Inititative gegen exorbitante Managerlöhne
Der Besitzer einer Kosmetikfirma hat eine Volksinitiative "gegen die Abzockerei" lanciert, um exzessiven Gehältern in den Teppichetagen börsenkotierter Schweizer Unternehmen einen Riegel zu schieben.
Seit einiger Zeit stehen Millionenzahlungen an Manager in der Kritik der Schweizer Öffentlichkeit.
Nach der Vorprüfung durch die Bundeskanzlei ist am Dienstag die Sammelfrist für die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» angelaufen.
Das Initiativkomitee um den Schaffhauser Kleinunternehmer Thomas Minder hat nun bis zum 1. Mai 2008 Zeit, um die nötigen 100’000 Unterschriften für sein Begehren zu sammeln.
Minder ist Leiter der Trybol AG in Neuhausen, welche Mundwasser und Zahnpasten auf biologisch-natürlicher Basis herstellt. Im Initiativkomitee sind seine Eltern, seine Lebenspartnerin, eine Bekannte sowie zwei Angestellte aus der Firma vertreten.
Gegen Filz
«Die Gier kennt keine Grenzen! Eine Mässigung ist nicht in Sicht», schreibt Minder auf seiner Homepage. Die Vergütungen von Führungskräften börsenkotierter Schweizer Unternehmen seien allein im letzten Jahr im Durchschnitt um 18% gestiegen.
Die Initiative will den überrissenen Spitzenentschädigungen für Manager und Verwaltungsräte durch einen Verfassungszusatz den Riegel schieben.
Grund für die Lancierung der Initiative ist nach Angaben von Minder die Revision des Aktienrechts, das voraussichtlich nächstes Jahr im Parlament behandelt wird. Er kritisiert, dass der Entwurf nicht gegen die «Abzockerei» vorgehe, da ein Grossteil der Parlamentarier im «Wirtschaftsfilz» verankert sei.
Mehr Rechte für Aktionäre
Die Initiative fordert vor allem mehr Mitentscheidungsrechte für die Aktionäre. Als eigentliche Besitzer der börsenkotierten Unternehmen sollten sie deren Managern Grenzen zeigen können.
Mitglieder der Chefetage sollen so künftig auf Prämien, Abgangsentschädigungen und Vergütungen im Voraus verzichten müssen.
Konkret solle die Generalversammlung (GV) der Aktionäre die Gesamtsumme der Löhne, Bonuszahlungen und anderer Vergütungen für die Verwaltungsräte und die Geschäftsleitung genehmigen können.
Die GV solle zudem jährlich den Verwaltungsrats-Präsidenten sowie die Mitglieder des Verwaltungsrates und des Vergütungsausschusses wählen.
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Volksinitiative
Abstimmung via SMS und Internet
Da die Aktionäre über den ganzen Globus verteilt seien, fordert die Initiative die Einführung einer elektronischen Fernabstimmung via SMS oder Internet. Dadurch entstünde eine «neue Aktionärsdemokratie».
In die Statuten aufgenommen werden soll die Forderung, dass die GV über die Anzahl der Mandate von Verwaltungsräten und Mitgliedern der Geschäftsleitung ausserhalb des Unternehmens entscheiden kann.
Wird ein externes Mandat genehmigt und hat das Organmitglied bereits eine 100-Prozent-Stelle, solle es einen Teil der externen Einkünfte seinem Unternehmen abliefern müssen.
Swissair-Debakel gab Ausschlag
Er habe sich schon immer darüber geärgert, dass Mitglieder der Chefetage trotz Verlusten der Unternehmen Entschädigungen in Millionenhöhe erhielten, sagte Thomas Minder. Ausschlag zur Lancierung der Initiative habe jedoch das Swissair-Debakel gegeben. «André Dosé kassierte Millionen, wir hatten Verluste.»
Ab Dienstag erschienen in den Schweizer Tageszeitungen die ersten Inserate inklusive Unterschriftenbögen. Auf diversen Internetseiten sind diese bereits aufgeschaltet. «Und es folgen sicher noch mehr», sagt Minder zuversichtlich. Voraussichtlich am 18. November fände ausserdem ein Nationaler Sammeltag statt.
Was das Budget für die Volksinitiative betrifft, nennt Minder keine Zahlen. Das Geld komme aus seiner Tasche, aus der Firma und von Dritten.
Hoffen auf Unterstützung
Nach Angaben von Claudio Kuster, Administrator der Initiative, hofft das Komitee auf die Unterstützung der Gewerkschaften und der politischen Parteien, um so von deren Netzwerken profitieren zu können.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) wurde am Montag von der Lancierung der Volksinitiative überrascht. Man werde die Angelegenheit prüfen und eine eventuelle Unterstützung erwägen, falls eine entsprechende Anfrage gemacht würde, sagt SGB-Sprecher Ewald Ackermann.
swissinfo und Agenturen
Der durchschnittliche Lohn in der Schweiz beträgt rund 65’000 Fr. im Jahr.
Die Löhne der bestbezahlten Manager übersteigen inzwischen 20 Mio. Fr. im Jahr.
2005 stand der grösste gemessene Lohnunterschied zwischen einem Angestellten und einem Kadermitglied in der gleichen Firma im Verhältnis von 1 zu 544.
Auf Grund der Inflation sind die Löhne der Angestellten 2006 im Vergleich zum Vorjahr praktisch unverändert geblieben.
Das Einkommen der Manager der 50 grössten Unternehmen in der Schweiz ist dagegen in der gleichen Zeit um 18% angestiegen.
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