Genfer Initiative zeigt neuen Weg zum Frieden auf
Trotz des Widerstands der israelischen Regierung soll am 1. Dezember die von der Schweiz unterstützte Genfer Nahost-Initiative in der Rhonestadt unterzeichnet werden.
Aussenministerin Micheline Calmy-Rey erklärte gegenüber swissinfo, das Abkommen ersetze nicht die «Road Map», könnte aber dem Frieden neuen Auftrieb verleihen.
Das Genfer Dokument war nach zweijährigen geheimen Verhandlungen von den beiden Initianten, dem früheren israelischen Justizminister Jossi Beilin und dem früheren palästinensischen Minister für Regierungsgeschäfte Jassir Abed Rabbo, am 12. Oktober in Jordanien unterzeichnet worden.
Die Unterzeichnungs-Zeremonie am 1. Dezember in Genf ist ein symbolischer Akt. Zuvor wurde der Text des Abkommens in alle israelischen und palästinensischen Haushalte verteilt.
Israels Regierung lehnt die Genfer Friedensinitiative ab. Für Ministerpräsident Ariel Sharon ist die von den USA unterstützte «Road Map» der einzige mögliche Weg zu einem Frieden im Nahen Osten.
Die Genfer Nahost-Initiative spricht viele strittige Punkte zwischen und Israel und Palästina an: Jerusalem, den palästinensischen Staat, die Anerkennung Israels, die jüdischen Siedlungen und die Rückkehr von palästinensischen Flüchtlingen.
In einem Gespräch mit swissinfo sagt die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey, die Genfer Initiative ersetze nicht die «Road Map», sie könne aber einem Frieden neue Impulse geben.
swissinfo: Was hat die Schweiz zu ihrem Engagement zugunsten der Genfer Initiative bewogen?
Micheline Calmy-Rey: Die Schweiz hat sich auf Ersuchen der betroffenen Gruppen engagiert. Wir unterstützen politische Dialoge zwischen Persönlichkeiten der zivilen Gesellschaft – der israelischen wie auch der palästinensischen. Die Initiative ist Teil der Friedensförderung, welche die Schweiz in mehreren Staaten unterstützt.
swissinfo: Hat die Schweiz die Genfer Initiative von Anfang an unterstützt?
M.C-R.: Ja, aber die Schweiz hatte keinen Einfluss auf die Substanz des Abkommens. Die Schweiz leistete logistischen und finanziellen Support, weil wir den politischen Dialog unterstützen; wir haben nicht vermittelt. Wir machten keine Kompromisse. Diese wurden von den involvierten Parteien selbst gemacht.
swissinfo: Sie waren schon mehrmals sehr offen in Sachen Friedensförderung. Sehen Sie dies als integralen Bestandteil der Schweizer Aussenpolitik, vor allem, wenn man die Neutralität des Landes in Betracht zieht?
M.C-R.: Das Engagement der Schweiz für Friedensförderung ist ein wichtiger Bestandteil unserer Aussenpolitik. Deshalb wurde die Schweiz von den betroffenen Gruppierungen um Unterstützung ersucht – weil wir nicht in strategischen Diskussionen involviert sind, weil wir neutral sind, weil unsere Unterstützung nicht provoziert, wenn ich das so ausdrücken kann.
swissinfo: Vor kurzem weilten Sie in Grossbritannien und in den USA, wo Sie um Unterstützung für die Genfer Nahost-Initiative warben. Wie hat man reagiert?
M.C-R.: Im Grossen und Ganzen waren die Reaktionen positiv. Nehmen Sie Israel als erstes Beispiel: 39 Prozent der Bevölkerung haben sich in einer Umfrage für die Genfer Initiative ausgesprochen.
In Grossbritannien haben der Premierminister und der Aussenminister die Initiative in aller Öffentlichkeit befürwortet. In den USA hatte es einige neutrale Reaktionen gegeben, oder es wurden die Vorzüge des Abkommens anerkannt, so zum Beispiel von US-Aussenminister Colin Powell. Ich glaube, diese Initiative hat weltweit ein recht positives Echo ausgelöst.
swissinfo: Bei der israelischen Regierung stösst die Initiative auf Ablehnung. Ministerpräsident Ariel Sharon lehnte es sogar ab, eine Kopie des Abkommens entgegenzunehmen. Wie reagieren Sie darauf? Möchten Sie ihm gegenüber etwas sagen?
M.C-R.: Es ist nicht an mir, ihm irgendeine Botschaft zu übermitteln. Das einzige, was ich betonen möchte ist, dass dieses Dokument eine Art Hilfsfunktion haben soll für die Behörden, die eines Tages darüber froh sein könnten. Es geht also lediglich um eine Dienstleistung. Das, und nichts anderes, möchte ich hervorheben.
swissinfo-Interview: Imogen Foulkes
(Übertragung aus dem Englischen: Alina Kunz Popper)
Das Genfer Abkommen kam nach zweijährigen geheimen Verhandlungen auf Initiative von israelischen und palästinensischen Oppositionsgruppen zustande. Die Schweiz hatte das Vorhaben von Beginn weg unterstützt.
Um noch mehr Support zu erhalten, wurden israelische und palästinensische Haushalte mit einer Kopie des Dokuments beliefert.
Die israelische Regierung lehnt die Genfer Initiative strikte ab, und jüdische Gruppierungen werfen der Schweiz vor, sich in interne israelische Angelegenheiten «einzumischen».
UNO-Generalsekretär Kofi Annan und der frühere US-Präsident Jimmy Carter unterstützen das Abkommen.
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