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Gemeindefusionen – ein umstrittenes Thema

Künftig eine Stadt: Luzern und die Vorortsgemeinde Littau. Keystone

Die Stadt Luzern und die Vorortsgemeinde Littau haben einer Fusion zugestimmt. Im neuenburgischen Val de Travers scheiterte ein Fusions-Projekt an der Urne. Anderswo sind Fusionen in der Diskussion.

Luzern hat die nächste Runde der Gemeindefusionen eingeleitet. Doch die Opposition ist in den Startlöchern.

«Da zeichnet sich ein enormer Wechsel ab. Vielleicht der grösste, den der Kanton in seiner modernen Geschichte kennt», sagt der Kommunikationsbeauftragte der Stadt Luzern, Niklaus Zeier.

Das Projekt «Gross Luzern» sieht Fusionen mit weiteren Agglomerations-Gemeinden vor und würde die Stadt Luzern mit insgesamt 150’000 Einwohnern zur viertgrössten Schweizer Stadt werden lassen.

Luzern will mit einer gewissen Grösse gegenüber den beiden Metropolen Zürich und Basel wieder konkurrenzfähiger werden. «Wir haben wunderschöne Landschaften, aber wirtschaftlich stehen wir mit dem Rücken zur Wand», konstatiert Zeier.

«Wenn wir nichts unternehmen, werden die Jungen weiterhin abwandern und wir kriegen unsere Verkehrsprobleme nicht in den Griff.» Zeier ist überzeugt, dass immer mehr Stimmbürger von der Notwendigkeit einer Bündelung der Kräfte überzeugt sind.

Im Val de Travers hingegen haben die Stimmberechtigten kürzlich eine Gemeindefusion abgelehnt. In den Kantonen St. Gallen, Tessin und Glarus hingegen sind in den vergangenen Monaten Fusionen gutgeheissen worden.

Zankapfel: Steuern

Und in der Region Freiburg sind die Agglomerations-Gemeinden rund um den Hauptort seit Jahren daran, eine engere Zusammenarbeit zu institutionalisieren.

«Dieser Mittelweg braucht wahrscheinlich mehr Zeit und Energie, als Fusionen. Wenn der Wille zur Kooperation nicht sehr stark ist, funktioniert das nicht», stellt Matthias Thoma, Ko-Autor einer Studie zur Zukunft der Region Luzern fest.

Beim Agglomerationsmodell behalten die Gemeinden ihre Steuerhoheit. «Das kann zu Konflikten führen», diagnostiziert Thoma.

Bei der Fusion der umliegenden Gemeinden mit Lugano oder auch von Littau mit Luzern hingegen werden die Steuersätze harmonisiert. Konkret kann Littau seine Steuern senken, Luzern kommt zu Bauland.

Grünzonen nicht opfern

Luzern hat als Kernstadt tiefere Steuersätze als die umliegenden Gemeinden, selbst als das Steuerparadies Meggen. Das ist für Schweizer Städte allerdings nicht typisch.

Bis 2016 sind auch Fusionen von Kriens, Horw, Adligenswil, Ebikon und Emmen mit Luzern geplant. Die von bürgerlichen Politikern angeführten Gegenkomitees führen steuerpolitische Argumente gegen das Projekt ins Feld.

«Wir wollen unabhängig bleiben und unsere Grünzonen nicht den Bedürfnissen der Städter opfern», kritisiert Oskar Kaeslin, ehemaliger Gemeinderat von Horw.

Kaeslin hat kürzlich ein gegnerisches Komitee gegen die Fusion mit Luzern gegründet. «Wir hoffen auf eine möglichst baldige Volksabstimmung über die grundsätzliche Frage einer Fusion.»

Kredit über 150 Millionen

Zeier kontert die Kritik von Kaeslin. «Diese Gemeinden haben sich entwickelt dank den Einwohnern von Luzern, die dort gebaut haben, wo es Land hatte.»

Und eine Volksabstimmung über den Grundsatz von Fusionen hält Zeier für gefährlich. «Wenn die Bürgerinnen und Bürger abstimmen müssen, bevor die konkreten Projekte ausgearbeitet sind, werden sie den Hang haben, Nein zu stimmen.»

Der Kanton Luzern hat mit den betroffenen Gemeinden bereits eingehende Gespräche geführt. «Wir müssen eine breite Diskussion führen. Nicht nur mit dem Behörden, sondern auch mit den Jungen», so Kaeslin.

Die nächste Etappe ist die Volksabstimmung im November. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger des Kantons Luzern werden über einen Kredit von 150 Mio. Franken abstimmen. Soviel ist für die konkrete Ausarbeitung der Fusionsprojekte vorgesehen.

swissinfo, Ariane Gigon Bormann, Luzern
(Übertragung aus dem Französischen: Andreas Keiser)

Littau und Luzern haben der Fusion am 17. Juni zugestimmt.

Littau mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 54,7%, Luzern mit 52,7%.

Mit 58’000 Einwohnern ist Luzern die achtgrösste Stadt der Schweiz. Ab dem 1. Januar 2010 wir die fusionierte Gemeinde 75’000 Einwohner zählen.

Der Kanton Luzern plant weitere Fusionen der Stadt mit 5 Agglomerations-Gemeinden. Damit würde Luzern mit 150’000 Einwohnern zur viertgrössten Stadt des Landes.

Seit 1970 hat sich die Zahl der Gemeinden in der Schweiz von 3000 auf 2578 reduziert.

Laut verschiedenen Studien sollte eine Gemeinde mindestens 3000 Einwohner haben, um optimal funktionieren zu können.

Lediglich die Hälfte der Schweizer Gemeinden erreichen diese kritische Grösse.

2006 hat die Glarner Landsgemeinde entschieden, die 26 Gemeinden des Kantons zu lediglich noch 3 Gemeinden zu fusionieren.

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