Integrationspolitik zwischen Pflicht und Anreiz
Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP), deren Delegierte sich in Muttenz trafen, hat einer Vereinbarung bei der Integration zugestimmt: Ausländer sollen sich mit den Schweizer Verhältnisse auseinandersetzen.
Die SP-Delegierten sprachen sich ausserdem für eine Einheitskasse beim Gesundheitswesen, aber gegen die fünfte IV-Revision aus.
Das Integrationspapier der SP Schweiz ist unter Dach und Fach. Die Delegierten hiessen es mit deutlichem Mehr gut. Gefordert werden deutlich mehr Efforts von beiden Seiten.
Die SP Genf beantragte die Rückweisung und lancierte damit die Debatte. Die Genfer kritisierten einen Kernpunkt des Papiers, die Integrations-Vereinbarung der Zugewanderten mit dem Arbeitgeber oder dem Staat.
SP-Vizepräsident Pierre-Yves Maillard bezeichnete das Integrationspapier dagegen als Chance. Die Verpflichtung zu Sprachkursen und Info-Veranstaltungen sei ein Instrument zu Gunsten der Migranten.
Integrationspapier: Mit grossem Mehr angenommen
Das Integrationspapier schaffe damit ein Gleichgewicht zwischen Zwängen und Anreizen. In der Schlussabstimmung wurde das Integrationspapier mit grossem Mehr angenommen.
Das Papier sieht 13 Massnahmen vor, welche die Integration von Einwanderern verbessern sollen. Unter anderem schwebt der SP vor, den vorschulischen Unterricht und die familienexterne Betreuung auszubauen.
Im Gegenzug müssten sich die Einwanderer verpflichten, mindestens eine Landessprache zu lernen und die Regeln des Rechtsstaats zu akzeptieren.
Ja zur Einheits-Krankenkasse
Einstimmig fassten die SP-Delegierten die Ja-Parole für die Volksinitiative der Einheits-Krankenkasse. Über dieses Volksbegehren wird am 11. März abgestimmt. Als letztes politisches Traktandum löste diese Vorlage keine grosse Diskussion mehr aus.
Die Initiative verlangt an Stelle der 85 Krankenkassen in der obligatorischen Grundversicherung eine einzige Krankenkasse – jene des Bundes. Ende 2004 war die Initiative mit 111’000 Unterschriften eingereicht worden.
IV-Revision: Delegierte dagegen, Parteispitze nicht
Das Referendum gegen die fünfte IV-Revision wird nun doch von der SP unterstützt. Noch Ende Oktober hatte die Parteileitung abgewinkt, weil sie einer raschen Entschuldung des Sozialwerks nicht entgegen stehen wollte.
Die Delegierten in Muttenz waren sich nicht einig darüber, ob dieses Referendum Hilfe von der SP erhalten sollte oder nicht. Die DV segnete schliesslich eine Resolution für das Referendum (resp. gegen die IV-Revision) mit 82 gegen 69 Stimmen ab, obwohl sich SP-Präsident Hans-Jürg Fehr darüber unzufrieden zeigte.
Schliesslich hätten, so Fehr, auch die grossen Behinderten-Organisationen und der Gewerkschaftsbund dem Referendum ihre Unterstützung bereits abgesagt.
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Referendum
Bissiger Fehr, ironischer Leuenberger
Bissig gab sich Fehr in seiner Einstimmung der Genossen und Genossinnen auf die Parlamentswahlen vom kommenden Herbst. Um zu gewinnen, müsse die SP zwei Dinge tun: «Wir stellen uns ins Schaufenster. Und wir stellen die SVP an den Pranger».
Denn die Schweizerische Volkspartei (SVP) sei im Gegensatz zur SP nicht an Lösungen, sondern an Problemen interessiert.
Punkten will die SP im Wahlkampf laut Fehr vor allem mit der Sozial- und Familienpolitik. Ziel sei, stärkste Partei zu werden.
Für viel Applaus sorgte die Eröffnungsrede von SP-Bundesrat Moritz Leuenberger. Der Bundespräsident begann seine Rede in gewohnt ironischem Stil und meinte, dass auch die Leitung der Bundesratssitzungen viel mit Integration zu tun habe…
In ernsthaftem Ton bezeichnete er dann aber die Integration der Einwanderer als Fundament eines friedlichen und gerechten Zusammenlebens. «Integration entspricht unserem Weltbild einer solidarischen Gesellschaft.»
Eine grosse Mehreit in der Schweiz wolle eine solche Gesellschaft. Wenn es der SP gelinge, diese Wähler in ihre Politik zu integrieren, dann gelinge bei den kommenden Wahlen auch die herbeigesehnte Erneuerung.
swissinfo und Agenturen
Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) wurde 1888 gegründet und blieb während mehreren Jahrzehnten in der Opposition.
1943 wurde die SP die stärkste politische Partei im Lande und erreichte einen Sitz im Bundesrat, 1959 den zweiten. Trotzdem stand sie weiterhin in Opposition zu den drei anderen Regierungsparteien.
Sie politisiert auf der linken Seite des politischen Spektrums: Soziale Gerechtigkeit, Solidarität und mehr Lebensqualität.
Seit 1999 ist die SP die zweitstärkste Partei im Parlament. Sie hat zwei Vertreter in der Landesregierung.
Mitgliederzahl SP Schweiz: zirka 37’000 (Ende 2003)
Wähleranteile bei den Parlamentswahlen: 23,3% (2003); 22.5%(1999); 21,8% (1995); …23,5% (1967)
SP-Fraktion 2003-07: 52 Nationalräte/rätinnen, 9 Ständeräte/rätinnen, 2 Bundesräte/rätinnen
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