Klimagipfel Durban: Wenig Begeisterung
Wie Kyoto II und der Weltklimavertrag aussehen und der Klimafonds finanziert werden sollen, bleibt nach Durban weiterhin unklar. Die Schweizer Presse gibt sich nach der Bekanntgabe der Resultate des 17. Weltklimagipfels wenig begeistert bis ernüchtert.
«Schwacher Kompromiss», «Klimakonferenz mit Mängeln», «Ein paar Grad, in ein paar Jahrzehnten», etc.: Die Deutschschweizer Presse ist wenig begeistert vom Gipfel in Durban, die West- und Südschweizer Presse enthielt sich nach den 34 zusätzlichen Verhandlungsstunden in Südafrika gar einer Meinung.
Andererseits spricht das Schweizer Umweltministerium (UVEK) im Schlusscommuniqué von «positivem Resultat», ja sogar von «einem Paradigmenwechsel, der Durchbruch bedeute».
Mit diesem Paradigmenwechsel (nämlich dass die Länder nicht mehr wie bisher in Industrie- und Entwicklungsländer unterteilt werden) hätten die internationalen Klimaverhandlungen einen grossen Schritt vorwärts gemacht, urteilt Bruno Oberle, Direktor des Bundesamts für Umwelt, BAFU, der in Durban die Schweizer Position vertrat.
In der Presse jedoch tönt es jedoch durchwegs anders. Der Fahrplan von Durban führe nicht ans Ziel, urteilt die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), auf grosse Durchbrüche habe man vergeblich gewartet. «Gelungen ist einzig, einen völligen Schiffbruch abzuwenden.»
Die NZZ sieht sogar das Fundament des Kyoto-Protokolls bröckeln, denn mit dem Miteinbezug der inzwischen selbst viel Treibhausgas ausstossenden Schwellenländern hätten sich die Fronten verhärtet. Klimapolitisch ambitiös seien nur die Europäer, aber auf sie entfällt nur noch rund ein Siebtel aller Emissionen.
Auch die Basler Zeitung (BaZ) schreibt von einer «Klimakonferenz mit Mängeln», nach «dem Fiasko der Klimaverhandlungen in Kopenhagen 2009». Immerhin, so die BaZ: Gegenüber früher hätten sich die USA, Indien und China in Durban anstrengen müssen, um nicht allein dazustehen. Und eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls spare keine einzige Tonne CO2, «denn die EU und die Schweiz werden dort einfach an ihrem internen Reduktionsziel von minus 20% bis 2020 festhalten (im Vergleich zu 1990).
Die BaZ schlägt vor, dass sich die EU und die Schweiz «autonom» darauf einigten, ihre Emissionen statt um 20 um 30% bis 2020 zu reduzieren.
Auch die Westschweizer Tageszeitung Le Temps spricht von «Accord minimal»: In Durban sei ein neuer Verhandlungszyklus eingeleitet worden, der 2015 ein Ende finden und erste Effekte ab 2020 generieren soll. Es sei das erste Mal, dass praktisch alle Länder der Welt übereingekommen seien, 2015 einen internationalen Vertrag auszuhandeln, der dann 2020 in Kraft treten soll. «Das Resultat, das man hier erwarten kann, dürfte sehr unbestimmt sein.»
«Mehr verschoben statt entschieden»
«Ein hoher Preis für einen schwachen Kompromiss», urteilt die Aargauer Zeitung (AZ) über Durban. Es werde also in diesem Jahrzehnt im internationalen Klimaschutz «so gut wie keine Fortschritte geben».
Die 194 Teilnehmerländer hätten nach 14 Tagen und 34 Stunden Extrazeit «mehr verschoben statt entschieden», so die AZ. Wie ein Kyoto-II-Abkommen aussehe, bleibe unklar, wie ein neuer Weltklimavertrag aussehe, ebenfalls. Schliesslich sei ebenfalls ungeklärt, wie der «dringend benötigte» Klimafonds finanziert werden soll.
Immerhin: Einige Zeitungen finden es beachtlich, dass sich gegenüber früher in Durban die Allianz zwischen Europa und den 120 ärmsten Ländern gehalten habe. Doch stünde diese Allianz gegen die Umweltsünder China und USA nur noch für 15% der globalen Emissionen.
Nur ein Meteor könnte…
«Was vor 20 Jahren in Rio begann, drehte sich in Durban weiter im Kreis», kommentiert der Blick. Dort sei man schon zufrieden gewesen, dass es «keinen ergebnislosen Abbruch, ein verlängertes Kyoto-Protokoll und einen Fahrplan für ein erstes globales Abkommen» gegeben habe…»aber wieder keinen Durchbruch!»
Höchstens bei der Gefahr, dass ein grosser Meteor auf die Erde zurase, so der Blick, «stünde die Menschheit noch heute zusammen, um den Kampf aufzunehmen». Aber dass das Klima in einigen Jahrzehnten wahrscheinlich um einige Grade wärmer werde, reiche einfach nicht.
Die Staatengemeinschaft will bis zum Jahr 2015 einen rechtlich verbindlichen Klimavertrag erarbeiten, um so die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen.
Nach einem harten Ringen konnten sich die Länder am UNO-Klimagipfel in Durban darauf einigen.
Auch grosse Verursacher von Treibhausgasen wie die USA, China und Indien sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Das Abkommen soll bis 2020 in Kraft treten.
Einzelheiten wie Vorgaben zur Reduzierung von Treibhausgasen blieben aber vorerst offen. Sie sollen später auch auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse des Weltklimarats IPCC festgelegt werden.
Die Schweiz ist zufrieden mit dem Resultat der Klimakonferenz in Durban.
Mit dem Einlenken der Schwellenländer sowie der USA seien für die EU, Neuseeland, Australien und die Schweiz die Bedingungen erfüllt worden, einer zweiten Verpflichtungs-Periode unter dem Kyoto-Protokoll zuzustimmen, schreibt das Bundesamt für Umwelt BAFU. Das Protokoll könne nun ab 2013 lückenlos weitergeführt werden.
Als ungenügend bezeichnen Umweltschutz-Organisationen wie WWF oder Greenpeace das Ergebnis aus Durban. Die Resultate kämen zu spät. Zudem solle das weltweite Abkommen erst nach 2020 in Kraft treten, obschon die Trendwende bei den Emissionen gemäss Uno-Klimarat IPCC bereits 2015 erreicht werden müsste.
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