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Keine Begleitmassnahmen für Landwirtschaft

Den Schweizer Bauern stehen schwere Zeiten bevor. Keystone

Die Regierung möchte bis zu vier Milliarden Franken Reserven aus Importzöllen einsetzen, um die Liberalisierung in der Landwirtschaft sozial abzufedern. Doch eine Links-Rechts-Allianz des Nationalrats hat dieses Vorhaben verhindert.

Wirtschaftsministerin Doris Leuthard plädierte am Dienstag im Nationalrat engagiert für eine Umlagerung der Reserven in den Agrarsektor. Wegen dem anstehenden Freihandelsabkommen mit der EU, das auch eine Liberalisierung in der heute noch stark gegen aussen geschützten Landwirtschaft vorsieht, möchte die Bundesrätin jetzt schon Reserven für eine soziale Abfederung und Begleitmassnahmen aufbauen.

Auch die Doha-Runde im Rahmen der Welthandels-Organisation würde für die geschützten Schweizer Bauern eine Marktöffnung und damit tiefere Preise für die Konsumenten und deshalb einen Einkommensverlust im Agrarbereich bedeuten.

Der Protektionismus in der Schweiz basiert unter anderem auf hohen Zollhürden auf Agrarimporten. Ob man nun wolle oder nicht, komme die Schweiz nicht darum herum, ihre Zollhürden in diesem Bereich abzubauen, sagte Leuthard mit Blick auf das Gros der Konsumenten.

Hart für die Bauern

Ihr sei bewusst, so Leuthard, dass ein Abbau der Zollschranken für die Bauern hart sein würde. Dabei möchte sie das Geld zum Abfedern von den Erträgen aus Importzöllen auf Agrarprodukten nehmen.

Bis 2016 wären jedes Jahr bis eine halbe Milliarde Franken in die Reserve geflossen. Mit diesen insgesamt rund vier Milliarden Franken hätten die Bauern für diese schwierige Übergangszeit unterstützt werden sollen.

Sozialdemokraten und Volkspartei vereint

Doch der Bundesrat kam mit seinem Vorgehen im Nationalrat gegen eine Allianz von Sozialdemokraten und Konservativen nicht durch. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) wollte grundsätzlich nichts vor der Regierungsvorlage wissen, weil sie damit ihre Opposition gegen den Agrarfreihandel mit der Europäischen Union (EU) und innerhalb der Welthandels-Organisation (WTO) kund tut. Die SVP versteht sich (auch) als Bauernpartei.

Von beiden Projekten hängen weitere Exportchancen der gesamten Schweizer Wirtschaft ab, also der Industrie und den Dienstleistungen, die allein mit der Ausfuhr rund die Hälfte des Bruttoinlandprodukts (BIP) beisteuern. Die Landwirtschaft ihrerseits erbringt eine Wertschöpfung von bloss noch 0,5 bis 1% des BIP.

Laut Wirtschaftsministerin Leuthard geht es in den WTO-Verhandlungen um die Interessen jener Wirtschaftssektoren, «die 99% der Schweizer Wertschöpfung erzielen».

Auch die sozialdemokratische Fraktion war gegen die Regierungsvorlage. Der Bündner Biobauer Andrea Hämmerle sprach von «finanzpolitischem Hokuspokus» und «inhaltlicher Blackbox». Der Bundesrat wolle mit vagen Versprechen beim Bauernstand Vertrauen schaffen. Wie er das angehen wolle, sei schleierhaft.

Bürgerliche Mitte für Bundesratsvorgehen

Für das Vorgehen des Bundesrats votierten die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP), die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) und die Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP). Die liberal-freisinnige Fraktion hätte sich vorausschauende Massnahmen gewünscht, so der Walliser Jean-René Germanier.

Hansjörg Walter, Präsident des Bauernverbands und Mitglied der Thurgauer SVP, hätte den Reservetopf aus den Zolleinnahmen auch gerne gehabt, obwohl sein Verband gegen ein Freihandelsabkommen sei. Denn sein Verband prognostiziert einen Einkommensverlust bei den Bauern von 50%.

Der Nationalrat beschloss mit 111 zu 60 Stimmen bei 13 Enthaltungen, nicht auf den Vorschlag der Regierung einzutreten. Damit geht die Vorlage nun in den Ständerat.

swissinfo.ch, Alexander Künzle und Agenturen

3,5% der Schweizer Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft.

Der Anteil dieses Wirtschaftszweigs am Bruttoinlandprodukt (BIP) beträgt 0,5%.

Der Bund gibt jährlich rund 4 Mrd. Franken für die Landwirtschaft aus. Das sind 8% des Bundeshaushalts.

Trotz diesen minimen Anteilen an der Wertschöpfung des Landes gehört Agrarpolitik in der Schweiz zu den meistdiskutierten politischen Themen.

Grund: Die Subventionen sind hoch, und die Landwirtschaft ist politisch gut vertreten.

Aber 40% der in der Schweiz konsumierten Lebensmittel sind importiert.

Nicht quantifizierbar ist der Anteil der Landwirtschaft an der Marke «Schweiz» und damit der Nutzen für Landschaft und Tourismus.

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