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Keine grossen Änderungen bei einer Wende

Licht-Installation an der Schweizer Botschaft in der deutschen Hauptstadt Berlin. Keystone

Die Parlamentswahlen in Deutschland betreffen auch die Schweiz: Je nach Ausgang dürfte die Anflug-Verordnung des Flughafens Kloten verschärft werden.

Dies ist jedoch die einzige Änderung, die laut Experten einen Einfluss auf die Schweiz und deren Beziehungen zu Deutschland haben könnte.

Am 18. September wird in Deutschland der Bundestag (Parlament) neu bestellt. Nach sieben Jahren Sozialdemokratie mit Gerhard Schröder wird in Deutschland mit einem Machtwechsel im Bundeskanzleramt gerechnet. Dies, obwohl die jüngsten Umfragen nicht mehr ein klares Resultat prognostizieren.

Auswirkungen relativiert

Doch welche politischen Auswirkungen auf die Schweiz hätte ein Machtwechsel in Deutschland? Würde die Politik der CDU (Christlich Demokratische Union) gegenüber der Schweiz anders aussehen als die der aktuellen Regierung?

«In den Beziehungen zwischen den beiden Ländern würde sich nicht viel ändern», schätzt Peter Vollmer, Nationalrat der Sozialdemokratischen Partei und Präsident der Delegation für die Beziehungen zum Deutschen Bundestag, im Gespräch mit swissinfo.

Die Schweiz gehöre nicht zu den vordringlichsten Themen der deutschen Politik, so Vollmer weiter. «Es sind beide, der bisherige Bundeskanzler und die voraussichtlich neue Kanzlerin, nicht besonders mit der Schweiz verbunden.»

Früher sei das zum Teil anders gewesen. «Wir hatten zum Teil auch deutsche Spitzenpolitiker, die mit der Schweiz sehr eng verbunden waren.» Dies habe durchaus positive Auswirkungen auf das Land gehabt.

Interessiert an Stabilität

Zwar werde es bei einem Machtwechsel bei einigen Themen wohl Unterschiede geben, vermutet Vollmer. Doch diese seien «für die Schweiz noch sehr schwierig abzuschätzen».

Klar sei, dass die Schweiz in den wirtschaftlichen Beziehungen an Stabilität interessiert sei.

«Das Schwierigste für die Schweiz wäre eine Phase der Unsicherheit in Deutschland. Also sind wir interessiert an stabilen Mehrheitsverhältnissen.» Schliesslich ist Deutschland der grösste Handelspartner der Schweiz.

«Wenn die CDU ihre Wirtschaftspolitik wirklich umsetzen will, werden die Leute noch stärker leiden», sagt Politologe Andreas Ladner gegenüber swissinfo.

«Im besten Fall wird man das in der Schweiz zu instrumentalisieren versuchen», vermutet er. Ladner ist skeptisch, ob der Wandel so schnell zu bewältigen ist.

Flughafen Kloten beunruhigt

Wenn auch bei einem Regierungswechsel keine grossen Veränderungen für die Schweiz zu spüren sind, so könnte sich die Gangart in Sachen Fluglärm-Verhandlungen verschärfen.

Dies befürchtet jedenfalls Josef Felder, Direktor des Zürcher Flughafens Unique in Kloten. Er verwies gegenüber swissinfo auf seine Aussage in der «NZZ am Sonntag»: «Die Forderungen der CDU im Hinblick auf die Bundestagswahlen sind beunruhigend», hatte er dort erklärt.

Eine weitere Verschärfung der deutschen Verordnung über die Regelung der Anflüge auf den Flughafen Kloten hätte weitreichende Folgen und sei «für die interkontinentale Verkehrsdrehscheibe der Schweiz und der grenznahen Region Süddeutschlands absolut unhaltbar», so Felder weiter.

Nur Wahlkampf-Getöse?

Felder spricht damit Positionen der CDU an, die sie im Wahlkampf geäussert hat. Bei einem Machtwechsel kommt zusammen mit Angela Merkel als Bundeskanzlerin möglicherweise auch ein vehementer Bekämpfer des Nordanflugs auf den Flughafen Zürich Kloten an die Macht, CDU-Generalsekretär Volker Kauder.

Der Süddeutsche Kauder gilt praktisch als rechte Hand von Merkel. Er fordert eine deutliche Reduktion der Fluglärm-Belastung für den Südschwarzwald. Im Bundestag sitzt auch Kauders Bruder Siegfried, der ihn unterstützt. Das Thema Fluglärm sei ein Dauerthema für die CDU, betonte er in einem Interview.

«Ich glaube, man muss diese Gefahr ein bisschen relativieren», meint Vollmer. «Das ist wahrscheinlich Wahlkampf-Getöse.» Er geht davon aus, dass sich in diesem Bereich «bei einem allfälligen Regierungswechsel nicht unbedingt eine Änderung der deutschen Politik ergeben wird».

Trotzdem könnte es, falls die CDU und damit mehr süddeutsche Politiker an die Macht kommen, «möglicherweise für die Schweiz schwieriger werden», gibt Vollmer zu.

Verwaltung pessimistisch

Hugo Schittenhelm, Sprecher des Verkehrsdepartements von Bundesrat Moritz Leuenberger, war gegenüber der «Basler Zeitung» pessimistischer: «Wir haben keine Anzeichen, dass es leichter werden könnte», sagte er.

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) bemerkte in der «NZZ am Sonntag» lediglich, dass sich Deutschland im Wahlkampf befinde. Man werde nach den Wahlen sehen, ob die Forderungen Auswirkungen auf die Verhandlungen mit Deutschland hätten.

swissinfo, Christian Raaflaub

Gerhard Schröder ist seit 1998 Bundeskanzler.

Im Mai hat er entschieden, Neuwahlen durchzuführen.

Danach haben CDU und CSU Angela Merkel als Kanzlerkandidatin nominiert.

Am 18. September wählen die deutschen Wählerinnen und Wähler den neuen Bundestag (Parlament).

Die Wähleranteile entscheiden, wer Kanzler oder Kanzlerin wird.

Fünf Parteien beteiligen sich an der Wahl: SP, Grüne, CDU/CSU, FDP und die neu gegründete Linkspartei von Oscar Lafontaine.

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