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Keine Überraschung bei Ausländervorlagen

Keystone

Für das Schweizer Stimmvolk soll der Immigration mit härteren Massnahmen begegnet werden. Das klare Ja zu Asyl- und Ausländergesetz zeigt ein diffuses Misstrauen gegenüber Fremden.

Für die Gegner der beiden Vorlagen ist das doppelte Nein eine grosse Niederlage. Der Versuch, die Verschärfungen im Asyl- und Ausländerrecht zu beschränken, ist auf der ganzen Linie gescheitert.

Das Schweizer Stimmvolk hat sich für eine neue Migrationspolitik ausgesprochen. Es will Ausländer und Asylsuchende in der Schweiz besser unter Kontrolle haben.

Die einfache Botschaft «gegen den Missbrauch» kam offenbar bei der Bevölkerung besser an als die moralischen Bedenken von Linken, Grünen, Kirchen und Hilfswerken. Diese hatten im emotional geführten Abstimmungskampf auf die humanitäre Tradition der Schweiz gepocht.

Die Gegner von Vorlagen, die von Parlament und Bundesrat (Landesregierung) unterstützt werden, haben es generell schwerer. Doch eine derart hohe Zustimmung hatte wohl niemand erwartet, zumal sich auch von bürgerlicher Seite namhafte Persönlichkeiten gegen die Gesetze ausgesprochen hatten.

Keine Differenzierung zwischen Vorlagen

Die Stimmenden machten praktisch keinen Unterschied zwischen den beiden Vorlagen, obwohl das Ausländergesetz mit 700’000 Personen rund zehnmal mehr Menschen betrifft als die Revision des Asylgesetzes.

Die Debatte hatte sich vor allem um das Asylgesetz gedreht, das in den Augen seiner Kritiker Asylsuchenden ohne Ausweis das Recht auf ein ordentliches Verfahren verwehrt und damit gegen die internationale Flüchtlingskonvention verstösst.

Das neue Ausländergesetz war im Abstimmungskampf gegenüber dem Asylgesetz fast untergegangen. Sowohl in der öffentlichen Debatte wie auch in den Medien wurde das Gesetz fast immer nur im Windschatten des Asylgesetzes thematisiert.

Daher haben vermutlich viele Stimmende im Doppelpack gestimmt, ohne die Vorlagen differenziert zu betrachten. In den einzelnen Kantonen gab es jeweils fast den gleichen Anteil Ja-Stimmen zu beiden Vorlagen.

Eines der schärfsten Gesetze

Die Schweiz erhält mit dem deutlichen Ja nun eines der schärfsten Asylgesetze Europas. Ausländische Medien sprachen von einer «Kehrtwende zur bisherigen Stimmung».

Die Sozialdemokratische Partei (SP), kirchliche Kreise und Hilfsorganisationen erklärten nach der Niederlage, sie würden in Bern zukünftig sehr genau auf die Umsetzung des Gesetzes achten.

Die Unterlegenen erinnerten die Befürworter an die Versprechen, die gemacht wurden, so etwa in Bezug auf den erleichterten Familiennachzug und die Förderung der Integration von Ausländerinnen und Ausländern.

Bisher eher gegen Verschärfungen

Der Stimmung gegenüber Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz ist in den letzten Jahren kühler geworden. Vor vier Jahren hatte das Schweizer Stimmvolk eine Initiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP), die eine Verschärfung der Asylgesetzgebung forderte, äusserst knapp abgelehnt.

Vor sechs Jahren war eine allgemeine Beschränkung der Zahl der Ausländer auf höchstens 18% der Bevölkerung ebenfalls abgelehnt worden.

swissinfo, Christian Raaflaub

Ende 2005 lebten 1’511’937 Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz. Das sind 20,3% der Wohnbevölkerung.
Rund 700’000 von ihnen stammten aus Ländern ausserhalb der EU oder EFTA. Das Ausländergesetz regelt vor allem deren Aufenthalt.
In der gleichen Zeit haben 71’871 Personen Asyl beantragt. 23’678 wurden als Flüchtlinge anerkannt, 24’453 Personen vorläufig aufgenommen.

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