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Grünes Licht für eine neue bürgerliche Partei

Keystone

Die von der SVP Schweiz ausgeschlossene Bündner Kantonal-Sektion wagt definitiv den Sprung in die Unabhängigkeit. Die Bündner gründen zusammen mit SVP-Dissidenten aus andern Kantonen die "Bürgerliche Partei Schweiz".

Breit war der Spielraum für die 200 Delegierten am Montagabend nicht. Theoretisch hätten sie gegen den vom Zentralvorstand der Schweizerischen Volkspartei (SVP) grossmehrheitlich beschlossen Rauswurf Rekurs einlegen können. Ein Rekurs sei chancenlos, argumentierte die Parteileitung.

Vor diesem Hintergrund stimmte die Delegiertenversammlung mit deutlicher Mehrheit der Gründung einer neuen Partei zu. Unter dem Namen «Bürgerliche Partei Schweiz, Graubünden» geht der liberale Flügel der Bündner SVP künftig einen eigenen Weg.

Am 28. August soll die Partei auch auf nationaler Ebene gegründet werden, zusammen mit SVP-Dissidenten aus den Kantonen Bern und Glarus. Dann wird auch die nationale Parteileitung gewählt.

Die neue Partei wird mit zwei Mitgliedern – der ausgeschlossenen Bünderin Eveline Widmer-Schlumpf und dem Dissidenten Berner Samuel Schmid – in der Landesregierung vertreten sein. Im Parlament ist die Gründung einer eigenen Fraktion ein erklärtes Ziel.

«Der Name ist nicht das Gelbe vom Ei», räumte Interimspräsident Ueli Bleiker ein. «Aber es ist wichtig, dass wir mit unseren Verbündeten aus Glarus und Bern weiter gemeinsam Politik betreiben können.» Die Bündner hätten lieber die Begriffe «demokratisch» oder «liberal» im Namen gehabt.

Spannungen nicht erst seit Bundesratswahl

Das hat mehr mit ihrer eigenen Geschichte als mit Politmarketing zu tun. Die SVP Schweiz wurde 1971 gegründet und war ein Zusammenschluss zwischen damaligen Bauern- Gewerbe- und Bürgerpartei, die vor allem im Kanton Bern stark verankert war und den demokratischen Parteien der Kantone Graubünden und Glarus.

Der nun endgültig vollzogene Bruch der Bündner mit der nationalen SVP ist eine Folge der Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat und der damit verbundenen Abwahl der SVP-Leitfigur Christoph Blocher.

Weil die Bündner sich geweigert hatten, Widmer-Schlumpf aus der Partei auszuschliessen, wurden sie von der nationalen Parteileitung kollektiv ausgeschlossen.

Doch schon vor den Bundesratwahlen vom 12. Dezember 2007 waren die Spannungen offensichtlich. So hatte die Parlamentsfraktion der SVP im November zwei Bundesparlamentarier der SVP Graubünden kurzerhand aus wichtigen Parlamentskommissionen ausgeschlossen.

Unabhängig, nicht zentralistisch

«Ich bin schon seit einigen Jahren mit Verschiedenem nicht einverstanden, was in der SVP Schweiz alles passiert. Die zentrale Ausrichtung der Partei ist vom Leitbild aus dem Jahr 1971 meilenweit abgekommen», sagte Leon Schlumpf vor den Delegierten.

Schlumpf war 1971 massgeblich an der Gründung des SVP Schweiz beteiligt und sass für die Partei von 1979 bis 1987 im Bundesrat. Die Bündner SVP sei immer liberal, unabhängig und nicht zentralistisch gewesen, sagte der Vater von Eveline Widmer-Schlumpf.

Die Spitze der Bündner habe «nicht alles» unternommen, um die Spaltung zu verhindern, kritisierte hingegen Ständeratspräsident Christoffel Brändli. «Es gab Leute, denen lag eine Spaltung am Herzen.»

Als kleine Splitterpartei verliere die SVP Graubünden künftig an Einfluss im nationalen Parlament, warnte Brändli. Er selbst will nun als Parteiloser in der Gruppe der SVP-Ständeräte mitarbeiten.

Mehr Konsens, mehr Dialog

Der designierte Präsident der neuen Partei, Marcus Hasler, legte in seiner Rede die Grundsätze der zukünftigen Politik fest. «Wir haben bisher den Konsens gesucht und konstruktiv gearbeitet. Der von der SVP Schweiz eingeschlagene Weg der Opposition ist für uns nicht gangbar. Wir wollen an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken.»

Hasler sprach sich – ganz im Sinn der SVP – für Recht und Ordnung, Freiheit und Verantwortung, das Leistungsprinzip und eine straffe Asylpolitik aus. Den Unterschied zwischen seiner neuen und seiner alten Partei ortet er im «von Respekt geprägten» Dialog und in der Europapolitik: «Wir sind klar gegen einen EU-Beitritt, aber für die Weiterführung des bilateralen Weges.»

swissinfo, Andreas Keiser, Landquart

Bei den Parlamentswahlen 2003 erzielt die SVP so viele Stimmen, dass sie – auf Kosten der CVP – Anspruch auf einen zweiten Sitz im Bundesrat erhebt.

Bei den Bundesratswahlen 2007 wird Eveline Widmer-Schlumpf (SVP) anstelle von Christoph Blocher (SVP) gewählt.

Danach entscheidet die SVP, ihre beiden Vertreter in der Regierung – Eveline Widmer-Schlumpf und Samuel Schmid – nicht mehr anzuerkennen und in die Opposition zu gehen.

Von Eveline Widmer-Schlumpf verlangt die SVP den Rücktritt aus der Landesregierung und der eigenen Partei. Die Bundesrätin widersetzt sich diesen Forderungen.

Ursprünglich will die SVP Schweiz ihr ungeliebtes Mitglied direkt ausschliessen. Ein Rechts-Gutachten kommt jedoch zum Schluss, dass die Bündner Kantonalsektion für einen Ausschluss zuständig ist.

Die Delegierten-Versammlung vom 23. April SVP Graubünden stellt sich hinter Widmer-Schlumpf.

Am 1. Juni beschliesst die SVP Schweiz den Ausschluss der Bündner Sektion.

Am 12. Juni tritt das Gründungskomitee einer neuen, Blocher-treuen Bündner SVP an die Öffentlichkeit und präsentiert Köpfe und Inhalte.

Am 13. Juni geben die abtrünnigen Berner SVP-ler die Gründung einer neuen bürgerlichen Partei im Kanton Bern bekannt.

Am 16. Juni beschliesst die Delegiertenversammlung der SVP Graubünden die Gründung einer neuen Partei mit dem Namen Bürgerliche Partei Schweiz, Graubünden (BPS, Graubünden).

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