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Hilfe für Pakistan gestaltet sich schwierig

Das IKRK hilft 45'000 Familien in der Erdbebenregion in Südasien. Keystone

Die Logistik ist das grösste Problem für die Hilfswerke in der Erdbebenregion in Pakistan, sagt der oberste Schweizer Helfer vor Ort nach einem Augenschein.

Laut Toni Frisch, dem Chef des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH9, hat das Erdbeben vom vergangenen Samstag die abgelegene Bergregion weitgehend verwüstet.

«Das Ausmass der Zerstörung ist ausserordentlich», sagte Toni Frisch, nachdem er am Donnerstag das Katastrophengebiet in Kaschmir erstmals überflogen hatte.

Das grösste Problem für die Helfer sei die Logistik. Das am schwersten betroffene Gebiet im Himalaya-Gebirge sei vergleichbar mit unbewohnten und unzugänglichen Alpentälern.

Hilfe auf Maultieren

«Die Dörfer liegen teils sehr hoch. Zudem sind Zufahrtsstrassen unterbrochen oder von Erdrutschen blockiert und Brücken zerstört. Noch immer konnten mehrere abgelegene Ort nicht erreicht werden.»

Das SKH beschaffte sich deshalb rund ein Dutzend Maultiere. «Diese können zwischen 100 und 150 Kilogramm tragen», erklärte Frisch.

Sorge macht ihm auch der herannahende Winter. In wenigen Wochen komme der Schnee, mancherorts sei bereits der erste gefallen.

Die Hilfe des SKH konzentriere sich darum vorerst auf die Versorgung von mehreren 100’000 obdachlosen Menschen. Sie sollen mit Zelten, Decken und Kochern beliefert werden. Frisch ist überzeugt, dass die Schweizer Hilfe noch bis lange in den Winter andauern wird.

20 Schweizer Experten

«Die Zusammenarbeit mit der pakistanischen Armee, lokalen Hilfswerken, der UNO und dem Roten Halbmond funktioniert ausgezeichnet», erklärte Frisch. Allerdings fehle auch nach fünf Tagen der Gesamtüberblick. Dafür zeigte er aber Verständnis: «Das zerstörte Gebiet entspricht rund einem Viertel der Schweiz.»

Vor Ort sind, zusammen mit den Mitarbeitern des Koordinationsbüro der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Islamabad, rund zwanzig Schweizer Experten.

IKRK unterstützt 45’000 Familien

Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit Sitz in Genf ist im Einsatz. In Pakistan unterstützt es 30’000 Familien mit Hilfsgütern und in Indien 15’000.

Neben der medizinischen Versorgung seien Unterkünfte, Lebensmittel und sauberes Trinkwasser vordringlich, sagte Reto Meister, Generaldelegierter des IKRK für Asien am Donnerstag in Genf.

Bislang flog das IKRK 200 Tonnen Hilfsgüter von Genf, dem Nahen Osten und Sri Lanka nach Peschawar und Islamabad. 50 Tonnen Lebensmittel wurden auf dem lokalen Markt gekauft, weitere 50 Tonnen wurden mit Lastwagen aus den Warenlagern in Afghanistan in die Region gebracht.

Geopolitisch heikle Region

Die Hilfsorganisation ist ausserdem daran, einen Suchdienst zur Familien-Zusammenführung aufzubauen. Viele Menschen hätten durch das Erdbeben den Kontakt zu ihren Angehörigen verloren.

Das IKRK begrüsste, dass es von den Behörden die Erlaubnis erhielt, in dem von Pakistan kontrollierten Teil Kaschmirs zu arbeiten, einer der empfindlichsten Regionen der Welt, wie Meister sagte.

Indien hilft Pakistan

Während Pakistan direkt nach dem Erdbeben keine Hilfsangebote des Nachbarlandes Indien angenommen hatte, überquerten am Mittwoch laut Medienberichten indische Soldaten die Grenzlinie des geteilten Kaschmirs und halfen pakistanischen Militärs beim Wiederaufbau eines Bunkers. Die Menschen in Indien riefen zu Spenden für die Opfer im Nachbarland Pakistan auf.

Zum ersten Mal überhaupt hatte Indien nach dieser Katastrophe eine Hilfslieferung für das Nachbarland auf den Weg gebracht. Seit ihrer Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft 1947 haben Indien und Pakistan schon zwei Kriege um das geteilte Kaschmir geführt. Immer wieder kommt es zu Gewaltausbrüchen.

swissinfo und Agenturen

Ein Erdbeben der Stärke 7,6 auf der Richterskala hat am vergangenen Samstag viele Dörfer und Städte in Pakistan zerstört. Auch Indien und Afghanistan sind betroffen.
Die meisten der vermutlich zwischen 30’000 und 40’000 Toten sind im bergigen Norden Pakistans zu beklagen, Indien beklagt 1500 Tote.
Die Vereinten Nationen (UNO) haben einen Spendenaufruf im Umfang von 272 Mio. Dollar erlassen.

Das Schweizerische Korps für humanitäre Hilfe (SKH) ist ein Milizkorps; es umfasst einen Pool von mindestens 700 Personen.

Diese werden nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten in Fachgruppen eingeteilt.

In fast 80% der Fälle arbeiten sie bei Hilfsoperationen des Bundes mit, in den andern Fällen unterstützen sie internationale Organisationen wie die WHO oder das IKRK.

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