Kein obligatorisches Referendum für Bilaterale II
Die bilateralen Abkommen der Schweiz mit der EU müssen nicht zwingend vors Volk. Sie sollen lediglich dem fakultativen und nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt werden.
Das beantragt der Bundesrat dem Parlament.
Der Bundesrat will sieben der bilateralen Abkommen II mit der Europäischen Union dem fakultativen Referendum unterstellen. Die Landesregierung ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für ein obligatorisches Staatsvertrags-Referendum in keinem Fall erfüllt sind.
Der Bundesrat stützt sich bei seinem Antrag an das Parlament auf die verfassungsrechtlichen Abklärungen der vom Bundesamt für Justiz geleiteten interdepartementalen Arbeitsgruppe Genehmigungsverfahren. Acht der neun Verhandlungsergebnisse sind Abkommen und müssen vom Parlament genehmigt werden.
Die zu genehmigenden Dossiers sind die Dossiers Schengen/Dublin, Betrugsbekämpfung, Zinsbesteuerung, Landwirtschaft, Umwelt, Medien, Statistik sowie Ruhegehälter, teilte die Bundeskanzlei mit.
Beim neunten Verhandlungsergebnis Bildung/Berufsbildung/Jugend handelt es sich nur um eine Absichtserklärung.
Nicht ohne Gesetzesanpassungen
Gemäss Verfassung sind Staatsverträge grundsätzlich dann dem fakultativen Referendum zu unterstellen, wenn sie wichtige rechtssetzende Bestimmungen enthalten oder zum Erlass von Bundesgesetzen verpflichten. Das Dossier Landwirtschaft erfüllt diese Voraussetzungen laut Bundeskanzlei nicht.
Die anderen sieben Abkommen beinhalten dagegen wichtige rechtssetzende Bestimmungen. Namentlich das Polizei- und Asylabkommen Schengen/Dublin erfordert zur Umsetzung auch Gesetzesanpassungen. Damit sind die Bedingungen für das fakultative Referendum erfüllt.
Schengen nicht supranational
Nicht erfüllt sind laut Bundeskanzlei dagegen die verfassungsmässigen Voraussetzungen für das obligatorische Staatsvertragsreferendum. Für dieses müsste ein Beitritt zu einer Organisation für kollektive Sicherheit oder aber zu einer supranationalen Gemeinschaft vorliegen.
Auch beim Assoziations-Abkommen zu Schengen/Dublin sind laut Bundeskanzlei diese Bedingungen nicht erfüllt. Schengen sei keine Organisation, sondern eine Form internationaler Zusammenarbeit. Jede Übernahme von künftigem Schengen-Recht durch die Schweiz sei erst nach Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrags möglich.
Für diesen Vertrag bedürfte es erneut einer Zustimmung gemäss dem schweizerischen Genehmigungsverfahren (Bundesrat, Parlament, Referendum). Es finde somit keine Souveränitätsübertragung an eine supranationale Gemeinschaft statt.
Der Bundesrat habe sich aus juristischen Gründen gegen ein obligatorisches Referendum ausgesprochen, sagte Vizekanzler Achille Casanova.
Sammelbotschaft angekündigt
Bereits am 7. Juni hatte der Bundesrat entschieden, die acht vom Parlament zu genehmigenden Abkommen einzeln, aber mit einer Sammelbotschaft vorzulegen. Dies garantiere bei allfälligen Referendumsabstimmungen die unverfälschte Meinungsäusserung, sagte Bundespräsident Joseph Deiss. Die Referendumsfrage blieb noch offen.
Wird der Antrag des Bundesrates betreffend fakultative Referenden vom Parlament übernommen, wird das Ständemehr ausgeschaltet. Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) hat das Referendum gegen Schengen/Dublin bereits angekündigt.
swissinfo und Agenturen
Die 9 Dossiers der Bilateralen II:
Polizei- und Justiz-Zusammenarbeit
Asyl und Migration
Zinsbesteuerung
Betrugsbekämpfung
Verarbeitete Landwirtschaftsprodukte
Umwelt
Statistik
MEDIA
Bildung, Berufsbildung, Jugend
Ruhegehälter
Der Bundesrat will kein obligatorisches Referendum für das Schengen-Abkommen.
Er will die 7 Abkommen der Bilateralen II nur dem fakultativen Referendum unterstellen.
Für das obligatorische Referendum müsse ein Beitritt zu einer Organisation für kollektive Sicherheit oder zu einer supranationalen Gemeinschaft vorliegen.
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