Krankenkassenprämien steigen 2008 nur minimal
Die Krankenkassenprämien steigen nächstes Jahr im Schnitt um 0,5%. Das ist das geringste Prämienwachstum seit der Einführung des Krankenversicherungs-Gesetzes 1996.
Die gute Nachricht für die Versicherten dürfte aber schon bald verhallt sein: Der diesjährige Anstieg der Gesundheitskosten um 5 bis 8% dürfte wieder für einen Prämienschub sorgen.
Die Krankenkassenprämien in der obligatorischen Grundversicherung werden für Erwachsene durchschnittlich um 0,5% teurer, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Donnerstag bekannt gab. Die Kinderprämien sinken im Schnitt um 0,6%.
«Ich freue mich, dass den Versicherten mehr Geld in der Tasche bleibt», sagte Gesundheitsminister Pascal Couchepin. Zum moderaten Anstieg hätten vor allem das Anzapfen von Reserven, aber auch Kostensenkungs-Massnahmen bei Medikamenten und Laboruntersuchungen sowie eine striktere Kostenkontrolle geführt.
Kantonale Unterschiede
In den Kantonen gibt es bei der Prämienentwicklung Unterschiede von minus 1,0% in Genf und Neuenburg bis plus 2,6% in Appenzell-Innerrhoden. In den fünf Kantonen Genf, Jura, Neuenburg, Waadt und Zürich sinken die Prämien um 0,2 bis 1,0%.
In den 13 Kantonen Appenzell-Innerrhoden, Appenzell-Ausserrhoden, Bern, Graubünden, Luzern, Nidwalden, Obwalden, St. Gallen, Solothurn, Schwyz, Uri und Wallis gibt es eine Verteuerung von 1,1 bis 2,6%.
Kanton Genf immer noch Spitzenreiter
Am teuersten sind die Prämien weiterhin im Kanton Genf, wo ein Erwachsener im Schnitt monatlich 419 Franken zahlt. Am wenigsten kostet die Grundversicherung in Nidwalden mit 219 Franken.
Die Krankenkassen müssen ihre Grundversicherten bis Ende Oktober über die für sie geltenden Prämien, Franchisen und Rabatte für 2008 informieren. Die Versicherten können bis Ende November ihre Kasse kündigen oder eine andere Versicherungsform wählen.
Keine Trendwende
Die günstige Prämienentwicklung lässt nicht auf eine Trendwende schliessen. «Die Krankenkassen leben im Moment auf Pump», sagte Peter Marbet vom Krankenversichererverband santesuisse.
Die nächste Runde sehe weniger rosig aus: Die Kostensteigerung im Gesundheitswesen liege derzeit bei 5%. Da es sich beim moderaten Anstieg für 2008 um einen einmaligen Effekt durch die Auflösung von Reserven handle, bestehe die Gefahr, dass dieser wieder verpuffe, hiess es bei der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren.
Skepsis für die Zukunft
Markus Dürr, Präsident der Kantonalen Gesundheitsdirektoren-Konferenz (GDK), ist erfreut über den moderaten Prämienanstieg. Er ist allerdings auch skeptisch, ob dieser Trend anhalten wird.
Dürr sagte, die Prämien widerspiegelten nur zum Teil den tatsächlichen Kostenanstieg und «nicht, was effektiv abläuft». Zum gebremsten Prämienanstieg hätten vor allem die Reserven der Kassen beigetragen. Für die Zukunft sei er eher skeptisch.
Unterschiedliche Reaktionen
Die Sozialdemokratische Partei (SP) kritisierte, dass Couchepin mit der moderaten Prämienerhöhung Wahlkampf betreibe. «Wir befürchten, dass die Prämien nach den Wahlen wieder stark ansteigen», sagte SP-Sprecherin Claudine Godat.
Der Abbau von Reserven bei den Kassen sei reine «Pflästerlipolitik», erklärte Marianne Binder, Pressesprecherin der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP). Diese täusche darüber hinweg, dass die Gesundheitskosten exorbitant seien.
Kritik setzte es auch seitens der Schweizerischen Volkspartei (SVP) ab. Mit den guten Zahlen rette sich Bundesrat Couchepin in die Pension, sagte SVP-Sprecher Roman Jäggi. «2009 werden wir auf die Welt kommen», warnte er.
Anders sieht dies die Partei von Bundesrat Couchepin. Der moderate Anstieg sei hauptsächlich auf die Sanierungsmassnahmen des Gesundheitsministers zurückzuführen, hiess es bei der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP).
Für 2009 moderater Anstieg
Couchepin prognostizierte für 2009 einen moderaten Prämienanstieg. Die Kassen verfügten über genügend Reserven, um langfristig die Prämien zu mässigen. Daneben brauche es weitere Anstrengungen wie etwa die angekündigten Preissenkungen bei weiteren Medikamenten.
Zudem unterstrich der Gesundheitsminister den Handlungsbedarf bei der Spitex und bei den ambulanten Spitalleistungen.
swissinfo und Agenturen
Anstieg der Krankenkassenprämien 2008: 0,5%
Seit 1996 die geringste Prämienerhöhung
Durchschnittlicher Prämienanstieg zwischen 1996 und 2008: +5,15%
Total-Prämienwachstum zwischen 1996 und 2008: +82,10%
Seit 1996 das Krankenversicherungs-Gesetz (KVG) in Kraft trat, muss sich jede in der Schweiz wohnhafte Person obligatorisch bei einer Krankenkasse für die Krankenpflege versichern.
Die Kassen werden privatwirtschaftlich geführt. Die Versicherten sind in der Wahl des Krankenversicherers frei. Dieser muss einen Versicherten aufnehmen, unabhängig von dessen Alter und Gesundheitszustand.
Die Tarife sind je nach Kanton und Kasse unterschiedlich.
Eines der Prinzipien der Krankenversicherungen ist das der Solidarität: Eine ältere Person zahlt die gleiche Prämie wie eine junge, die bei guter Gesundheit ist.
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