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IV-Reform betrifft auch Auslandschweizer

Keystone

Die Invalidenversicherung (IV) schreibt Milliardendefizite. Es muss etwas dagegen unternommen werden. Beim "Was" scheiden sich die Geister.

Einer der Vorschläge, Renten-Bezüge im Ausland in Zukunft der jeweiligen Kaufkraft anzupassen, betrifft auch die Auslandschweizer.

In der Frühjahrssession des Parlaments hat der Nationalrat, die grosse Kammer, die 5. IV-Revision verabschiedet.

Während sich die bürgerliche Ratsmehrheit zufrieden zeigte mit dem Paradigmenwechsel «Eingliederung vor Rente», sprach die Linke von einer Abbauvorlage, die schmerzhafte und einschneidende Rentenkürzungen zur Folge hätte.

Für im Ausland lebende Schweizerinnen und Schweizer kann ein Antrag einer Kommissionsminderheit aus Schweizerischer Volkspartei (SVP) und Christlichdemokratischer Volkspartei (CVP) einschneidende Auswirkungen haben. Er verlangt, dass ins Ausland ausgezahlte Renten in Zukunft an die Kaufkraft angepasst werden müssen.

Die Linke, Teile der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) und deren Sozialminister Pascal Couchepin warnten vergeblich, mit dieser «kleinlichen» aufwändigen und finanziell unergiebigen Massnahme das Ansehen der Schweiz zu schädigen.

Der Nationalrat hiess die Bestimmung mit 89 zu 82 Stimmen gut. Werden nun alle Renten im Ausland der jeweiligen Kaufkraft angepasst?

Mario Christoffel, Leiter Bereich AHV-EO-Ergänzungsleistungen beim Bundesamt für Sozialversicherungen BSV, erklärt gegenüber swissinfo: «Renten, die in der Europäischen Union EU, sowie in Kanada und den USA, an Schweizer oder Staatsangehörige der betreffenden Länder ausbezahlt werden, dürfen nicht gekürzt werden, da mit diesen Ländern Sozialversicherungsabkommen bestehen.»

Diese Abkommen verlangen, dass Renten nicht eingeschränkt werden dürfen, sondern im selben Umfang wie Schweizer Bürgern ausbezahlt werden müssen.

Der grösste Teil der IV-Renten ins Ausland geht nach Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Hier schliessen die staatsvertraglichen Vereinbarungen eine Kürzung aus.

Der Passus zur Anpassung an die Kaufkraft betrifft nur Länder, mit denen die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat. Staatsbürger dieser Länder sind bereits heute nur rentenberechtigt, solange sie ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. Das heisst, kehrt ein IV-Rentner in seine asiatische Heimat zurück, wird seine Rente nicht mehr ausbezahlt.

Betroffene Auslandschweizer

«Alle Zahlungen in diese Länder betreffen Auslandschweizer oder Staatsangehörige aus einem Land mit einem Sozialversicherungs-Abkommen», so Christoffel.

In Länder ohne Sozialversicherungsvertrag werden rund 1100 Renten ausbezahlt, davon 1000 an Schweizer Staatsbürger. Insgesamt werden rund 290’000 Renten ausgerichtet.

In der Parlamentsdiskussion wurde von einer Einsparungsmöglichkeit von rund 15 Mio. Franken gesprochen. Dies seien jedoch Schätzungen, wirft Christoffel ein. «Klar muss man auch ans Sparen denken, das ist die eine Seite. Die andere Seite: Es betrifft zu über 90% Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.»

Christoffel hat sich die Situation exemplarisch für Thailand genauer angeschaut, da von den 1000 Renten rund 230 nach Thailand bezahlt werden. 8 davon gehen an ausländische Staatsangehörige, der Rest an Schweizerinnen und Schweizer.

«Problemfall» Kinderrenten

Neben ihrer eigenen Rente haben IV-Bezüger, die Eltern sind, auch Anspruch auf eine Kinderrente.

«In Thailand lösen die 230 Hauptrenten rund 100 Kinderrenten aus, das ist nicht übermässig viel», so Christoffel.

Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Rentner in Thailand mehrere Kinder gezeugt haben und damit auch Kinderrenten auslösen. Doch das sind gemäss Christoffel Einzelfälle.

Der Kinderrenten-Anspruch erlöscht nach dem Übergang von der IV zur AHV nicht automatisch. Auch AHV-Bezüger können mit Renten für ihre Kinder rechnen, da diese ans Alter des Kindes gebunden und bis zum 18. Altersjahr gewährt werden, für Kinder in Ausbildung bis zum 25. Altersjahr.

Die 5. IV-Revision kann in dieser Form noch nicht in Kraft treten; die kleine Kammer, der Ständerat, wird sich in einer späteren Session noch damit auseinandersetzen müssen.

swissinfo, Etienne Strebel

Die Hauptpunkte der 5. IV-Revision:

Die Grosse Kammer will einen erschwerten Zugang zur IV-Rente und eine Verlängerung der Mindestbeitragsdauer von einem auf drei Jahre.

Grundsatz: Einen Rentenanspruch besteht, wenn Versicherte ihre Erwerbsfähigkeit nicht durch zumutbare Eingliederungs-Massnahmen herstellen, erhalten oder verbessern können.

Der Karrierezuschlag soll abgeschafft werden (prozentualer Zuschlag bei einem Eintritt von unter 45-Jährigen). Einsparungen: 100 Mio. Franken.

Renten sollen im Ausland der Kaufkraft angepasst werden, wo das möglich ist.

IV-Stellen dürfen bei Verdacht auf Missbrauch Abklärungen durchführen und dazu Spezialisten beiziehen.

Zusatzrenten sollen gestrichen werden. (Einsparungen: 116 Mio. Franken).

Kinderrenten werden gekürzt, wenn sie zusammen mit der IV-Rente 90% des durchschnittlichen Einkommens übersteigen.

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