate in dessen Umfeld tätig sein.
«Klar mache ich mir Gedanken, auch Sorgen. Aber ich habe mich für einen Einsatz in einem Krisengebiet gemeldet und da kann man nicht nur hingehen, wenn es im übertragenen Sinne schönes Wetter, wenn die Situation weniger angespannt ist.»
Der Militärbeobachter in spe ist sich bewusst, dass die Situation im Moment schwieriger ist als auch schon. Doch sei sie von der Schweiz aus schwierig zu beurteilen. Kommt hinzu, dass die UNO die Lage ständig überprüft und die Sicherheitsvorkehrungen anpasst. Deshalb ist Stefan Fahrländer zuversichtlich und freut sich auf seinen Einsatz. Schliesslich ist es schon lange sein Traum, im Ausland einen sinnvollen Einsatz zu absolvieren.
Im Gepäck findet sich neben dem blauen Beret und blauen Helm auch die Splitterschutzweste. Der Einsatz sei mit Risiken verbunden, heisst es im Informationsschreiben an interessierte Militärs. In der Kiste reist aber auch ein Kurzwellen-Empfänger mit. Der Kontakt zur Heimat ist wichtig, der Durst nach Informationen gross.
204 Schweizer und 2 Schweizerinnen waren seit 1990 als UNO-Militärbeobachter im Einsatz. Die Anforderungen sind hoch: Sie müssen den Rang eines Hauptmannes oder Major erreicht und eine «gefestigte Persönlichkeit» haben, flexibel, offen, physisch und psychisch belastbar und teamfähig sein. Zudem brauchen sie Einfühlungsvermögen, Verhandlungsgeschick und gute Englischkenntnisse.
Diese Anforderungen werden in einem mehrstufigen Rekrutierungsverfahren geprüft. Absolviert eine interessierte Person die 3-wöchige Ausbildung erfolgreich, steht fest, dass ein einjähriger Einsatz folgt. Die Wartezeit kann bis zu zwei Jahren betragen.
Die Ausbildung zum Militärbeobachter sei intensiv und hochprofessionell, so Fahrländer. Im Schulzimmer lernte er die Konflikte und Regionen wie auch die Arbeits-Abläufe detailliert kennen. Draussen im Gelände wurden verschiedene Situationen nachgestellt und das nicht zimperlich: Nach einem «Überfall» mochte Stefan Fahrländer die blauen Flecken gar nicht zählen.
Einmal vor Ort wird er die Waffenstillstands-Zone überwachen – von permanenten und/oder temporären Beobachtungsposten aus. Wie alle anderen Blaumützen ist er «Augen und Ohren» des UNO-Sicherheitsrates in New York.
Er wird keine Waffe tragen und neben der Überwachungstätigkeit auch Konfliktparteien an einen Tisch bringen, Informationen über Vorfälle sammeln und der vorgesetzten UNO-Stelle melden, was er mit eigenen Augen gesehen hat – und nur das. Und ganz wichtig: Er wird nie Partei nehmen. Politische Unabhängigkeit ist das A und O.
Über 34’000 Menschen sind zur Zeit weltweit im Einsatz für die UNO – sei es als Blauhelme oder als Militärbeobachter. Die 19 Schweizer sind im Nahen Osten (10), in Afrika (Äthiopien/Eritrea (4) und Kongo (1)) und in Kroatien (1) stationiert. In Georgien waren ebenfalls vier Schweizer stationiert. Einer starb jedoch vor wenigen Tagen beim Absturz eines Helikopters.
Rebecca Vermot
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