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Herbstsession im Zeichen des Wahlkampfs

Keystone

Die Herbstsession des Parlaments beginnt am Montag in einem angespannten politischen Klima: Der Fall Blocher/Roschacher erhitzt die Gemüter auch unter der Bundeshauskuppel.

In der letzten Session vor den Wahlen mangelt es aber nicht an weiteren brisanten Themen: Steuern, Ausbildungsgutschriften, Einbürgerungen und die Aufbewahrung von Armeemunition.

Im Vorfeld der letzten Session vor den nationalen Wahlen hat sich das – traditionell gemässigte – politische Klima überraschend stark aufgeheizt.

Der Bericht der parlamentarischen Geschäftsprüfungskommission (GPK) zu den Hintergründen des Rücktritts des ehemaligen Bundesanwalts Valentin Roschacher hat ein politisches Erdbeben ausgelöst.

Die Debatte Blocher/Roschacher könnte möglicherweise im Parlament weiter gehen. Sowohl die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) als auch die Schweizerische Volkspartei (SVP) haben eine Dringlichkeitsdebatte während der Session beantragt.

Steuerdiskussion

Abgesehen vom möglichen Getöse um den Justizminister und die Entlassung des ehemaligen Bundesanwalts stehen während der Herbstsession viele wichtige Traktanden auf dem Programm.

Dies gilt insbesondere für die ausserordentliche Session zum Steuersystem am 1.Oktober. Die SVP hat diese Aussprache verlangt. Die Parteien werden die Möglichkeit haben, ihre Positionen zu einem Thema darzulegen, das den Bürgern immer sehr am Herzen liegt.

Die SVP wird ihr Credo «weniger Steuern für alle» wiederholen, eine Senkung der Unternehmensgewinnsteuern oder Mehrwertsteuern um 1% fordern. Die Sozialdemokratische Partei (SP) hat hingegen eine Volksinitiative lanciert, welche einen Mindeststeuersatz für hohe Einkommen fordert.

Die FDP hat ihrerseits eine radikale Änderung des Schweizer Steuersystems mit einer geringeren Steuerprogression vorgeschlagen. Die Christlichdemokraten (CVP) fordern die volle Abzugsmöglichkeit für Kinder- oder Ausbildungszulagen, um Familien zu entlasten.

Höherer Wissenschaftsetat

Ein weiteres wichtiges Thema werden die Rahmenkredite 2009-2011 für Wissenschaft und Bildung sein. Das im Januar vom Bundesrat vorgeschlagene Paket in Höhe von 21,2 Mrd. Franken, das eine jährliche Steigerungsrate von 6% beinhaltet, ist vom Ständerat ohne substanzielle Änderungen verabschiedet worden.

Die vorberatende Kommission des Nationalrats weicht in der Substanz nicht von der Position des Ständerats ab, bringt aber einige Änderungsanträge vor, welche die Kosten des Pakets auf 308 Mio. Franken anschwellen lassen.

Die zusätzlichen Ausgaben betreffen vor allem die Fachhochschulen und die Forschungsprojekte des Schweizerischen Nationalfonds.

Einbürgerungsfrage

Das Parlament wird auch zu Einbürgerungsfragen Stellen nehmen müssen. Der Ständerat muss sich zur SVP-Initiative «demokratische Einbürgerungen» äussern. Die Initiative war lanciert worden, nachdem das Bundesgericht das Abstimmen über Einbürgerungen an der Urne als unvereinbar mit der Verfassung beurteilt hatte.

Die Initiative fordert, dass es einzig den Gemeinden obliegt, eine Person einzubürgern oder nicht. Ein Rekurs gegen einen Gemeindeentscheid wäre demnach ausgeschlossen.

Der Nationalrat muss zudem über eine Revision des Staatsbürgerschaftsgesetzes entscheiden, das vom Ständerat vorgelegt wurde. Es handelt sich um einen indirekten Gegenvorschlag zur SVP-Initiative. Demnach bleiben Abstimmungen zu Einbürgerungen an der Urne möglich, doch können Anträge nicht beliebig abgelehnt werden.

Armeemunition – wo aufbewahren?

Ein weiteres emotionsgeladenes Thema stellt die Munition der Schweizer Soldaten dar, die zu Hause aufbewahrt wird. Der Ständerat hat bereits entschieden, dass der Grossteil der Soldaten nach geleistetem Dienst die Munition nicht mehr mitnehmen darf. Nun muss sich der Nationalrat zu diesem Thema äussern. Konservative Kreise sehen eine alte Schweizer Tradition bedroht.

Die Diskussion um die Munition wird aber mit Sicherheit nicht in dieser Herbstsession zu Ende geführt. Die Linke hat eine Volksinitiative lanciert, welche nicht nur die Munition aus den Wohnungen der Soldaten verbannen will, sondern auch die Waffen.

swissinfo, Andrea Tognina
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Die Herbstsession des Schweizer Parlament beginnt am 17.September und endet am 5.Oktober 2007.

Am 21.Oktober finden nationale Wahlen statt. Die Schweizer Bürger wählen die Vertreter für den Nationalrat (Volkskammer). Die meisten Kantone führen zudem Ständeratswahlen (Kantonskammer) durch.

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