Genetische Ressourcen – Wer darf sie nutzen?
Wer ein Heilmittel aus exotischen Pflanzen herstellt, muss das Ursprungsland und dessen Bevölkerung angemessen entschädigen.
An einem Workshop in Bern wurden die Folgen dieser Vereinbarung für die Schweiz diskutiert.
Genetische Ressourcen im ausserhumanen Bereich wie Pflanzen, Mikroorganismen und Tiere sind nicht mehr bloss «gemeinsames Erbe der Menschheit», sondern liegen in der Souveränität der jeweiligen Länder. Diese Souveränität wird in der Biodiversitäts-Konvention von 1992 anerkannt.
Nun ist die praktische Umsetzung dieser Idee in Arbeit. Es liegen Vorschläge vor, die auf den sogenannten Bonner Leitlinien zur Biodiversitäts-Konvention sowie auf der vor einem Jahr verabschiedeten Übereinkunft der UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) zur pflanzengenetischen Vielfalt beruhen.
Die Schweiz war an deren Ausarbeitung massgeblich beteiligt. Sie unterzeichnete den Vertrag am 28. Oktober dieses Jahres. Die Ratifizierungsbotschaft wird das Eidgenössische Volkswirtschafts-Departement ausarbeiten.
Freiwilliger Rahmenvertrag
Unter der Leitung der Bundesämter für Landwirtschaft (BLW) sowie für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) diskutierten Vertreter aus Forschung, Landwirtschaft und Pharmaindustrie am Donnerstag in Bern die Auswirkungen für die Schweiz.
Erörtert wurden unter anderem ein freiwilliger Rahmenvertrag mit den betroffenen Kreisen sowie Anreizinstrumente wie etwa ein Zertifizierungssystem.
François Meienberg von der Erklärung von Bern hält indes nicht viel von der Zertifizierungsidee. Zertifikate seien etwa für biologischen Landbau angebracht, nicht aber für gesetzlich festgeschriebene Verpflichtungen.
Nachbau und Weiterzucht erlauben
Wichtig vor allem für die Länder des Südens sei es, dass der Zugang für andere Nutzniesser offen bleibe – auch wenn die genetischen Ressourcen in Industriestaaten weiter entwickelt worden seien.
Bei den Nutzpflanzen müssten der freie Nachbau und die freie Verwendung von eigenen genetischen Ressourcen für die Weiterzucht «immer und überall» gewährleistet sein, forderte Meienberg.
Interpharma-Generalsekretär Thomas Cueni ist der Auffassung, dass die Bedeutung der Ressourcen in Entwicklungsländer zuweilen überschätzt wird. Die Pharmaindustrie unterstütze indes die Ziele der internationalen Vereinbarungen und biete Hand zur Zusammenarbeit.
Komplexe und aufwändige Verfahren
Auch der Schweizerische Bauernverband (SBV) befürwortet das Abkommen, wie SBV-Präsident Hansjörg Walter sagte. Gewisse Vorbehalte brachte er in Bezug auf den administrativen Aufwand an.
Ingrid Kissling-Näf, Generalsekretärin der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften, empfahl standardisierte Verfahren und Übereinkommen für den Zugang und den Materialtransfer.
Der Direktor des FAO-Verbindungsbüros in Genf, Themba Masuku, erinnerte daran, dass das FAO-Abkommen in Kraft tritt, wenn es von 40 Staaten ratifiziert ist. Die Chancen stünden jedoch gut, sei das Abkommen doch bereits von 56 Ländern unterzeichnet worden.
swissinfo und Agenturen
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