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Kosovo erklärt sich für unabhängig

Gegen tausend Kosovo-Albaner feierten die Unabhängigkeit vor dem Bundeshaus in Bern. Keystone

"Von heute an ist Kosovo stolz, unabhängig und frei", erklärte Ministerpräsident Hashim Thaci am Sonntag vor dem Parlament der serbischen Provinz.

Tausende Exil-Kosovaren haben in der Schweiz die Unabhängigkeitserklärung ihrer Heimat gefeiert. Mit der Frage, ob Kosovo durch die Schweiz als Staat anerkannt wird, will sich der Bundesrat nächste Woche befassen.

Die Menschen des Landes hätten «nie den Glauben an den Traum verloren, dass wir eines Tages zu den freien Nationen dieser Welt gehören», sagte Ministerpräsident Hashim Thaci. Kosovo werde nie wieder von Belgrad beherrscht und werde ein demokratischer und multiethnischer Staat sein.

Er stellte auch ein neues Wappen und die blaue Landesflagge mit einer goldenen Karte des Kosovos und sechs Sternen vor, die für die grössten ethnischen Gruppen stehen.

Thaci unterzeichnete am Sonntag 192 Briefe an Regierungen in der ganzen Welt, in denen er um die Anerkennung des neuen Staates bat.

Ein Brief ging an Serbien, das die geplante Abspaltung schon als ungültig und illegal verurteilte. Die USA und auch viele Staaten der Europäischen Union haben hingegen schon zu erkennen gegeben, dass sie die Unabhängigkeit anerkennen werden.

Protest aus Serbien und Russland

Serbien bekräftigte am Sonntag, es werde die Unabhängigkeit des Kosovos niemals akzeptieren. Diese sei unilateral ausgerufen und illegal, sagte der serbische Präsident Boris Tadic in Belgrad.

Er forderte internationale Organisationen auf, «diesen Akt, der die Grundprinzipien des Völkerrechts bricht, zu annullieren». Tadic bekräftigte, Serbien werde keine Gewalt einsetzen.

Das russische Aussenministerium forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Russland unterstütze Serbiens «gerechte Forderung, die territoriale Integrität des Landes wiederherzustellen», hiess es in einer Erklärung des Ministeriums.

Die Europäische Union rief zur Ruhe auf dem Balkan auf. Die internationale Gemeinschaft werde Gewaltaktionen im Kosovo nicht tolerieren, sagte EU-Sprecher Jens Mester.

In den Strassen von Pristina feierten Tausende Menschen bereits in der Nacht zum Sonntag die bevorstehende Unabhängigkeit. Zunächst blieb es friedlich. Auf Bannern stand geschrieben: «Alles Gute zur Unabhängigkeit!».

Jubel und Freudentänze in der Schweiz

In Bern versammelten sich rund 1000 Menschen auf dem Bundesplatz. Laufend stiessen weitere zu der friedlichen und fröhlichen Kundgebung. Auf dem Platz wurden Freudentänze vollführt.

Hupende Autos umkreisten die Menge mit schwarzroten Fahnen. Auch zahlreiche Schweizer Fahnen wurden geschwenkt. Im ganzen Berner Stadtgebiet verkehrten hupende Autos. Im Lauf des Nachmittags entstanden wahre Konvois.

In Zürich drängten sich nach 15 Uhr bereits mehrere tausend Menschen auf den Helvetiaplatz. Der ganze Platz war bevölkert. Als der kosovarische Präsident Hashim Taci gegen 15.30 Uhr in Pristina mit der Erklärung der Unabhängigkeit begann, brach tosender Jubel aus.

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Calmy-Rey an albanischem Gottesdienst

Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem Kosovo sei erst möglich, wenn die Schweiz die bisherige südserbische Provinz als Staat anerkenne, teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Sonntag nach der Unabhängigkeitserklärung mit.

Dieser Schritt liege in der Kompetenz des Bundesrates – nach Konsultationen mit der Aussenpolitischen Kommission des Parlaments.

Mit der Frage werde sich der Bundesrat in der kommenden Woche befassen, sagte EDA-Vorsteherin Micheline Calmy-Rey anlässlich einer Messe der Katholischen Albanermission in Wil im Kanton St.Gallen.

Die Unabhängigkeitserklärung Kosovos sei eine Tatsache, die von der Schweizer Aussenpolitik berücksichtigt werden müsse, sagte die Aussenministerin. Gleichzeitig sollen die guten Beziehungen mit Serbien aufrecht erhalten werden, wie das EDA betonte. Die Schweiz werde nicht vergessen, dass Serbien ein bedeutender Partner sei.

«Schutz der Minderheiten»

Während der Messe in Wil appellierte Calmy-Rey an den Schutz der Minderheiten. Kosovo könne von der Schweiz lernen, wie ein Vielvölkerstaat über Sprach- und Religionsgrenzen hinweg funktioniere.

«Sie haben das Privileg, aber auch eine Verpflichtung, die Chance zu packen, aus Ihrer Heimat ein Vorbild für Europa und die Welt zu machen», sagte sie in der Kirche St. Nikolaus, welche die zahlreichen Gäste kaum fassen konnte.

«Verletzung des Völkerrechts»

Der Freiburger Professor Thomas Fleiner kritisiert in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «24 Heures» die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo als Verletzung des Völkerrechts. Die Schweiz sei auf dem «falschen Weg», sagte Fleiner, der als Berater der serbischen Regierung wirkt.

swissinfo und Agenturen

Nach dem zweiten Weltkrieg erhält die Provinz Kosovo einen Autonomiestatus, der 1974 mit der neuen jugoslawischen Verfassung festgeschrieben wird.

1989 hebt der serbische Präsident Slobodan Milosevic den Autonomiestatus des Kosovo auf und schickt Truppen in die Provinz.

1998 flammen Guerillakämpfe auf, die die albanische Kosovo-Befreiungsarmee UCK führt. Serbien antwortet mit massiver Gewalt auch gegenüber der Zivilbevölkerung.

1999 beginnt die Nato mit Luftangriffen auf Ziele in Serbien und Montenegro. Nach zweieinhalb Monaten ziehen serbische Polizei und Armee ab. Die UNO-Administration UNMIK übernimmt die Verwaltung und die NATO stationiert 50’000 Soldaten.

2007 gewinnt der Separatistenführer Hashim Thaci die Parlamentswahlen und kündet die Unabhängigkeitserklärung Kosovos an.

In der Schweiz leben zwischen 170’000 und 190’000 Kosovarinnen und Kosovaren. Das entspricht rund 10% der Bevölkerungszahl im Kosovo.

Seit 1999 beteiligt sich die Schweiz an den von der Nato angeführten internationalen Friedenstruppen KFOR. Rund 200 Swisscoy-Soldaten sind im Kosovo stationiert.

Die Schweiz gehört zu den wichtigsten Geberländern des Kosovo. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) wollen für ihre Hilfsprogramme 2008 13,9 Mio. Franken einsetzen.

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