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Grüne gegen Bau des Zürcher EM-Stadions

Das neue Stadion in Zürich ist noch lange nicht Realität. Keystone

Die Grüne Partei Zürich hat eine Kampagne lanciert, um den Bau des geplanten neuen Fussball-Stadions der Stadt zu blockieren.

Sollte die Kampagne Erfolg haben, könnten an den Europäischen Fussball-Meisterschaften 2008 in Zürich möglicherweise keine Spiele ausgetragen werden.

Zürich ist nach der erfolgreichen gemeinsamen Kandidatur der Fussballverbände der Schweiz und Österreichs eine von vier Schweizer Städten, in denen die Spiele des grössten europäischen Sportanlasses stattfinden sollen.

«Wir sind nicht gegen das Stadion selber», erklärt die grüne Politikerin Katharina Prelicz-Huber. «Ich wohne direkt neben dem heutigen Stadion und kann mir hier ein Leben ohne es gar nicht vorstellen. Aber was mich stört, ist das geplante Einkaufszentrum, denn damit wird sich der Verkehr in diesem ohnehin schon überlasteten Stadtteil verdoppeln.»

Der geplante Bau laufe allen Planungsvorschriften zuwider, aber wegen des zeitlichen Drucks werde das einfach ignoriert, sagt Prelicz-Huber. «Die Leidenschaft für Fussball macht die Leute blind für die Probleme.»

Die Stadionplaner weisen diese Aussagen zurück. Laut ihren eigenen Untersuchungen sollte der Verkehr um höchstens acht Prozent zunehmen.

Volksabstimmung

Im Juni hatte das Stadtparlament die Pläne für das Stadion mit überwältigendem Mehr gutgeheissen. Die Grünen hoffen nun, im September mehr Erfolg zu haben. Dann kommt die Vorlage vors Volk.

Die Stimmberechtigten der Stadt müssen sowohl das Planungsgesuch gutheissen wie den Beschluss der Stadt, Land zur Verfügung zu stellen und 37,5 Mio. Franken an den Bau zu zahlen.

Die Gesamtkosten für das Stadionprojekt sollen sich auf rund 370 Mio. Franken belaufen, doch den Löwenanteil übernimmt die Credit Suisse. Die Bank will ihre Investition über die Mieten im Einkaufszentrum wieder hereinbekommen.

Anhänger des Stadions geben sich zuversichtlich, dass sie die Volksabstimmung gewinnen werden.

«Ich glaube, wir werden im September an der Urne eine grosse Mehrheit erhalten, vielleicht mehr als 70 Prozent», glaubt Stadtpräsident Elmar Ledergerber. «Damit sollten wir den ganzen Prozess beschleunigen können.»

Einsprache geplant

Wenn die Zürcher Stimmberechtigten das neue Stadion gutheissen, will die Grüne Partei das Projekt über eine Einsprache anfechten.

«Wir glauben, die entscheidenden Punkte wurden den Leuten nicht richtig erklärt», meint Prelicz-Huber. «Wir waren von Anfang an kompromissbereit.»

Aber die Forderungen der Gegner für bessere Verkehrsverbindungen, einen grösseren Wohnanteil und mehr Grünflächen seien nicht ernst genommen worden. «Nun bleibt uns nur noch der Weg über eine Einsprache.»

Laut der Planungsabteilung der Stadt Zürich könnte die Behandlung der Einsprache zwei bis vier Jahre dauern. Die Gerichte könnten aber die Weiterführung der Bauarbeiten zulassen, während beide Seiten ihre Argumente vorbringen.

In dem Fall müsste die Credit Suisse entscheiden, ob sie das Risiko eingehen will, ein Projekt in Angriff zu nehmen, das später blockiert oder vielleicht gar ganz eingestellt werden könnte.

Die Bank wird erst über ihr weiteres Vorgehen entscheiden, wenn eine Einsprache vorliegt, wie Projektsprecher Mathias Friedli gegenüber swissinfo erklärt.

Verlust für Zürich

Für den Schweizerischen Fussballverband steht fest, dass das Fehlen eines Stadions viel mehr Auswirkungen auf Zürich selber haben würde als auf die Vorbereitungen für die EM 2008.

«Wir sind zuversichtlich, dass die Zürcher Politiker ihre Arbeit machen und dass das Stadion gebaut werden kann», erklärt Verbandssprecher Pierre Benoit. «Aber wenn das nicht möglich ist, ist es nicht dramatisch für die EM. Natürlich möchten wir, dass Zürich dazu gehört, aber wenn nötig, können wir die dort vorgesehenen Spiele auf Bern, Basel und Genf aufteilen.»

«Es wäre eine Katastrophe, wenn Zürich nicht mit dabei wäre», findet Ledergerber. «Grosse Anlässe wie diese gibt es nicht jeden Tag. Ich kann nicht sagen, wie wir bei einer möglichen Einsprache vorgehen.»

Wenn es aber soweit kommen würde, sagt Ledergerber, werde man man mit diesen Leuten reden und sie davon überzeugen müssen, dass sie den Bau nicht verhindern könnten. «Sie können ihn höchstens verzögern, so dass Zürich bei den Europameisterschaften nicht dabei sein könnte.»

Für ihre Gegner sind die Grünen bereits Verräter, da sie es überhaupt wagen, das Stadion in Frage zu stellen. An solches sind sich diese aber gewöhnt.

«Als grüner Politiker gewöhnt man sich daran, in der Minderheit zu sein», lächelt Prelicz-Huber. «Es ging uns nie darum, zu verhindern, dass die EM auch in Zürich ausgetragen wird.»

Die Leute hinter den Stadion-Plänen zwinge ihre Partei, eine Einsprache in Betracht zu ziehen, sagt die grüne Politikerin weiter.

«Es ist sehr schade, dass es so ein Machtspiel braucht, aber ich hoffe noch immer, dass schon die Drohung einer Einsprache mindestens zu einem Kompromiss führt.»

swissinfo, Mark Ledsom in Zürich
(Übersetzung aus dem Englischen: Charlotte Egger)

Das Zürcher Stadion ist eines von vier Schweizer Stadien, in denen die Spiele der EM 2008 stattfinden sollen.
Geplant sind 30’000 Sitzplätze.
Die Stadien in Basel und Genf stehen, in Bern wird noch gebaut.

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